Von einem "Verzug" spricht man in der Regel, wenn eine mögliche Leistung schuldhaft ungeachtet ihrer Fälligkeit und Mahnung nicht erbracht wird. Zu unterscheiden sind der Verzug des Schuldners und der Verzug des Gläubigers.
Für die Verwaltung spielt der Schuldnerverzug vor allem beim Hausgeldinkasso eine Rolle für die Frage, ob sie vom Hausgeldschuldner den vereinbarten oder den gesetzlichen Verzugszins verlangen kann.
Ist die GdWE die Schuldnerin einer Forderung, z. B. eines Guthabens eines Wohnungseigentümers, das nach der Jahresabrechnung feststeht, oder geht es um die von der GdWE vereinbarte Vergütung aus einem Dienst- (§ 611 Abs. 1 BGB) oder Werkvertrag (§ 631 Abs. 1 BGB), kann auch sie in Verzug mit der Erfüllung kommen.
Der Gläubigerverzug spielt in der WEG-Praxis hingegen eine untergeordnete Rolle. Er wäre vor allem für seine Wirkungen (§§ 300 bis 304 BGB) wichtig, kommt aber eigentlich nicht vor.
6.1 Schuldnerverzug
Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung nach § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verzug. Der Mahnung stehen nach § 286 Abs. 1 Satz 2 BGB die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
Mahnung ist entbehrlich
Eine Mahnung ist für den Schuldnerverzug sogar nach § 286 Abs. 2 BGB in 4 Fällen entbehrlich:
Verzugseintritt ohne Mahnung
Vorschuss und Nachschuss nach § 28 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 WEG
Für die Erfüllung der Forderung der GdWE auf Vorschuss und Nachschuss nach § 28 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 WEG bestimmen weder das WEG noch das BGB "eine Zeit nach dem Kalender". Diese Zeit können die Wohnungseigentümer aber, wie ausgeführt (dazu Kap. B.II.1.4.1), nach § 28 Abs. 3 WEG beschließen. Denn danach können die Wohnungseigentümer u. a. bestimmen, wann Forderungen fällig werden, beispielsweise an jedem 6. Werktag eines Monats. Wird z. B. so beschlossen, bedarf es im Rahmen des Hausgeldinkassos aus rechtlicher Sicht keiner Mahnung, um den Verzugseintritt zu begründen. Eine Mahnung ist dennoch üblich und sollte ausgesprochen werden, um den Wohnungseigentümer an die fällige Hausgeldforderung zu erinnern.
Entgeltforderung: 30 Tage-Frist
Der Schuldner einer Entgeltforderung (z. B. Kaufpreisforderung des Gläubigers, weil er an den Schuldner Ware geliefert hat) kommt nach § 286 Abs. 3 BGB spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet. Ist der Schuldner Verbraucher, gilt dies nur, wenn er auf diese Rechtsfolgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist.
Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
Vor- und Nachschuss ist Entgeltforderung
Eine "Entgeltforderung" i. S. v. § 286 Abs. 3 BGB ist eine, die auf die Zahlung eines Entgelts für die Lieferung von Gütern oder die Erbringung von Dienstleistungen gerichtet ist. Die Forderung der GdWE auf Vor- oder Nachschuss ist beispielsweise eine solche Entgeltforderung.
Wollen die Vertragsparteien von diesem Regime abweichen, setzen dem § 271a Abs. 1 bis Abs. 5 BGB (Vereinbarung von Zahlungsfristen von mehr als 60 Tagen) gewisse Grenzen.
Verzug und Mahnung
Vertretenmüssen/Verschulden
Der Schuldner kommt gem. § 286 Abs. 4 BGB im Übrigen nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat. Das kann z. B. ein vorübergehendes unverschuldetes Leistungshindernis wie eine schwere Krankheit oder auch eine rechtliche Unmöglichkeit wegen eines unvorhergesehenen gesetzlichen Verbots (z. B. Einfuhrbeschränkung) sein.
6.2 Gläubigerverzug
Ein Gläubiger, beispielsweise die GdWE in Bezug auf die beschlossenen Vorschüsse, kommt nach § 293 BGB in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Die Leistung muss dem Gläubiger gem. § 294 BGB allerdings so, wie sie zu bewirken ist, "tatsächlich" angeboten werden. So liegt es, wenn der Gläubiger nichts weiter zu tun braucht, als zuzugreifen und die Leistung anzunehmen. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn ein Wohnungseigentümer bei der Verwaltung erscheint, seine Hausgeldschuld von 1.000 EUR bar begleichen will und die Verwaltung diese Zahlung namens der GdWE ablehnt.
Ein wörtliches Angebot genügt nach § 295 BGB, wenn der Gläubiger dem Schuldner erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist, insbesondere wenn der Gläubiger die geschuldete Sache abzuholen hat. Dem Angebot der Leistung steht die Aufforderung an den Gläubiger gleich, die erforderliche Handlung vorzunehmen.