Leitsatz (amtlich)

1. Im Beschlussanfechtungsverfahren ist der Verwalter jedenfalls auch dann materiell beschwert, wenn die Aufhebung eines Eigentümerbeschlusses durch das AG auf formellen Mängeln beruht.

2. Wer materiell Beteiligter eines Wohnungseigentumsverfahrens ist, muss auch formell am Verfahren beteiligt werden. Die Nachholung der formellen Beteiligung im Rechtsbeschwerdeverfahren scheidet dann aus, wenn eine Sachentscheidung wegen mangelnder Sachaufklärung nicht möglich ist.

3. Eine Entscheidung des Beschwerdegerichts ohne mündliche Verhandlung kann jedenfalls dann zur Aufhebung und Zurückverweisung führen, wenn jede Begründung für das Absehen von einer mündlichen Verhandlung fehlt.

4. Hinreichende Bezeichnung eines Tagesordnungspunkts zur Eigentümerversammlung ("Zaunanlage L/20 a" zur Beschlussfassung über die finanzielle Beteiligung einer Gruppe von Wohnungseigentümern an einer Zaunanlage auf dem Nachbargrundstück).

5. Zuständigkeit von Wohnungseigentümern eines Gebäudes in einer Mehrhausanlage zur Beschlussfassung.

6. Werden in einem Beschlussanfechtungsverfahren Zustellungen an Wohnungseigentümer vorgenommen, obwohl die gerichtlichen Sendungen an den Verwalter "zugleich für die Wohnungseigentümer" hätten zugestellt werden können, kommt eine Nichterhebung von Mehrauslagen in Betracht, die durch die überflüssigen Zustellungen verursacht sind (OLG Hamm v. 10.1.1985 - 15 W 300/84, Rpfleger 1985, 257).

 

Verfahrensgang

LG Bamberg (Beschluss vom 24.11.2003; Aktenzeichen 3 T 178/03)

AG Bamberg (Aktenzeichen 4 UR II 25/03)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der weiteren Beteiligten wird der Beschluss des LG Bamberg vom 24.11.2003 aufgehoben.

II. Die Sache wird zur mündlichen Verhandlung und erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das LG zurückverwiesen.

III. Der Geschäftswert wird für sämtliche Rechtszüge auf 5.800 Euro festgesetzt.

Die entgegen stehenden Wertfestsetzungen des AG und des LG werden entsprechend abgeändert.

 

Gründe

I. Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer aus mehreren Gebäuden, nämlich den Häusern Nrn. 18 a, 18 b sowie Nr. 20 a, bestehenden Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.

Mit Schreiben vom 3.6.2002 lud die weitere Beteiligte zur Eigentümerversammlung am 20.6.2002 ein. Punkt 6 der angekündigten Tagesordnung lautete: "Zaunanlage L/20 a". In der Eigentümerversammlung fassten die Wohnungseigentümer des Hauses Nr. 20 a mehrheitlich folgenden Beschluss:

Einer Kostenbeteiligung der Eigentümer 20 a an der Zaunanlage in vorgelegter Höhe wird zugestimmt.

Die Kostenbeteiligung für die Zaunanlage, die auf einem benachbarten, nicht den Wohnungseigentümern gehörenden Grundstück errichtet wird, beläuft sich nach den in der Versammlung dazu gegebenen Erläuterungen auf ca. 5.800 Euro.

Der Antragsteller hat beim AG beantragt, den Beschluss der Wohnungseigentümer für ungültig zu erklären. Das AG hat, ohne mündlich zu verhandeln, dem Antrag am 21.8.2003 stattgegeben, das LG die sofortige Beschwerde der weiteren Beteiligten ebenfalls ohne mündliche Verhandlung mit Beschluss vom 24.11.2003 zurückgewiesen. Im Beschwerdeverfahren wurden die Antragsgegner nicht beteiligt. Gegen den Beschluss des LG richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der weiteren Beteiligten.

II. Das Rechtsmittel der weiteren Beteiligten führt zur Aufhebung der Entscheidung des LG und zur Zurückverweisung der Sache an dieses (§ 27 Abs. 1 FGG, § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 S. 1 ZPO analog; Meyer-Holz in Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 27 Rz. 58).

1. Ob die Verwalterin als weitere Beteiligte im Beschlussanfechtungsverfahren gem. § 43 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 4 Nr. 2 WEG schon deshalb nach § 20 Abs. 1 FGG i.V.m. § 29 Abs. 4 FGG beschwerdeberechtigt ist, weil deren Erstbeschwerde zurückgewiesen wurde (BGH v. 10.12.1992 - V ZB 3/92, BGHZ 120, 396 = MDR 1993, 1241; BayObLG v. 17.9.1992 - 2Z BR 62/92, WuM 1992, 642 [643]; Kahl in Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, § 20 Rz. 107, m.w.N.), kann offen bleiben. Jedenfalls wird durch die gerichtliche Ungültigerklärung des Beschlusses in ihre Rechtsstellung als Verwalterin eingegriffen, weil ihr Recht zur Ausführung ordnungsgemäßer Beschlüsse gem. § 27 Abs. 1 WEG berührt ist (Merle in Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 45 Rz. 24). Zudem ist die weitere Beteiligte auch dadurch unmittelbar beeinträchtigt, dass die Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses auf formelle Ladungsfehler gestützt ist. Diese sind im Allgemeinen dem Verwalter zurechenbar und können gegen ihn Kostenerstattungsansprüche der Wohnungseigentümer auslösen (vgl. Niedenführ/Schulze, WEG, 6. Aufl., § 47 Rz. 19). Deshalb ist die Berechtigung zur weiteren Beschwerde, wie auch zur Erstbeschwerde, hier nicht zweifelhaft.

2. Das LG hat ausgeführt: Die Bezeichnung des Beschlussgegenstands in der Einladung sei ungenügend gewesen. Ein einfacher Sachverhalt liege nicht vor. Es sei aus der Einladung nicht erkennbar, dass es um eine Kostenbeteiligung geh...

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