1 Leitsatz

Wird auf Antrag eines Miteigentümers ein Flächenaufmaß mit der Maßgabe beschlossen, dass der Antragsteller die Kosten trägt, so stellt die Anfechtung des Kostenvorbehalts eine unzulässige Teilanfechtung dar.

2 Normenkette

§ 44 Abs. 1 Satz 1 WEG

3 Das Problem

Wohnungseigentümer K möchte eine Klärung herbeiführen, welche Wohn- und/oder Nutzflächen es in der Wohnungseigentumsanlage gibt. Gegen diese Klärung haben die anderen Wohnungseigentümer nichts einzuwenden und beschließen sie sogar. Allerdings sind sie der Ansicht, Wohnungseigentümer K müsse die Kosten für das Flächenaufmaß tragen. Sie beschließen eine entsprechende Maßgabe. Gegen diesen Teil des Beschlusses wendet sich Wohnungseigentümer K im Wege der Anfechtungsklage.

4 Die Entscheidung

Ohne Erfolg! Die Anfechtungsklage sei unzulässig. Ein Beschluss könne nur dann von einem Wohnungseigentümer teilweise angefochten werden, wenn er teilbar sei. Ein Beschluss sei teilbar, wenn die Wohnungseigentümer mit einem Beschluss mehrere Willenserklärungen getroffen und damit mehrere Gegenstände geregelt hätten. Dies erkenne man u. a. daran, dass die Wohnungseigentümer die Willenserklärungen jeweils in gesonderten Beschlüssen hätten treffen können (Hinweis auf Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl., Vor § 23 Rn. 50).

So liege es nicht. Nach Wortlaut und Sinn sei beschlossen worden, die Beauftragung des Sachverständigen zur Wohnflächenneuberechnung davon abhängig zu machen, dass K die Kostenübernahme (freiwillig) erkläre. Richtig sei zwar, dass bei Unklarheit darüber, ob ein Beschluss nur teilweise angegriffen werde, im Zweifel der gesamte Beschluss Streitgegenstand sei. Und richtig sei auch, dass eine in unzulässiger Weise beschränkte Anfechtungsklage im Zweifel als Anfechtung des ganzen Beschlusses auszulegen sei. Selbst die Berufungsanträge beschränkten sich jedoch auf den "Vorbehalt der Kostentragung". Noch nicht einmal hilfsweise werde die Gesamtanfechtung begehrt.

5 Hinweis

Problemüberblick

Ein Beschluss kann – sofern er teilbar ist – von einem Wohnungseigentümer auch teilweise angefochten werden. Im Fall geht es um die Frage, ob der Beschluss, den Wohnungseigentümer K angreift, teilbar ist.

Teilbarkeit eines Beschlusses

Ein Beschluss ist teilbar und kann dann auch teilweise im Wege der Anfechtungsklage angegriffen oder teilweise für ungültig oder nichtig erklärt werden, wenn die Wohnungseigentümer mit einem Beschluss mehrere Willenserklärungen getroffen und damit mehrere Gegenstände geregelt haben. So liegt es beispielsweise, wenn der Verwalter in einem Beschluss bestellt und zugleich der Verwaltervertrag genehmigt wird. Und so liegt es auch, wenn in einem Beschluss eine Erhaltungsmaßnahme (§ 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG) und ihre Kosten besonders geregelt werden. In diesen Fällen "verstecken" sich in einem "Beschlusskleid" letztlich 2 oder auch mehrere Beschlüsse. Dies erkennt man u. a. daran, dass die Wohnungseigentümer die Willenserklärungen jeweils in gesonderten Beschlüssen hätten treffen können.

Im Fall könnte es so liegen, wenn man den Beschlussteil zu den Kosten als einen Beschluss nach § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG verstehen würde. Ich sehe das so. Ferner wäre dann gem. § 139 BGB aber zu klären, ob die Beschlussteile miteinander "Stehen und Fallen" sollen. Ich selbst würde das Bejahen: Die Wohnungseigentümer wollten für das neue Flächenaufmaß nicht zahlen. Die Teilanfechtung dürfte daher zulässig sein, aber dazu führen, dass der gesamte Beschluss für ungültig zu erklären ist.

6 Entscheidung

LG Karlsruhe, Urteil v. 1.10.2021, 11 S 129/19

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge