Im Vertragsrecht können die Vertragsparteien selbst handeln. Sie müssen es aber nicht. Bei großen Unternehmen wäre es sogar nicht möglich, dass der Geschäftsführer oder der Vorstand jede Vertragserklärung abgibt. Verlangte man das, wären größere Handelsunternehmen nicht vorstellbar. Eine auf den Abschluss eines Vertrags gerichtete oder eine einseitige Willenserklärung können daher auch Dritte abgeben.
3.1 Vollmacht und Vertretungsmacht
Will sich eine Person vertreten lassen, muss sie eine Vollmacht erteilen. Dies geschieht durch eine Erklärung (§ 167 Abs. 1 BGB). Die Person kann sich gegenüber dem zu Bevollmächtigenden oder dem Dritten erklären, dem gegenüber die Vertretung stattfinden soll. Der besonderen Mitteilung einer Bevollmächtigung durch den Vollmachtgeber steht es gleich, wenn dieser dem Vertreter eine Vollmachtsurkunde ausgehändigt hat und der Vertreter sie dem Dritten vorlegt (§ 172 Abs. 1 BGB). Wann die Vollmacht endet und keine Vertretungsmacht mehr besteht, bestimmt sich gem. § 168 Satz 1 BGB nach dem ihrer Erteilung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis. Ist die Vollmacht durch Erklärung gegenüber einem Dritten erteilt worden, so bleibt sie diesem nach § 170 BGB gegenüber in Kraft, bis ihm das Erlöschen von dem Vollmachtgeber angezeigt wird. Die Vertretungsmacht bleibt ferner gem. § 172 Abs. 2 BGB bestehen, bis die Vollmachtsurkunde dem Vollmachtgeber zurückgegeben oder für kraftlos erklärt wird.
Gesetzliche Vertretungsmacht
Es gibt auch eine gesetzliche Vertretungsmacht. Dann kann und muss der Vertretene selbst nichts erklären. Die GdWE wird z. B. gem. § 9b Abs. 1 Satz 1 Fall 1 WEG von Gesetzes wegen grundsätzlich durch den Verwalter gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Die Wohnungseigentümer können diese Rechtsmacht im Außenverhältnis nicht beschränken, vgl. § 9b Abs. 1 Satz 3 WEG. Beim Abschluss eines Grundstückskauf- oder Darlehensvertrags ist es gem. § 9b Abs. 1 Satz 1 Fall 2 WEG ausnahmsweise anders. Für diese Verträge hat der Verwalter nur dann eine Vertretungsmacht, wenn die Wohnungseigentümer diese Vertretungsmacht und ihren Umfang beschließen.
3.2 Willensmängel/Wissenszurechnung
Im Gesetz heißt es: "Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht" (§ 166 Abs. 1 BGB).
Diese nicht einfach formulierte Bestimmung bedeutet Folgendes: Bei einem Vertretergeschäft vertritt der Vertreter den Vertretenen bei der Abgabe und Entgegennahme von Willenserklärungen. Wenn sich der Vertreter irrt ("durch Willensmängel", § 166 Abs. 1 Alternative 1 BGB), irrt sich damit auch der Vertretene – der Willensmangel wird dem Vertretenen zugerechnet, er kann das Rechtsgeschäft dann anfechten (§§ 142 Abs. 1, 166 Abs. 1 BGB). Bei der Alternative 2 dieser Vorschrift (durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst) irrt sich der Vertreter bei der Abgabe der Willenserklärung nicht, sondern handelt vorsätzlich oder fahrlässig, was bei dem Vertragspartner zu einem Irrtum führt. In diesem Fall kann der Vertragspartner das Rechtsgeschäft anfechten, was sich wiederum der Vertretene zurechnen lassen muss.
3.3 Offene/verdeckte Vollmacht
Eine Willenserklärung, die jemand innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgibt, wirkt nach § 164 Abs. 1 Satz 1 BGB unmittelbar für und gegen den Vertretenen. Es macht gem. § 164 Abs. 1 Satz 2 BGB "keinen Unterschied, ob die Erklärung ausdrücklich im Namen des Vertretenen erfolgt oder ob bloß die Umstände ergeben, dass sie in dessen Namen erfolgen soll".
Ausdrückliche oder konkludente Vertretung
Die Erklärung erfolgt gem. § 164 Abs. 1 Satz 2 BGB ausdrücklich im Namen des Vertretenen, wenn der Vertreter z. B. mit "in Vertretung" bzw. "i. V." unterzeichnet.
Die "Umstände ergeben" das Vertretungsverhältnis, wenn es für den Vertragspartner offenkundig ist, dass er es mit einem Vertreter zu tun hat, z. B. Kassierer in einem Lebensmittelgeschäft oder Sachbearbeiter bei einer Bank.
Stellvertretergeschäft
Vertretung ist nicht erkennbar
Kann der Dritte/Vertragspartner nicht erkennen, dass es sich um eine Vertretung handelt, wird der Vertreter selbst an die Vertragserklärung gebunden (§ 164 Abs. 2 BGB). In diesem Fall schließt er ein Eigengeschäft ab und kann dieses nicht wegen Irrtums anfechten: "Tritt der Wille, in fremdem Namen zu handeln, nicht erkennbar hervor, so kommt der Mangel des Willens, im eigenen Namen zu handeln, nicht in Betracht".
Verwaltung
Die Verwaltung sollte immer ausdrücklich erklären, namens und in Vollmacht einer bestimmten GdWE zu handeln. Da in der Regel mehrere Wohnungseigentumsanlagen verwaltet werden, kann es ansonsten ggf. schwierig sein, die Umstände heranzuziehen.
3.4 Duldungs-/Anscheinsvollmacht
Neben der "normalen" Vollmacht (siehe Kap. B.II.1.3.1) stehen nach h. M. die gesetzlich nicht geregelten Duldungs- und die Anscheinsvollmachten. Bei einer Duldungs- oder einer Anscheinsvollmacht hat der Vertretene zwar keine Vollmacht erteilt. Dennoch soll er d...