Leitsatz (amtlich)
Die persönliche Begleitung des Betreuten zu Terminen bei Fachärzten und Optikern, bei denen keine wesentlichen Entscheidungen zu erwarten sind, darf ein Berufsbetreuer jedenfalls dann nicht für erforderlich halten, wenn das Pflegeheim, in welchem der Betreute lebt, aufgrund der Regelung des Rahmenvertrages gem. § 75 Abs. 2 SGB XI dazu verpflichtet ist, Begleitpersonal zur Verfügung zu stellen, und der Betreute mit diesem Begleitpersonal bereits anstandslos bei einer ärztlichen Untersuchung gewesen ist.
Normenkette
BGB § 1835 Abs. 1 S. 1, § Abs. 4 S. 1, § 1836 Abs. 1 S. 2, § Abs. 2 S. 1, 1836a; SGB XI § 75 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Schweinfurt (Aktenzeichen 24F T 36/02) |
AG Bad Kissingen (Aktenzeichen XVII 5/93) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG Schweinfurt vom 14.6.2002 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Für den mittellosen und in einem Pflegeheim lebenden Betroffenen besteht seit Jahren eine umfassende Betreuung. Anlässlich eines Betreuerwechsels bestellte das AG am 5.2.2001 einen Berufsbetreuer für ihn mit den Aufgabenkreisen Aufenthaltsbestimmung, Entscheidung über Unterbringung und unterbringungsähnliche Maßnahmen, Gesundheitsfürsorge, Vermögenssorge sowie Vertretung ggü. Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern. Mit Beschluss vom 13.2.2002 setzte das AG für den Zeitraum 22.6.2001 bis 20.12.2001 die dem Betreuer aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung und den Aufwendungsersatz i.H.v. 1.527,62 Euro fest. In dieser Summe waren Beträge für die Begleitung des Betroffenen zu Fachärzten und zu einem Optiker enthalten.
Das LG hat auf die sofortige Beschwerde der Staatskasse den amtsgerichtlichen Beschluss dahingehend abgeändert, dass der Erstattungsbetrag unter Abzug dieser Beträge auf 1.337,02 Euro festgesetzt wird, und hat die sofortige weitere Beschwerde gegen diesen Beschluss zugelassen.
Der Betreuer wendet sich gegen den landgerichtlichen Beschluss mit seinem Rechtsmittel, mit welchem er eine Festsetzung von Vergütung und Aufwendungsersatz entspr. dem amtsgerichtlichen Beschluss erreichen will.
II. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig, insb. vom LG zugelassen (vgl. § 56g Abs. 5 S. 2 FGG) und form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie hat aber in der Sache keinen Erfolg.
1. Das LG hat seine Entscheidung damit begründet, dass tatsächliche Hilfeleistungen des Betreuers für den Betreuten, wie die Begleitung zu Ärzten und Optikern, grundsätzlich nicht zu dessen Aufgabenkreis gehörten. Die Betreuertätigkeit sei eine rechtsfürsorgerische Tätigkeit, die zwar die Organisation notwendiger Hilfsmaßnahmen umfasse, nicht aber die rein tatsächliche Hilfeleistung, welche zu den allgemeinen Aufgaben der Lebensführung des Betroffenen gehöre und damit grundsätzlich nicht vergütungsfähig sei. Ein Ausnahmefall sei nur dann gegeben, wenn die notwendigen Hilfeleistungen durch Dritte nicht zu erlangen seien und nicht von einem anderen Kostenträger übernommen werden müssten. Das Pflegeheim, in welchem der Betroffene untergebracht sei, sei nach den Regelungen des Rahmenvertrages gem. § 75 Abs. 2 SGB XI dazu verpflichtet, Personal für die Begleitung des Betroffenen zu den Ärzten und zum Optiker abzustellen. Zwar sei das Heim- und Pflegepersonal zu einer zwangsweisen Vorführung des Betroffenen nicht berechtigt, doch gelte dies auch für den Betreuer. Zu ersetzen seien aber ein fiktiver Zeitaufwand und fiktive Telefonauslagen für fernmündliche Rücksprachen mit den behandelnden Ärzten.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) stand.
a) Wird ein Berufsbetreuer zum Zweck der Führung der Betreuung, d.h. mit dem Ziel der Erfüllung seiner Aufgaben, im Interesse des Betroffenen tätig, setzt sein Anspruch auf Vergütung (§ 1908i Abs. 1 S. 1, § 1836 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 1 und 2, § 1836a BGB, § 1 BVormVG) bzw. Aufwendungsersatz (§ 1835 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 1 BGB) grundsätzlich voraus, dass die fragliche Tätigkeit in den ihm übertragenen Aufgabenkreis fällt und er die Tätigkeit aus seiner Sicht nach den Umständen des Einzelfalles für erforderlich halten durfte (vgl. § 1 Abs. 1 S. 1 BVormVG, § 670 BGB; st. Rspr., vgl. BayObLGZ 2001, 324 [325] m.w.N.). Die Betreuung ist, wie schon die Überschrift „Rechtliche Betreuung” des Zweiten Titels des Vierten Buches des BGB zeigt, rechtsfürsorgerische Tätigkeit; sie ist ihrem Wesen nach bürgerlich-rechtlich geregelte gesetzliche Vertretung, nicht persönliche Pflegeleistung und Hilfe (vgl. BayObLGZ 1998, 44 [45]). Sie umfasst alle Tätigkeiten, die erforderlich sind, um die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen (§ 1901 Abs. 1 BGB).
Rein tatsächliche Hilfe- oder Pflegeleistungen sind keine rechtsfürsorgerische Tätigkeit. Der Betreuer hat sie demnach grundsätzlich nicht zu erbringen, er ist lediglich für die Organisation dieser tatsächlichen Hilfsmaßnahmen verantwortlich, soweit sie erforderlich sind. Daraus folgt, dass i.d.R. rein tatsächliche Hilfeleistungen nicht zum Aufgaben...