Leitsatz (amtlich)
Ein Überwachungsbetreuer darf nur bestellt werden, wenn dies erforderlich ist. Die Erforderlichkeit ist insb. gegeben, wenn der Betroffene den Bevollmächtigten aufgrund seiner psychischen Erkrankung nicht mehr selbst kontrollieren kann und konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Bevollmächtigte die Vollmacht nicht zum Wohle des Betroffenen verwendet, sei es, weil er dem Umfang und der Schwierigkeit der vorzunehmenden Geschäfte nicht gewachsen ist oder weil er die Vollmacht für eigene Zwecke missbraucht (BayObLG, Beschl. v. 9.3.2005 - 3Z BR 271/04). Das gilt insb., wenn der Bevollmächtigte bereits seit mehreren Jahren für den Betroffenen tätig ist, ohne dass sich Anhaltspunkte für Regelwidrigkeiten ergeben haben.
Normenkette
BGB § 1896 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Augsburg (Beschluss vom 12.11.2004; Aktenzeichen 5 T 2434/04) |
AG Augsburg (Aktenzeichen XVII 0424/04) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG Augsburg vom 12.11.2004 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligte zu 1) hat die der Betroffenen im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 10.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Betroffene erteilte mit notarieller Urkunde vom 27.12.1994 ihren beiden Töchtern, den Beteiligten zu 1) und 2), jeweils einzeln eine General- und Betreuungsvollmacht. Mit Schreiben vom 27.11.2003 widerrief die Betroffene die General- und Betreuungsvollmacht bezüglich der Beteiligten zu 1). Mit Beschluss des AG vom 18.5.2004 wurde eine Rechtsanwältin als Kontrollbetreuerin mit dem Aufgabenkreis Geltendmachung von Rechten der Betroffenen ggü. den bevollmächtigten Beteiligten zu 1) und 2) bestellt. Der Beschluss beruhte auf einem psychiatrischen Gutachten vom 24.1.2004 sowie einer ergänzenden Stellungnahme der Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie Dr. C. vom 3.5.2004. Das Gutachten vom 24.1.2004 kam zu dem Ergebnis, dass bei der Betroffenen leichte kognitive Störungen bzw. eine beginnende Altersdemenz vorlägen. Es sei noch von einer Geschäftsfähigkeit der Betroffenen auszugehen, jedoch nicht von einer Testierfähigkeit. In der ergänzenden Stellungnahme der Fachärztin wurde ausgeführt, dass die Betroffene aufgrund ihrer kognitiven Defizite nicht in der Lage sei, die von ihr 1994 erteilte Vollmacht zu überwachen. Auf die Beschwerde der Betroffenen hob das LG - nach einer Anhörung der Betroffenen durch einen von der Kammer beauftragten Richter - mit Beschl. v. 12.11.2004 den Beschluss des AG vom 18.5.2004 auf. Gegen den Beschluss des LG vom 12.11.2004 wendet sich die Beteiligte zu 1) mit ihrer weiteren Beschwerde, mit der sie die Wiederherstellung der vom AG angeordneten Kontrollbetreuung erstrebt.
II. 1. Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 27 Abs. 1, § 29 Abs. 1 FGG). Sein Gegenstand ist ausschließlich die Frage der Bestellung einer Kontrollbetreuerin und nicht die Frage, ob für die Betroffene auch für andere Aufgabenkreise ein Betreuer zu bestellen ist. Das Rechtsmittel hat in der Sache i.E. keinen Erfolg.
2. Das LG hat seine Entscheidung folgendermaßen begründet: Die Voraussetzungen für die Bestellung einer Überwachungsbetreuerin lägen nicht vor. Mit der Sachverständigen gehe die Kammer davon aus, dass die Betroffene geschäftsfähig sei. Dies bedeute, dass sie jederzeit die notarielle Vollmacht widerrufen und die Betreuung beenden könne. Eine Kontrollbetreuung sei bei einem geschäftsfähigen Betroffenen kaum denkbar. Diese diene als Ausgleich dafür, dass der nach Erteilung der Vollmacht geschäftsunfähig gewordene Betroffene die Vollmacht nicht mehr selbst widerrufen könne. Die Betroffene sei mit einer Kontrollbetreuung nicht einverstanden. Eine Betreuung gegen den Willen des Betroffenen setze tatbestandsmäßig voraus, dass der Betroffene aufgrund seiner Krankheit oder Behinderung seinen Willen nicht frei bestimmen könne bezüglich dieses Aufgabenkreises. Dafür gebe das Verfahren aber nichts her. Die Aussage der Sachverständigen sei so pauschal, dass sie nicht übernommen werden könne. Die geschäftsfähige Betroffene wisse, dass ihre Tochter die Vollmacht ausübe. Wenn sie bisher keinen Anlass gesehen habe, die Bevollmächtigte zu kontrollieren, so sei dies ihre anzuerkennende Entscheidung. Dies indiziere für sich allein keinesfalls einen Betreuungsbedarf. Die angeordnete Kontrollbetreuung sei untauglich, da sie jederzeit durch die geschäftsfähige Betroffene beendet werden könne.
3. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand (§ 27 Abs. 1 S. 2 FGG, § 546 ZPO). Sie erweist sich aber i.E. aus anderen Gründen als zutreffend. Die Feststellungen zur Frage, ob die Betroffene ihren Willen in dem der Kontrollbetreuung unterliegenden Bereich frei bilden kann, sind nicht verfahrensfehlerfrei getroffen worden.
a) Eine Überwachungsbetreuung setzt voraus, dass der Betroffene aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung nicht in der L...