Entscheidungsstichwort (Thema)
Testament
Leitsatz (redaktionell)
1. Fügt der mitunterzeichnende Ehegatte seiner – nach § 2267 BGB genügenden – Unterschrift eine Erklärung bei, so ist dies jedenfalls unschädlich, soweit in ihr das Einverständnis mit dem Inhalt der gemeinschaftlichen Erklärung zum Ausdruck gebracht wird.
2. Ein Erbvertrag kann wegen Inhaltsirrtums nach § 2078 Abs. 1, § 2281 BGB angefochten werden könne, wenn sich der Erblasser bei Abschluß des Erbvertrages über dessen rechtliche Tragweite, insbesondere über die eintretende Bindungswirkung nicht im klaren gewesen ist.
Normenkette
BGB § 2078 Abs. 1, §§ 2267, 2281
Verfahrensgang
LG Ingolstadt (Beschluss vom 01.03.2001; Aktenzeichen 1 T 226/00) |
AG Ingolstadt (Aktenzeichen VI 719/99) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 5 gegen den Beschluß des Landgerichts Ingolstadt vom 1. März 2001 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligte zu 5 hat den Beteiligten zu 1 bis 4 die diesen im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 60.077 EUR (117.500 DM) festgesetzt.
IV. Der vom Landgericht für das Beschwerdeverfahren festgesetzte Geschäftswert wird abgeändert auf 60.077 EUR (117.500 DM).
Tatbestand
I.
Der 1999 im Alter von 83 Jahren verstorbene Erblasser war verwitwet; seine Ehefrau war 1987 verstorben. Am 27.3.1985 hatten die Eheleute eigenhändig folgendes gemeinschaftliche Testament errichtet:
Unser letzter Wille:
Wir vererben uns alles gegenseitig (Geld, Schmuck, Kleidung, Mobiliar, Porzellan, Bauplatz, Auto usw.).
Erst wenn der Letzte stirbt, erben unsere Tochter … (Beteiligte zu 1) und unsere Enkel … (Beteiligte zu 2 bis 4) zu gleichen Teilen.
Nach der Unterschrift der Ehefrau, die diesen ersten Teil des Testaments auch geschrieben hatte, hat der Erblasser handschriftlich hinzugesetzt und unterschrieben:
Diese Beinhaltung der obigen Formulierung unseres letzten Willens gilt ab dem 27.03.85 und kann jederzeit in gemeinsamer Absprache geändert werden.
Das Nachlaßgericht hat ferner ein eigenhändiges Testament vom 20.4.1999 eröffnet, das von der Beteiligten zu 5 am 25.5.1999 in die besondere amtliche Verwahrung gegeben worden war und nach ihrer Behauptung vom Erblasser geschrieben und unterzeichnet wurde; die Beteiligte zu 1 bezweifelt dies. Dieses Testament lautet:
Mein letzter Wille!
Sollte mir bei der Abwesenheit meiner lieben Lebensgefährtin M. (Beteiligte zu 5) etwas zustoßen, so hat sie das Alleinrecht zunächst mein Haus zu betreten, und ihre Sachen in Ruhe mitzunehmen.
Die Spareinlagen gehören M.
Das Haus und die Inhalte soweit sie ebenfalls M. gehören sind nicht anfechtbar.
Meine Tochter bekommt aus dem Verkauf des Hauses, zu dem M. über den Notar verbindend einen Nachlaßverwalter einsetzen möchte, ihr Pflichtteil. Über die Restsumme wird allein M. verfügen und gegebenfalls alle anfallenden Beisetzungskosten usw. bezahlen.
Meine Enkel, die sich mehr als schäbig mir gegenüber benommen haben, bekommen aus diesem Nachlaß nichts!
Soweit meine ausdrückliche Erklärung und mein Testament … (drei nicht lesbare Worte)!
M. möge umgehend mit dem Herrn Notar Verbindung aufnehmen.
Die Beteiligte zu 5 hat einen Erbschein beantragt, der bezeugen soll, daß sie den Erblasser allein beerbt habe. Sie hat vorgebracht, das gemeinschaftliche Testament vom 27.3.1985 sei formunwirksam. Die Schlußerbeneinsetzung sei nicht wechselbezüglich. Sie hat ferner in einem an das Nachlaßgericht gerichteten Schriftsatz die Anfechtung dieses Testaments erklärt, weil der Erblasser in der Erwartung, das angespannte Verhältnis zu seiner Tochter werde sich bessern, enttäuscht worden sei und weil er, wenn die Schlußerbeneinsetzung doch wechselbezüglich sein sollte, über die Bindungswirkung geirrt hätte; er habe gemeint, sie sei nach dem Tod seiner Ehefrau frei widerruflich.
Die Beteiligte zu 1 hat dagegen einen gemeinschaftlichen Erbschein beantragt, wonach der Erblasser von ihr zu 1/2 und von den Beteiligten zu 2 bis 4 zu je 1/6 beerbt worden sei. Sie hält das Testament vom 20.4.1999 für unwirksam wegen Unvereinbarkeit mit der wechselbezüglichen, den Erblasser bindenden Schlußerbeneinsetzung im gemeinschaftlichen Testament vom 27.3.1985.
Das Nachlaßgericht hat mit Beschluß vom 16.12.1999 einen Erbschein gemäß dem Antrag der Beteiligten zu 1 angekündigt.
Die Beschwerde der Beteiligten zu 5 hat das Landgericht mit Beschluß vom 1.3.2001 zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluß hat die Beteiligte zu 5 weitere Beschwerde eingelegt.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige weitere Beschwerde (§ 27 Abs. 1, § 29 Abs. 1 und 4, § 20 FGG) hat keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat ausgeführt: Der Erblasser sei an die in dem gemeinschaftlichen Testament vom 27.3.1985 zugunsten seiner Tochter und seiner Enkel getroffene Verfügung gebunden gewesen und habe nicht mehr anderweitig wirksam testieren können. Das Testament vom 27.3.1985 sei formgültig errichtet worden. Der Erblasser habe mit seinem Zusatz sein Einverständnis mit den von sei...