Leitsatz (amtlich)

Ein Überwachungsbetreuer darf nur bestellt werden, wenn dies erforderlich ist. Die Erforderlichkeit ist insb. gegeben, wenn der Betroffene den Bevollmächtigten aufgrund seiner psychischen Erkrankung nicht mehr selbst kontrollieren kann und konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Bevollmächtigte die Vollmacht nicht zum Wohle des Betroffenen verwendet, sei es, weil er dem Umfang und der Schwierigkeit der vorzunehmenden Geschäfte nicht gewachsen ist oder weil er die Vollmacht für eigene Zwecke missbraucht.

 

Normenkette

BGB § 1896 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG München II (Beschluss vom 22.11.2004; Aktenzeichen 2 T 5778/04)

AG Weilheim (Aktenzeichen XVII 177/04)

 

Tenor

I. Auf die weitere Beschwerde wird der Beschluss des LG München II vom 22.11.2004 aufgehoben.

II. Die Sache wird zu neuer Behandlung und Entscheidung an das LG München II zurückverwiesen.

III. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Betroffene leidet an einer leichten bis mittelschweren Demenz. Am 30.1.2003 erteilte sie ihrem jetzigen Adoptivsohn eine umfassende Vorsorgevollmacht. Die Adoption beruht auf einem Beschluss des AG vom 23.10.2003. Das AG bestellte am 10.8.2004 für die Betroffene eine Rechtsanwältin zur Betreuerin mit dem Aufgabenkreis Überwachung des Bevollmächtigten und ordnete die sofortige Wirksamkeit an.

Gegen diesen Beschluss legte der Vorsorgebevollmächtigte Beschwerde ein. Das Rechtsmittel ist durch das LG am 22.11.2004 zurückgewiesen worden.

Hiergegen wendet sich der Vorsorgebevollmächtigte mit seiner weiteren Beschwerde, mit der er eine Aufhebung der Kontrollbetreuung, hilfsweise eine Beschränkung der Kontrollbetreuung auf die fest angelegten Geldbeträge erreichen will.

II.1. Das Rechtsmittel ist zulässig, § 27 Abs. 2, § 29 Abs. 1 FGG. Es hat auch in der Sache Erfolg.

2. Das LG hat seine Entscheidung folgendermaßen begründet:

Die Bestellung eines Kontrollbetreuers sei nach § 1896 Abs. 1 und Abs. 3 BGB erforderlich gewesen. Die Betroffene sei aufgrund ihrer Erkrankung nicht mehr in der Lage, den Bevollmächtigten hinreichend zu kontrollieren. Aus diesem Grund sei die Bestellung eines Kontrollbetreuers möglich. Dies folge zur Überzeugung der Kammer aus dem ärztlichen Gutachten vom 16.7.2004, in welchem die behandelnde Ärztin eine Zunahme der Demenz seit Dezember 2003 festgestellt habe. Die Betroffene könne keine Entscheidungen mehr treffen, mit einer Besserung des Zustandes sei nicht zu rechnen. Von einer erneuten Anhörung der Betroffenen habe die Kammer im Hinblick auf die zeitnahe Anhörung durch das AG abgesehen. Zwar könne die bloße Unfähigkeit der Betroffenen, ihren Bevollmächtigten zu überwachen, eine Kontrollbetreuung nicht rechtfertigen. Im vorliegenden Fall sei eine Kontrolle jedoch konkret erforderlich, weil der Umgang und die Schwierigkeit der Geschäfte in Form der Vermögensbetreuung eine Kontrolle indizierten. So verfüge die Betroffene über ein Vermögen von mindestens 80.000 EUR. Nicht zwingend sei für die Anordnung einer Kontrollbetreuung, dass gegen die Redlichkeit oder die Tauglichkeit der Bevollmächtigten Bedenken bestünden. Hier kämen als derartige Umstände der beabsichtigte Autokauf für die Betroffene, obwohl diese nicht mehr fahren könne, und die im Vergleich zu früheren Zeiten erheblich höheren Geldabhebungen in kurzen Abständen in Frage. Der weitere Beteiligte selbst könne nicht als Kontrollbetreuer bestellt werden, da er sich nicht selbst kontrollieren könne.

3. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand, § 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO. Die Bestellung einer Überwachungsbetreuerin ist auf der Grundlage des durch das LG bisher festgestellten Sachverhalts nicht gerechtfertigt.

a) Die Beschwerde zum LG war zulässig. Unabhängig von der Frage, ob einem Vorsorgebevollmächtigten eine Beschwerdebefugnis gegen die Bestellung eines Betreuers zusteht (BayObLGZ 2003, 106 [108 ff.]), hat der Beschwerdeführer als Sohn der Betroffenen nach § 69g Abs. 1 FGG ein Beschwerderecht gegen die Bestellung einer Überwachungsbetreuerin.

b) Kann ein Volljähriger aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen, so bestellt ihm das VormG auf seinen Antrag oder von Amts wegen einen Betreuer, § 1896 Abs. 1 S. 1 BGB. Ein Betreuer darf nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist, § 1896 Abs. 2 S. 1 BGB. Die Betreuung ist nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten des Betroffenen durch einen Bevollmächtigten ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können, § 1896 Abs. 2 S. 2 BGB. Als Aufgabenkreis kann auch die Geltendmachung von Rechten des Betreuten gegen seinen Bevollmächtigten bestimmt werden, § 1896 Abs. 3 BGB. Diese sog. Vollmachtsüberwachungsbetreuung dient als Ausgleich insb. dafür, dass ein Betroffener, der nach Erteilung der Vollmacht geschäftsunfähig geworden ist, die Ausübung der Vollmach...

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