Tenor

I. Die Beschlüsse der außerordentlichen Eigentümerversammlung vom 04.06.2014

  • zu TOP 1 b

    „Wahl je eines Tiefgaragenvertreters”

  • zu TOP 6 (a–c)

    „Vergabe der Arbeiten zur Sanierung der Tiefgarage”

  • zu TOP 7

    „Sonderumlage”

  • zu TOP 9

    „Genehmigung der vorgelegten Jahresabrechnung 2012”

  • zu TOP 10

    „Entlastung der Verwaltung für das Wirtschaftsjahr 2012”

  • zu TOP 11

    „Entlastung des Verwaltungsbeirats für das Wirtschaftsjahr 2012”

werden für ungültig erklärt.

II. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits nach Kopfteilen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 73.335,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von Beschlüssen aus einer zwischen ihnen bestehenden Wohnungseigentümergemeinschaft. Sie bilden gemeinsam die WEG ….

Die Wohnungseigentümergemeinschaft besteht aus insgesamt 125 Wohnungseigentümern zzgl. zweier Bruchteilssondereigentümergemeinschaften für die obere und die untere Tiefgaragenebene der auf dem Grundstück der Eigentümergemeinschaft errichteten Tiefgarage.

In der Wohnungseigentümerversammlung vom 04.06.2014 wurden unter den Tagesordnungspunkten 1 b, 6, 7, 9, 10 und 11 Beschlüsse zur gemeinschaftlichen Verwaltung des Gemeinschaftseigentums gefasst.

Zu Beginn der Wohnungseigentümerversammlung waren 67 der Wohnungseigentümer anwesend oder vertreten. Weil der Kläger vor Beginn der Beschlussfassung über TOP 1 b die Versammlung verließ, reduzierte sich die Anzahl der anwesenden oder vertretenen Wohnungseigentümer auf 61, denn der Kläger übte neben seinem eigenen in Vertretung noch fünf weitere Stimmrechte aus. Bei der Beschlussfassung über TOP 1b–6 waren 61 Wohnungseigentümer anwesend oder vertreten, bei der Beschlussfassung über TOP 7, 9, 10 und 11 waren es 62.

Zum Inhalt der Beschlüsse sowie zum Ablauf der Eigentümerversammlung wird Bezug genommen auf die als Anlage K 2 vorgelegte Niederschrift zur außerordentlichen Wohnungseigentümerversammlung der Gemeinschaft vom 04.06.2014 zu TOP 1, 6, 7, 9, 10 und 11.

§ 16 Ziffer 4 Abs. 1 der Teilungserklärung sieht für die Beschlussfähigkeit der Eigentümerversammlungen folgendes vor:

„Die Eigentümerversammlung ist beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte der Eigentümer vertreten ist.”

Der Kläger hält die zu den Tagesordnungspunkten 1 b, 6, 7, 9, 10 und 11 gefassten Beschlüsse u.a. deswegen für unwirksam, weil die Eigentümerversammlung nicht beschlussfähig war.

Er beantragt:

Die Beschlüsse der außerordentlichen Eigentümerversammlung vom 04.06.2014

  • zu TOP 1 b

    „Wahl je eines Tiefgaragenvertreters”

  • zu TOP 6 (a–c)

    „Vergabe der Arbeiten zur Sanierung der Tiefgarage”

  • zu TOP 7

    „Sonderumlage”

  • zu TOP 9

    „Genehmigung der vorgelegten Jahresabrechnung 2012”

  • zu TOP 10

    „Entlastung der Verwaltung für das Wirtschaftsjahr 2012”

  • zu TOP 11

    „Entlastung des Verwaltungsbeirats für das Wirtschaftsjahr 2012”

werden für ungültig erklärt.

Die Beklagten beantragen

Klageabweisung.

Sie meinen, dass in der Teilungserklärung keine wirksame Abweichung von der in § 25 Abs. 3 WEG vorgeschriebenen Regelung nach Miteigentumsanteilen getroffen worden sei. Ferner könne sich der Kläger nicht auf die Beschlussunfähigkeit berufen, weil er sie selbst durch sein vorzeitiges Verlassen der Eigentümerversammlung herbeigeführt habe. Diese sei als Boykott zu werten und stehe mithin im Widerspruch einer entsprechenden Treuepflicht des Klägers im Verhältnis zu den übrigen Wohnungseigentümern.

Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 21.04.2015 Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen …. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme sowie zum weiteren Parteivorbringen wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll. Im übrigen wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen. Mit Beschluss vom 30.09.2015 hat das Gericht mit Zustimmung der Parteien gemäß § 128 ZPO angeordnet, dass ohne (erneute) mündliche Verhandlung entschieden wird.

 

Entscheidungsgründe

A.

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Wohnungseigentümerversammlung vom 04.06.2014, in der die vom Kläger angefochtenen Beschlüsse gefasst wurden, war nicht beschlussfähig (I.). Dieser formale Mangel war für die Beschlussfassung auch kausal (III.) und die Beschlüsse deswegen als rechtswirdig für ungültig zu erklären (II.).

I. Die Wohnungseigentümerversammlung vom 04.06.2014 war nach Verlassen der Versammlung durch den Kläger nicht mehr beschlussfähig, weil weniger als die Hälfte der Eigentümer anwesend oder vertreten waren.

1. Nach § 16 Ziffer 4 Abs. 1 der Gemeinschaftsordnung ist die Eigentümerversammlung beschlussfähig, wenn „mehr als die Hälfte der Eigentümer vertreten ist”. Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat damit von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die in § 25 Abs. 3 WEG enthaltene Regelung zur Beschlussfähigkeit wirksam abzubedingen bzw. durch eine andere Regelung zu ersetzen (vgl. Hierzu: Werte in Bärmann: WEG, 11. Auflage 2010, § 25 Rd.Nr. 99 m....

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