Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachlaßsache

 

Leitsatz (amtlich)

Vertritt ein Testamentsvollstrecker in einer strittigen Auslegungsfrage eine ihm als Vermächtnisnehmer günstige Testamentsauslegung, so begründet das nicht schon für sich genommen einen seine Entlassung rechtfertigenden Interessengegensatz zwischen ihm und dem Erben; maßgeblich sind vielmehr auch hier alle Umstände des konkreten Einzelfalles (Fortführung von BayObLGZ 1985, 298 und BayObLGZ 1997, 1/26 ff.).

 

Normenkette

BGB § 2227

 

Verfahrensgang

LG Bamberg (Aktenzeichen 3 T 126/00)

AG Forchheim (Aktenzeichen VI 0626/99)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 wird der Beschluß des Landgerichts Bamberg vom 23. August 2000 aufgehoben. Die Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluß des Amtsgerichts Forchheim vom 8. Mai 2000 wird zurückgewiesen.

II. Der Beteiligte zu 2 hat die der Beteiligten zu 1 im landgerichtlichen Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert wird für den zweiten und dritten Rechtszug auf 23.000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die im Alter von 91 Jahren verstorbene Erblasserin war ledig und kinderlos. Sie errichtete zu Lebzeiten eine Umweltstiftung, die am 7.12.1998 behördlich genehmigt wurde. Die Stiftung sollte ein Kapital von 400.000 DM erhalten. Die Erblasserin bereute jedoch ihren Entschluß, da sie fürchtete, daß sie pflegebedürftig werden könnte und ihr Vermögen hierfür benötigen würde. Mit der Genehmigungsbehörde wurde am 15. oder 16.3.1999 vereinbart, daß ein Teilbetrag von 200.000 DM zu Lebzeiten bezahlt und der Restbetrag von 200.000 DM beim Ableben der Erblasserin fällig werden sollte. Die Forderung auf die restlichen 200.000 DM sollte durch ein Grundpfandrecht abgesichert werden, das die Erblasserin mit Notarurkunde vom 29.3.1999 bestellte. Zur Zahlung des ersten Teilbetrages von 200.000 DM kam es zu Lebzeiten der Erblasserin nicht mehr.

Die Erblasserin errichtete am 17.3.1999 ein notarielles Testament, das auszugsweise wie folgt lautet:

„II. Inhalt der letztwilligen Verfügung:

Ich setzte hiermit den … e.V. (Beteiligter zu 2) zum Erben ein; dieser muß meine Verpflichtungen gegenüber der Umweltstiftung … erfüllen, soweit sie nicht zu Lebzeiten erfüllt werden.

III. Ich setze folgende Vermächtnisse aus:

Von dem nach meinem Ableben vorhandenen Barvermögen, Bankguthaben, Wertpapieren und sonstigen Forderungen nach Abzug der Beerdigungskosten erhalten

  • Frau …, die mich seit langer Zeit in fürsorglicher Weise betreut, 10 % sowie den Sekretär in meinem Wohnzimmer im 1. Stock des Hauses,
  • meine Nichte … (Beteiligte zu 1) erhält 30 % und die Kuckucksuhr im Wohnzimmer,
  • meine beiden Großnichten … (Töchter der Beteiligten zu 1) erhalten je 25 %,
  • der Kulturkreis … e.V. erhält 5 %,
  • der Tierschutzverein … erhält 5 %.

IV. Testamentsvollstreckung

Ich ernenne meine Nichte … (Beteiligte zu 1) zur Testamentsvollstreckerin, meinen letzten Willen auszuführen, insbesondere die Vermächtnisse zu verteilen.”

Die Beteiligte zu 1 nahm das Amt als Testamentsvollstreckerin an. Der Nachlaß belief sich hinsichtlich des Grundbesitzes auf rund 630.000 DM, hinsichtlich der Vermögenswerte Bargeld, Bankguthaben, Wertpapiere und Forderungen (im folgenden: Geldvermögen) auf rund 600.000 DM. Der Beteiligte zu 2 ist ein Verein, der Ziele des Naturschutzes verfolgt.

Der Beteiligte zu 2 beanstandet die Ausübung des Testamentsvollstreckeramtes durch die Beteiligte zu 1. Er rügt insbesondere, daß die Testamentsvollstreckerin das gesamte Geldvermögen unter die Vermächtnisnehmer verteilen wolle, anstatt, wie es seiner Meinung nach richtig wäre, aus dem Geldvermögen zunächst 200.000 DM Stiftungseinlage zu leisten und die den Vermächtnisnehmern zustehenden Anteile aus dem verbleibenden Rest des Geldvermögens zu berechnen. Außerdem habe die Testamentsvollstreckerin ein fehlerhaftes und lückenhaftes Nachlaßverzeichnis erstellt und dem Nachlaß Gegenstände entnommen und den Hausrat ausgeräumt, ohne den Erben hinzuzuziehen.

Das Amtsgericht wies den Antrag des Beteiligten zu 2 auf Entlassung der Testamentsvollstreckerin zurück. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2 hob das Landgericht den amtsgerichtlichen Beschluß auf und wies das Amtsgericht an, die Beteiligte zu 1 als Testamentsvollstreckerin zu entlassen und einen anderen Testamentsvollstrecker zu bestellen. Hiergegen wendet sich die Beteiligte zu 1 mit der weiteren Beschwerde.

II.

Die „weitere Beschwerde” der Beteiligten zu 1 ist als sofortige weitere Beschwerde statthaft. Gegen die Entlassung eines Testamentsvollstreckers durch das Landgericht findet gemäß § 81 Abs. 2, §§ 27, 29 Abs. 2 FGG die sofortige weitere Beschwerde statt; nichts anderes kann gelten, wenn das Landgericht die Entlassung nicht selbst anordnet, sondern das Nachlaßgericht zur Entlassung anweist (vgl. BayObLGZ 1985, 298/301). Das Rechtsmittel ist form- und fristgerecht eingelegt und auch ansonsten zulässig. Als Testamentsvollstreckerin, die sich dagegen wehrt, daß das Amtsgericht zu ihrer Entlassung angewiesen...

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