Alexander C. Blankenstein
7.1 Grundsätze
Die Kosten und Nutzungen baulicher Veränderungen regelt § 21 WEG. Zunächst und grundsätzlich gilt, dass diejenigen, die die Baumaßnahme beschlossen haben, auch deren Kosten zu tragen haben. Dafür dürfen sie die geschaffene Einrichtung auch ausschließlich nutzen. Von diesem Grundsatz gibt es zwei praxisrelevante Ausnahmen, die in § 21 Abs. 2 Satz 1 WEG geregelt sind.
Kostentragung
7.2 Kostenverteilung unter allen Wohnungseigentümern
7.2.1 Qualifiziert beschlossene Maßnahmen
Wird eine Maßnahme der baulichen Veränderung mit einer Mehrheit von mehr als 2/3 der abgegebenen Stimmen beschlossen, die dabei die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentieren, werden die Kosten nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG dann unter allen Wohnungseigentümern verteilt, wenn sie nicht unverhältnismäßig sind.
"Mehr" oder "mindestens" die Hälfte?
Umstritten ist, ob "mehr" als die Hälfte oder "mindestens" die Hälfte der Miteigentumsanteile ausreichend ist. Nach diesseits vertretener Auffassung genügt es, wenn mindestens die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentiert sind.
7.2.1.1 Doppelt qualifizierte Mehrheit
Voraussetzung ist zunächst, dass mehr als 2/3 der abgegebenen Stimmen für die Maßnahme stimmen und dabei die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentieren.
Gesetzliches Kopfprinzip
Die Wohnanlage besteht aus 10 gleich großen Wohnungen, die jeweils 100/1.000 Miteigentumsanteile repräsentieren. In der Eigentümerversammlung sind 6 Wohnungseigentümer anwesend bzw. vertreten. 4 von ihnen stimmen für die Maßnahme. Bereits die abgegebenen Stimmen erreichen nur eine Mehrheit von 2/3 und nicht "mehr" als 2/3 der in der Versammlung anwesenden bzw. vertretenen Wohnungseigentümer. Darauf, dass die Zustimmenden auch nicht die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentieren, kommt es gar nicht mehr an. Hätten 5 der Wohnungseigentümer für die Maßnahme gestimmt, wären die formellen Voraussetzungen des § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG erfüllt und alle Wohnungseigentümer wären in die Kostenverteilung eingebunden, wobei dies angesichts der Tatsache, dass nicht mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentiert sind, nicht gesichert ist.
Die Abstimmung mit der Kostenfolge des § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG folgt nach dem auch ansonsten in der Gemeinschaft geltenden Stimmprinzip. Ist das gesetzliche Kopfprinzip durch Vereinbarung abbedungen und gilt das Objekt- oder Wertprinzip, findet es auch bei der Beschlussfassung über die Maßnahmen des § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG Anwendung.
Stimmprinzip Miteigentumsanteile
In der aus 10 Wohnungen bestehenden Wohnanlage repräsentieren die Wohnungseigentümer W1 und W2 jeweils 200/1.000 Miteigentumsanteile. Die übrigen 8 Wohnungseigentümer repräsentieren jeweils 75/1.000 Miteigentumsanteile. In der Wohnungseigentümerversammlung sind 5 Wohnungseigentümer anwesend bzw. vertreten. Die Baumaßnahme wird mit 4 Stimmen, darunter denjenigen von W1 und W2, beschlossen. Der Beschluss ist mit mehr als 2/3 der abgegebenen Stimmen zustande gekommen. Die Zustimmenden haben auch (mehr als) die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentiert.
7.2.1.2 Abstimmungsvarianten
Regelmäßig stellt sich das Problem, dass im Vorfeld der Beschlussfassung nicht vorauszusehen ist, wie viele Wohnungseigentümer für eine Maßnahme der baulichen Veränderung stimmen werden. Dies steht erst dann fest, wenn der Versammlungsleiter das Beschlussergebnis verkündet. Manche Wohnungseigentümer stimmen u. U. aber nur unter der Voraussetzung zu, dass eine Kostenverteilung unter allen Wohnungseigentümern erfolgt, was nicht der Fall ist, wenn nicht mehr als 2/3 der Wohnungseigentümer für die Maßnahme gestimmt haben. Ist die Stimmabgabe erfolgt und dem Versammlungsleiter zugegangen, kann sie entsprechend § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht mehr widerrufen werden.
Anfechtung der Stimmabgabe
Die Stimmabgabe unterliegt den allgemeinen zivilrechtlichen Regeln für Willenserklärungen und kann gemäß §§ 119 ff. BGB angefochten werden. Eine wegen Irrtums angefochtene Stimmabgabe muss unverzüglich nach Kenntniserlangung des Anfechtungsgrunds erfolgen und hat im Übrigen keine Auswirkungen auf die Stimmabgabe der anderen Wohnungseigentümer. Der vorausschauende Verwalter wird sich allerdings derlei Unsicherheiten nicht aussetzen und für ein geeignetes Abstimmungsverfahren sorgen.
Subtraktionsmethode
Zunächst bietet sich die Subtraktionsmethode (siehe hierzu Kap. B.I.7.2.7) mit Blick auf die Problematik des § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG an.
Subtraktionsmethode
Soll über die Überdachung des Eingangsbereichs der Wohnanlage ein Beschluss gefasst werden und sind von den 20 Wohnungseigentümern 15 in der Versammlung...