Leitsatz (amtlich)
Ein Sondernutzungsrecht mit dem Inhalt, auf den vor den Läden befindlichen Gehwegflächen Verkaufseinrichtungen aufzustellen, umfasst nicht das Recht, die Gäste eines Speiserestaurants an auf den Gehwegflächen aufgestellten Tischen zu bewirten.
Normenkette
WEG § 15 Abs. 1
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 06.12.2004; Aktenzeichen 1 T 9401/04) |
AG München (Aktenzeichen 484 UR II 927/03) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des LG München I vom 6.12.2004 wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 10.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.
Dem Antragsteller gehören die Teileigentumseinheiten Nr. 63 und Nr. 64. Er hat die ihm gehörenden Räume verpachtet. Der Pächter betreibt darin ein Restaurant. Auf der Gehwegfläche vor dem Restaurant stellt er, wenn es die Jahreszeit erlaubt, Tische und Stühle auf und bewirtet dort seine Gäste.
In der Gemeinschaftsordnung ist bestimmt, dass "die Ladeneinheiten - uneingeschränkt gewerblich genutzt werden können". Nach der Teilungserklärung hat der Antragsteller ein Sondernutzungsrecht an den "vor den Läden - befindlichen Gehwegflächen zum Aufstellen von Verkaufseinrichtungen bzw. Hinweis- und Reklameschildern, soweit dadurch der Fußgängerverkehr nicht erheblich beeinträchtigt wird."
Die Wohnungseigentümer beschlossen am 29.7.2003, dass dem Antragsteller untersagt wird, die Vorflächen zur Aufstellung von Tischen und Stühlen zu nutzen.
Der Antragsteller hat beantragt, den Eigentümerbeschluss für ungültig zu erklären. Das AG hat mit Beschl. v. 2.4.2004 den Eigentümerbeschluss insoweit für ungültig erklärt als es dem Antragsteller untersagt worden ist, die vom Gebäude aus gesehen vordere Hälfte der Vorfläche zur Aufstellung von Tischen und Stühlen zu nutzen. Im Übrigen hat es den Antrag abgewiesen. Das LG hat am 6.12.2004 auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegner den Beschluss des AG insoweit aufgehoben, als der Eigentümerbeschluss zum Teil für ungültig erklärt worden ist. Den Antrag des Antragstellers auf Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses hat es insgesamt abgewiesen. Die Anschlussbeschwerde des Antragstellers hat es zurückgewiesen. Gegen den Beschluss des LG richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.
II. Das Rechtsmittel ist nicht begründet.
1. Das LG hat ausgeführt:
Der angefochtene Eigentümerbeschluss entspreche ordnungsmäßiger Verwaltung.
Nach der Gemeinschaftsordnung sei es zulässig, in dem Teileigentum ein Restaurant zu betreiben. Auch sei dem Antragsteller wirksam ein Sondernutzungsrecht an den gesamten vor dem Restaurant befindlichen Gehwegflächen eingeräumt worden.
Der Begriff "Verkaufseinrichtungen" umfasse nicht auch das Aufstellen von Tischen und Stühlen. Eine Verkaufseinrichtung bringe typischerweise nur ein kurzfristiges Verweilen mit sich. Werde jemand demgegenüber an einem Tisch mit Speisen und Getränken bewirtet, bewirke dies ein längerfristiges Verweilen. Von der Intensität der Nutzung und Beeinträchtigung her gesehen seien somit eine Verkaufseinrichtung und das Aufstellen von Tischen und Stühlen nicht vergleichbar. Gerade im Hinblick auf den Fußgängerverkehr störe das Aufstellen von Tischen und Stühlen typischerweise erheblich mehr als eine bloße Verkaufseinrichtung wie z.B. einer Eistheke.
Der Unterlassungsanspruch sei auch nicht verwirkt. Jedenfalls fehle es am Umstandsmoment. Die Wohnungseigentümer hätten ggü. dem Antragsteller keinen dahingehenden Vertrauenstatbestand geschaffen, dass sie das Aufstellen von Tischen und Stühlen auf der Vorfläche auch für die Zukunft dulden würden. Von Beginn an habe es immer wieder Streit um die Zulässigkeit der Nutzung gegeben. Der Antragsteller habe auch nicht vorgetragen, dass in früheren Eigentümerversammlungen Beschlüsse über die Tolerierung der tatsächlichen Nutzung gefasst oder entsprechende Diskussionen geführt worden seien. Unerheblich sei, wie sich der Verwalter zu der tatsächlichen Nutzung geäußert habe; die Wohnungseigentümer müssten sich nämlich dessen Handlungen nicht zurechnen lassen. Gegen die Annahme einer Verwirkung spreche insb. auch, dass sich der Voreigentümer und auch der jetzige Antragsteller immer wieder darauf berufen hätten, eine schriftliche Genehmigung für das Aufstellen von Tischen und Stühlen zu besitzen. Dies sei nicht richtig gewesen; beide hätten nämlich nur die Regelungen in der Teilungserklärung gemeint, die das Aufstellen von Tischen und Stühlen gerade nicht gestatte.
Der Antragsteller könne sich auch nicht darauf berufen, dass ohne das Aufstellen von Tischen und Stühlen das Betreiben eines Restaurants nicht möglich sei. Es sei allgemein bekannt, dass eine Vielzahl von Restaurants ohne so...