Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Betreuervergütung ist die Frage der Mittellosigkeit des Betreuten für den gesamten Abrechnungszeitraum einheitlich und grundsätzlich gemäß den zum Zeitpunkt der Entscheidung der letzten Tatsacheninstanz geltenden materiellrechtlichen Bestimmungen und den zu diesem Zeitpunkt gegebenen Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Betreuten zu beurteilen.
2. Werden laufende Versorgungsbezüge nach dem Opferentschädigungsgesetz in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz (hier: Grundrente) nicht verbraucht, sondern dem Vermögen zugeführt, ist es dem Betreuten grundsätzlich zuzumuten, dieses für die Kosten der Betreuung zu verwenden.
Normenkette
BGB §§ 1836a, 1836c Nr. 2; BSHG § 88 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Traunstein (Beschluss vom 31.07.2001; Aktenzeichen 4 T 4700/00) |
AG Traunstein (Aktenzeichen XVII 1020/97) |
Tenor
I. Dem Betroffenen wird Prozeßkostenhilfe für das Verfahren vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht nicht bewilligt.
II. Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Traunstein vom 31. Juli 2001 wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Für den Betroffenen ist ein Berufsbetreuer bestellt.
Diesem bewilligte das Amtsgericht mit Beschluß vom 23.10.2000 für die vom 1.10.1998 bis 31.5.2000 geleistete Tätigkeit eine aus dem Vermögen des Betroffenen zu bezahlende Vergütung in Höhe von 3 176,08 DM.
Hiergegen legte der Betroffene sofortige Beschwerde ein. Zu Unrecht habe ihm das Vormundschaftsgericht lediglich ein Schonvermögen von 4 500 DM zugestanden. Im Hinblick darauf, daß er im Rahmen des sozialen Entschädigungsrechts Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz erhalte, stehe ihm ein Freibetrag von 9 564,40 DM zu.
Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde gemäß Beschluß vom 31.7.2001 zurückgewiesen.
Hiergegen wendet sich der Betroffene mit der sofortigen weiteren Beschwerde, verbunden mit dem Antrag, ihm für dieses Rechtsmittelverfahren unter Beiordnung seines Verfahrensbevollmächtigten Prozeßkostenhilfe zu gewähren.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig, insbesondere vom Landgericht zugelassen (§ 69e Satz 1, § 56g Abs. 5 Satz 2 FGG), hat jedoch keinen Erfolg.
a) Das Landgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
Für die dem Betreuer bewilligte Vergütung habe der Betroffene aufzukommen. Sein Sparvermögen belaufe sich auf 8 531,35 DM, sein Guthaben auf dem Girokonto betrage 299,57 DM. Hierbei handle es Sich um verwertbares Vermögen, das die gemäß § 1836c Nr. 2 BGB i.V.m. § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG und der hierzu erlassenen Durchführungsverordnung maßgebliche Schongrenze von 4 500 DM deutlich übersteige. Ein höherer Schonbetrag komme auch für die Vergütung der vom 1.10. bis 31.12.1998 geleisteten Betreuertätigkeit nicht in Betracht, da der Betroffene nicht schwerstpflegebedürftig sei. Andere Schongrenzen, z. B. nach dem Bundesversorgungsgesetz, seien nicht anzuwenden. Schließlich könne der Betroffene auch nicht mit Erfolg einwenden, sein Vermögen dürfe für die Vergütung des Betreuers nicht herangezogen werden, soweit es aus angespartem, nicht dem Einsatz unterliegenden Einkommen resultiere. Dieser Umstand begründe insbesondere keine Härte im Sinne des § 88 Abs. 3 BSHG.
b) Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 27 Abs. 1 FGG).
aa) Der Berufsbetreuer hat Anspruch auf Ersatz der zum Zwecke der Führung der Betreuung gemachten Aufwendungen (§ 1908i Abs. 1 Satz 1, § 1835 Abs. 1 Satz 1 BGB) sowie auf Vergütung seiner Amtsführung (§ 1836 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BGB). Der Anspruch richtet sich gegen den Betreuten, ist jedoch aus der Staatskasse zu befriedigen, wenn der Betreute mittellos ist (§ 1835 Abs. 4 Satz 1, § 1836a BGB).
bb) Die Frage der Mittellosigkeit ist für den gesamten Abrechnungszeitraum einheitlich (vgl. OLG Frankfurt a.Main FamRZ 2001, 1098) und grundsätzlich gemäß den zum Zeitpunkt der Entscheidung der letzten Tatsacheninstanz geltenden materiellrechtlichen Bestimmungen (vgl. LG Koblenz BtPrax 1999, 113; HK-BUR/Deinert § 1836d BGB Rn. 1; Jürgens BtPrax 1999, 99) und den zu diesem Zeitpunkt gegebenen Einkommens- und Vermögensverhältnissen (vgl. BayObLGZ 1995, 395/396; BayObLG FamRZ 2000, 558/559; OLG Frankfurt a.Main FamRZ 2001, 1098; KG FamRZ 1998, 188/189) zu beurteilen.
cc) Ein Betreuter gilt als mittellos, wenn er den Aufwendungsersatz bzw. die Vergütung aus seinem einzusetzenden Einkommen oder Vermögen nicht oder nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann (§ 1836d Nr. 1 BGB). Welches Einkommen oder Vermögen der Betreute aufzuwenden hat, bestimmt sich nach § 1836c BGB. Danach hat er Vermögen nach Maßgabe des § 88 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) einzusetzen (§ 1836c Nr. 2 BGB), mithin grundsätzlich sein gesamtes verwertbares Vermögen, soweit keiner der Verschonungstatbestände des § 88 Abs. 2 BSHG vorliegt (vgl. BT-Drucks. 13/7158 S. 31) und der Einsatz bzw. die Verwertung für ihn und für seine unterhaltsberechtigten Angehörig...