Auch auf Grundlage des gesetzlich eingeräumten Anspruchs auf eine bauliche Veränderung, die der Stromerzeugung durch Steckersolargeräte dient, darf ein Mieter ein Balkonkraftwerk nicht ohne Erlaubnis des Vermieters montieren. Unerheblich ist dabei auch, ob die Anlage durch Eingriff in die bauliche Substanz eines Balkons montiert wird oder lediglich mit Rohrschellen am Balkon befestigt wird. In aller Regel ist der Mieter mietvertraglich nämlich nicht berechtigt, die in § 554 Abs. 1 Satz 1 BGB geregelten baulichen Maßnahmen eigenmächtig durchzuführen. Er benötigt vielmehr die Erlaubnis seines Vermieters hierzu, was der Wortlaut des § 554 Ans. 1 Satz 1 BGB zum Ausdruck bringt: "...dass ihm der Vermieter bauliche Veränderungen der Mietsache erlaubt..." Strebt der Mieter also eine bauliche Veränderung in Form der Montage eines Balkonkraftwerks an, muss er hierzu die Erlaubnis des Vermieters einholen.

 
Hinweis

Rechtslage bis zum Inkrafttreten

Zwar hat der Mieter nach derzeit noch geltender Rechtslage keinen Anspruch auf Erlaubniserteilung gegen den Vermieter. Allerdings ist das Ermessen des Vermieters durch den Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB bezüglich der Duldung des Aufstellens einer Solaranlage zumindest dahingehend eingeschränkt, dass der Vermieter dem Mieter nicht ohne triftigen, sachbezogenen Grund die Nutzung einer Solaranlage auf dem Balkon versagen kann.[1] Liegt ein solcher nicht vor, hat der Mieter einen Anspruch auf Erlaubniserteilung. Voraussetzung für einen entsprechenden Mieteranspruch ist, dass das Solarmodul

  • baurechtlich zulässig,
  • optisch nicht störend,
  • leicht zurückbaubar und
  • fachmännisch ohne Verschlechterung der Mietsache installiert ist und
  • keine erhöhte Brandgefahr oder sonstige Gefahr von der Anlage ausgeht.

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, kann der Mieter nach Erlaubnisverweigerung in aller Regel einem Vermieterverlangen auf Beseitigung des Balkonkraftwerks die sogenannte "Dolo-Agit-Einrede" entgegenhalten.[2]

Handelt der Mieter eigenmächtig und montiert er das Balkonkraftwerk ohne entsprechende Erlaubnis seines Vermieters, begeht er eine Pflichtverletzung, der mit den einschlägigen mietrechtlichen Vorschriften begegnet werden kann. Wenn allerdings bereits aufgrund derzeit noch geltender Rechtslage einem Beseitigungsverlangen die "Dolo-Agit-Einrede" entgegengehalten werden kann, darüber hinaus das Ermessen des Vermieters letztlich auf null reduziert ist, weil das Balkonkraftwerk selbst optisch nicht als störend zu empfinden ist, es fachmännisch montiert wurde und Versicherungsnachweise vorliegen, wird dies nach Inkrafttreten der Neuregelungen wohl erstrecht der Fall sein.

Die Dolo-Agit-Einrede besagt, dass eine Klage eine unzulässige Rechtsausübung darstellt, wenn der Kläger die eingeklagte Leistung sofort an den Beklagten zurückgeben müsste, weil diesem ein entsprechender Gegenanspruch zusteht. Hat also der Mieter das Balkonkraftwerk ohne Erlaubnis des Vermieters montiert und nimmt dieser ihn auf Rückbau gerichtlich in Anspruch, wird die Klage scheitern, wenn der Mieter einen Anspruch auf Montage des Balkonkraftwerks gegen den Vermieter hat. Für den Bereich des Wohnungseigentumsrechts wird aber eine entsprechende Einrede wohl nicht erfolgreich erhoben werden können.[3]

[2] Salopp ausgedrückt: "Du darfst mir nicht nehmen, was Du mir ohnehin geben musst".
[3] Offen gelassen von BGH, Urteil v. 17.3.2023, V ZR 140/22, ZWE 2023, 211; "Dolo-Agit"-Einrede allerdings nach LG Frankfurt a. M., Urteil v. 20.12.2021, 2-13 S 135/20, WuM 2023, 236 möglich.

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