Leitsatz (amtlich)
Bei einer Teilung nach § 8 WEG kann der Aufteilende, wenn er Alleineigentümer geblieben ist, ein von ihm begründetes Sondernutzungsrecht auch wieder aufheben. Die Aufhebung kann auch durch letztwillige Verfügung geschehen. Die erforderliche Außenwirkung tritt jedenfalls mit Testamentseröffnung durch das Nachlassgericht ein. Die Eintragung der Begründung oder Aufhebung eines Sondernutzungsrechts im Grundbuch ist nur wegen ihrer Wirkung für und gegen Sonderrechtsnachfolger von Bedeutung. Für einen Gesamtrechtsnachfolger stellt sich nie ein Eintrittsproblem, da er kraft Gesetzes in alle Rechte und Pflichten eintritt, vgl. § 1922 BGB für den Erben.
Normenkette
BGB § 1922; WEG § 10
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 29.11.2004; Aktenzeichen 1 T 15219/04) |
AG München (Beschluss vom 09.07.2004; Aktenzeichen 484 UR II 946/03) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des LG München I vom 29.11.2004 abgeändert.
II. Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des AG München vom 9.7.2004 wird insgesamt zurückgewiesen.
III. Der Antragsgegner hat die Gerichtskosten des Beschwerde- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 6.646 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller und der Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage.
Die Mutter der Beteiligten war Alleineigentümerin eines Grundstücks. Mit Teilungserklärung vom 3.3.1983 begründete sie daran nach § 8 WEG Wohnungseigentum. Es wurden die beiden im Aufteilungsplan mit Nr. 1 und Nr. 2 bezeichneten Wohnungen gebildet. Bis zu ihrem Tod am 25.9.1999 blieb sie Eigentümerin der Wohnungen.
In § 4 der Teilungserklärung ist bestimmt, dass dem jeweiligen Eigentümer der Wohnung Nr. 1 u.a. die Sondernutzung an den Gewächshäusern, dem Wirtschaftsgebäude und Nebengebäude mit der darin befindlichen Garage Nr. 1 sowie an dem Gärtnereigelände zusteht.
In ihrem Testament vom 6.7.1998 verfügte die Mutter der Beteiligten u.a.:
Meine Kinder sollen aus dem Grundstück (= Grundstück der Wohnanlage) erhalten:
- (= Antragsteller) die Eigentumswohnung Nr. 2 und die Hälfte der Nebengebäude.
- (= Antragsgegner) die Eigentumswohnung Nr. 1 und die Hälfte der Nebengebäude.
In der Zeit von April 2001 bis August 2003 erzielte der Antragsgegner aus der Vermietung der Nebengebäude Mieteinnahmen von jeweils 511,30 EUR monatlich. Der Antragsteller ist der Auffassung, das Sondernutzungsrecht an diesen Nebengebäuden sei mit Testament vom 6.7.1998 aufgehoben worden. Ein Sondernutzungsrecht stehe dem Antragsgegner deshalb nicht zu. Folglich gebühre ihm die Hälfte der erzielten Mieteinnahmen.
Der Antragsteller hat, soweit es für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung ist, beantragt, den Antragsgegner zur Zahlung von 7.413,85 EUR nebst Zinsen zu verpflichten. Das AG hat mit Beschl. v. 9.7.2004 dem Antrag stattgegeben. Das LG hat am 29.11.2004 auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners den Beschluss des AG dahingehend abgeändert, dass der Antragsgegner zur Zahlung von 766,95 EUR nebst Zinsen verpflichtet und der Zahlungsantrag im Übrigen abzuweisen ist. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.
II. Das Rechtsmittel ist begründet.
1. Das LG hat ausgeführt: Dem Antragsteller stehe nur ein Zahlungsanspruch i.H.v. 766,95 EUR nebst Zinsen hinsichtlich der Mieteinnahmen für die Monate Juni bis August 2003 zu; im Übrigen sei der Antrag unbegründet.
Ein Zahlungsanspruch für die Zeit von April 2001 bis Mai 2003 bestehe nicht. In diesem Zeitraum habe nämlich ein Sondernutzungsrecht des Antragsgegners an den Nebengebäuden bestanden. Dieses Sondernutzungsrecht sei durch § 4 der Teilungserklärung vom 3.3.1983 für den jeweiligen Eigentümer der Wohnung Nr. 1 begründet worden. Durch das Testament vom 6.7.1998 sei das Sondernutzungsrecht nicht aufgehoben worden; das Testament wahre nicht die Form des § 29 GBO. Der Antragsteller habe lediglich einen Anspruch auf Änderung der Teilungserklärung durch das Testament erlangt. Durch Urteil des LG München I vom 30.11.2001 sei der Antragsgegner verurteilt worden, seine Zustimmung zur ersatzlosen Aufhebung der Regelung in § 4 der Teilungserklärung zu erteilen. Erst mit Rechtskraft dieses Urteils im Mai 2003 gelte die Zustimmungserklärung als abgegeben. Folglich ergebe sich ein auf § 812 BGB gestützter Zahlungsanspruch erst ab Juni 2003.
2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Der Antragsgegner ist nach § 812 Abs. 1 S. 1 BGB verpflichtet, an den Antragsteller über den vom LG zuerkannten Betrag von 766,95 EUR hinaus weitere 6.646,90 EUR zu bezahlen.
Der Antragsgegner ist um den in der Zeit von April 2001 bis August 2003 aus Mieteinnahmen erzielten Betrag i.H.v. insgesamt 7.413,85 EUR ungerechtfertigt bereichert. Dem Antragsgegner stand nämlich in dieser Zeit ein Sondernutzungsrecht an den Nebengebäuden nicht zu.
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