Leitsatz (amtlich)

1. Bestimmt eine Schiedsklausel als maßgebliche Verfahrensordnung die Schiedsgerichtsordnung der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V., so besteht ein Schiedsgericht für die jeweilige Streitsache erst mit der Konstituierung.

2. Ein Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens nach § 1032 Abs. 2 ZPO ist rechtzeitig gestellt, wenn er vor diesem Zeitpunkt bei Gericht anhängig gemacht worden ist.

3. Die Einreichung einer Schiedsklage bei der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) ist nicht vergleichbar mit der Anrufung eines ständigen Schiedsgerichts, das als dauerhafte Einrichtung vorgehalten wird, sodass es keiner fallweisen Konstituierung bedarf.

4. Eine Schiedsklausel, die korporativer Bestandteil des Gesellschaftsvertrags einer GmbH ist, ist gemäß den für solche Satzungsbestimmungen geltenden Grundsätzen nach objektiven Gesichtspunkten auszulegen.

5. Eine nach objektivem Verständnis auszulegende Schiedsklausel in der Satzung einer GmbH, die ausdrücklich alle Streitigkeiten, Ansprüche und Meinungsverschiedenheiten der Gesellschafter in ihrem Verhältnis untereinander und zur Gesellschaft erfasst, wenn die Differenzen den Gesellschaftsvertrag betreffen oder mit ihm in Zusammenhang stehen, ist grundsätzlich weit auszulegen.

6. Eine weite Schiedsklausel im Gesellschaftsvertrag einer GmbH bildet eine materiell-rechtlich wirksame Grundlage für eine schiedsgerichtliche Zuständigkeit in Beschlussmängelstreitigkeiten (nur) dann, wenn sie die in höchstrichterlicher Rechtsprechung aufgestellten Mindestanforderungen erfüllt (hier bejaht).

 

Tenor

I. Es wird festgestellt, dass ein schiedsrichterliches Verfahren für die Schiedsklage der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin auf Feststellung der Nichtigkeit, hilfsweise auf Nichtigerklärung nachfolgender auf der Gesellschafterversammlung der Antragsgegnerin vom 16. Dezember 2021 gefasster Ablehnungsbeschlüsse zulässig ist:

[...]

II. Es wird festgestellt, dass ein schiedsrichterliches Verfahren für die Schiedsklage der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin auf Feststellung, dass in der Gesellschafterversammlung der Antragsgegnerin vom 16. Dezember 2021 folgende Beschlüsse gefasst wurden und zustande gekommen sind, zulässig ist:

[...]

III. Es wird festgestellt, dass ein schiedsrichterliches Verfahren für die Schiedsklage der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin auf Feststellung der Nichtigkeit, hilfsweise auf Nichtigerklärung nachfolgender auf der Gesellschafterversammlung der Antragsgegnerin vom 21. Januar 2022 gefasster Ablehnungsbeschlüsse zulässig ist:

[...]

IV. Es wird festgestellt, dass ein schiedsrichterliches Verfahren für die Schiedsklage der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin auf Feststellung, dass in der Gesellschafterversammlung der Antragsgegnerin vom 21. Januar 2022 folgende Beschlüsse gefasst wurden und zustande gekommen sind, zulässig ist:

[...]

V. Es wird festgestellt, dass ein schiedsrichterliches Verfahren für die Schiedsklage der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin auf Feststellung der Nichtigkeit, hilfsweise auf Nichtigerklärung des auf der Gesellschafterversammlung der Antragsgegnerin vom 31. Januar 2022 gefassten Beschlusses über [...] zulässig ist.

VI. Es wird festgestellt, dass ein schiedsrichterliches Verfahren für die Schiedsklage der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin auf Feststellung der Nichtigkeit, hilfsweise auf Nichtigerklärung des nachfolgenden auf der Gesellschafterversammlung der Antragsgegnerin vom 11. Juli 2022 unter TOP 6 gefassten Beschlusses zulässig ist:

[...]

VII. Im Übrigen wird der Antrag der Antragstellerin auf Feststellung der Zulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens als unzulässig verworfen.

VIII. Von den Gerichtskosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin 22 %, die Antragsgegnerin und die Streithelferin der Antragsgegnerin jeweils 39 %. Die Antragstellerin trägt 22 % der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin sowie der Streithelferin der Antragsgegnerin. Die Antragsgegnerin und die Streithelferin der Antragsgegnerin tragen jeweils 39 % der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin. Im Übrigen trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

IX. Der Streitwert wird auf 18.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Zulässigkeit schiedsgerichtlicher Verfahren.

Die Antragstellerin ist seit der Gründung der Antragsgegnerin, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, im Jahr 2021 mit einem Anteil von 8,00 % an deren Stammkapital beteiligt. Weitere Gründungsgesellschafterin mit einem Anteil von 51,00 % (so die Antragstellerin) bzw. 50,00 % (so die Nebenintervenientin) am Stammkapital der Antragsgegnerin ist die Nebenintervenientin, vormals firmierend unter [...]. Zwischen diesen Gesellschafterinnen und ihren jeweils zugehörigen "Lagern" bestehen seit Mitte des Jahres 2021 erhebliche Differenzen, die sich auch im Stimmverhalten zu diversen Beschlussanträgen in...

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