Leitsatz (amtlich)

Einem Berufsbetreuer, der ein türkisches rechtswissenschaftliches Studium abgeschlossen und anschließend nach einem 2-semestrigen, an einer deutschen Universität durchgeführten Magisterstudium den akademischen Grad eines Magister Legum (LL. M.) erworben hat, steht ein Stundensatz von 23 Euro zu.

 

Normenkette

BGB § 1836a; BVormVG § 1 Abs. 1 S. 2 Nrn. 1-2

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 20.05.2003; Aktenzeichen 13 T 2267/03)

AG Nürnberg (Aktenzeichen XVII 2695/02)

 

Tenor

I. Der Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 20.5.2003 wird dahingehend abgeändert, dass die aus der Staatskasse zu erfolgende Entschädigung für die Tätigkeit des ehemaligen vorläufigen Betreuers im Zeitraum vom 9.12.2002 bis 14.1.2003 auf 415,14 Euro festgesetzt wird.

II. Im Übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde zurückgewiesen.

III. Der Geschäftswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 307,95 Euro.

 

Gründe

I. Für den zwischenzeitlich verstorbenen mittellosen Betroffenen war vom AG am 9.12.2002 vorläufig der Beschwerdeführer zum Betreuer bestellt worden. Dieser führte die Betreuung berufsmäßig; er hat am 2.12.2002 an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg den akademischen Grad eines Magister Legum (LL.M.) erworben und in der Türkei erfolgreich ein Jurastudium absolviert. Für seine Tätigkeit im Zeitraum vom 9.12.2002 bis zum 14.1.2003 machte er ggü. der Staatskasse als Vergütung einen Betrag von 544,57 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer geltend, wobei er einen Stundensatz von 31 Euro zu Grunde legte. An Aufwendungen berechnete er für Fotokopien, Porto, Telefon- und Faxgebühren, Fahrtkosten sowie sonstige Auslagen einen Betrag von 32,18 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer, so dass sich ein Gesamtbetrag von 669,03 Euro ergab. Das AG setzte eine Vergütung von 291,90 Euro einschließlich Mehrwertsteuer unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von 18 Euro und Auslagen von 28,56 Euro einschließlich Mehrwertsteuer, insgesamt also 328,02 Euro fest.

Das LG hat auf die sofortige Beschwerde des früheren vorläufigen Betreuers den amtsgerichtlichen Beschluss dahingehend abgeändert, dass bei Zugrundelegung eines Stundensatzes von 18 Euro eine Entschädigung für seine Tätigkeit und seine Auslagen von 361,08 Euro festgesetzt wurde, und die sofortige weitere Beschwerde zugelassen.

Mit seiner sofortigen weiteren Beschwerde will der Beschwerdeführer die Festsetzung der von ihm ursprünglich beantragten Vergütung und Aufwendungen in voller Höhe erreichen.

II. Das Rechtsmittel ist zulässig, insb. vom LG zugelassen (§ 56g Abs. 5 S. 2, § 27 FGG). In der Sache hat es teilweise Erfolg.

1. Das LG hat seine Entscheidung folgendermaßen begründet:

Dem Beschwerdeführer stehe ein Stundensatz von nur 18 Euro zu. Die erhöhten Stundensätze setzten voraus, dass der Betreuer über besondere Kenntnisse verfüge, welche für die Führung der Betreuung nutzbar seien und die durch eine abgeschlossene Lehre bzw. eine abgeschlossene Hochschulausbildung oder durch eine diesen vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben worden seien (§ 1 Abs. 1 S. 2 BVormVG). Diese Voraussetzungen erfülle das in der Türkei absolvierte Studium der Rechtswissenschaften nicht. Daran ändere sich auch durch die abgelegte Magisterprüfung nichts, auch wenn diese ein ausländisches juristisches Examen voraussetze, welches dem deutschen vergleichbar und gleichwertig sei, und zur Promotion berechtige. Das Magisterstudium vermittle nur Grundzüge und Grundlagen des in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Rechts, nicht aber besondere Kenntnisse, die, bezogen auf ein bestimmtes Fachgebiet, über ein Grundwissen deutlich hinausgingen. Auf die über die Grundkenntnisse hinausgehenden Kenntnisse im türkischen Recht könne nicht abgestellt werden, weil sich die Geschäfte, die der Betreuer für den Betroffenen besorge, regelmäßig nach deutschem Recht richteten. Auch die durch die Magisterprüfung erworbene Fähigkeit, ein ausgewähltes Rechtsproblem wissenschaftlich vertieft zu bearbeiten, sei unerheblich, weil die besonderen Kenntnisse in der Ausbildung selbst erworben werden müssten und es nicht ausreiche, wenn die Ausbildung nur die Fähigkeit vermittle, später durch anderweitige eigene Anstrengungen derartige Kenntnisse zu erwerben.

Allerdings seien ihm 95 weitere Minuten zu vergüten. Die Kürzung eines Arztgespräches und einer Vorsprache bei einer Bank seien nicht berechtigt. Die Kürzung der zusätzlich für die Telefonauslagen angesetzte Mehrwertsteuer sei demgegenüber zu Recht erfolgt, weil in diesen Auslagen bereits Mehrwertsteuer enthalten sei.

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. Dem Betreuer steht eine höhere Vergütung zu, weil ihm ein höherer Stundensatz zuzubilligen ist.

a) Nach § 1 Abs. 1 BVormVG beträgt die nach § 1836a BGB aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung für jede Stunde der für die Führung der Betreuung aufgewandten und erforderlichen Zeit 18 Euro. Verfügt der Betreuer über besondere Kenntnisse, die für die Führung der Betreuu...

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