Entscheidungsstichwort (Thema)

Geschäftswert in der Wohnungseigentumssache

 

Verfahrensgang

AG München (Aktenzeichen 482 UR II 11/99 WEG)

LG München I (Aktenzeichen 1 T 6143/00)

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 19. Juni 2000 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller und die Antragsgegner sind Wohnungseigentümer einer Wohnanlage mit 165 Wohnungseigentumseinheiten. Der Miteigentumsanteil des Antragstellers beträgt 10,6/1000.

In der Wohnungseigentümerversammlung vom 1.12.1998 wurden Sanierungsmaßnahmen mit einem Volumen von 1,9 Mio. DM sowie die Wiederwahl der Verwalterin beschlossen. Mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 4.1.1999 hat der Antragsteller die Ungültigerklärung der Beschlüsse beantragt. Nach Erholung eines Sachverständigengutachtens hat das Amtsgericht den Antrag abgewiesen und den Geschäftswert auf 2,0 Mio. DM (1,9 Mio. DM + 100 000 DM) festgesetzt.

Mit seiner sofortigen Beschwerde hat der Antragsteller zunächst seinen Antrag aus erster Instanz weiterverfolgt, in der mündlichen Verhandlung aber die Hauptsache für erledigt erklärt. Das Landgericht hat die Beschwerde mit der Begründung zurückgewiesen, daß ein erledigendes Ereignis nicht vorliege. Den Geschäftswert für das Verfahren vor dem Amtsgericht hat das Landgericht in Abänderung des amtsgerichtlichen Beschlusses auf 200 000 DM (175 000 DM + 25 000 DM) und den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren bis zur einseitigen Erledigungserklärung vom 29.5.2000 auf 200 000 DM (175 000 DM + 25 000 DM) und für die Zeit danach auf 47 045 DM festgesetzt. Als Begründung hat es angeführt, die Festsetzung auf 2,0 Mio. DM führe zu einer Kostenbelastung des Antragstellers, die zu seinen im Verfahren verfolgten Interessen nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis stehe. Bei einem Miteigentumsanteil von 10,6/1000 betrage sein Anteil an den geschätzten Sanierungskosten rund 20 000 DM, während sich die Gerichts- und Anwaltsgebühren auf 80 000 DM beliefen. Deshalb sei eine Herabsetzung gemäß § 48 Abs. 3 Satz 2 WEG auf 200 000 DM vorzunehmen. Nach der einseitig gebliebenen Erledigungserklärung bestimme sich der Geschäftswert nach den bis dahin entstandenen Kosten; diese beliefen sich auf 47 045 DM.

Gegen die Festsetzung des Geschäftswerts wendet sich der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegner mit seiner Beschwerde, mit der er eine Festsetzung für beide Instanzen von 859 339,60 DM, hilfsweise mindestens 754 339,60 DM anstrebt.

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig. Gegen die Geschäftswertfestsetzung im Beschwerdeverfahren findet gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1, § 14 Abs. 3 Satz 1 KostO die unbefristete Erstbeschwerde statt (BayObLGZ 1993, 119/121). Dies gilt auch, wenn das Landgericht anläßlich der Geschäftswertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren von Amts wegen eine Änderung des Geschäftswerts des Amtsgerichts vornimmt.

Der Beschwerdeführer ist beschwerdeberechtigt (§ 9 Abs. 2 Satz 1 BRAGO).

2. Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet. Der Senat folgt den Festsetzungen des Landgerichts.

a) Maßgebend für den Wert des Beschwerdeverfahrens ist gemäß § 48 Abs. 3 WEG das Interesse der Beteiligten an der angefochtenen Entscheidung, wobei es bei der Anfechtung von Beschlüssen der Wohnungseigentümer wegen der Rechtskraftwirkung der angestrebten Entscheidung für und gegen alle Beteiligten (§ 45 Abs. 2 Satz 2 WEG) auf die Interessen aller Beteiligten ankommt (§ 43 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 4 Nr. 2 WEG; BayObLGZ 1981, 202/203).

aa) Wird ein Eigentümerbeschluß über eine konkrete Sanierungsmaßnahme angefochten, so ist deren Wert grundsätzlich in voller Höhe anzusetzen (vgl. BayObLGZ 1993, 119/121 m.w.N.). Der Antragsteller erstrebt die Ungültigerklärung des Sanierungsbeschlusses. Das Gesamtvolumen der geplanten Sanierung in Höhe von 1,9 Mio. DM bildet somit den an sich zutreffenden Geschäftswert.

Nach § 48 Abs. 3 Satz 2 WEG ist der Geschäftswert aber niedriger anzusetzen, wenn die Kosten des Verfahrens zu den Interessen eines Beteiligten nicht in einem angemessenen Verhältnis stehen. Im Rahmen dieser Abwägung ist im Einzelfall zu prüfen, ob die Geschäftswertbemessung den Zugang zu den Gerichten unzumutbar erschwert (Bärmann/Pick/Merle WEG 8. Aufl. § 48 Rn. 14). Das ist hier der Fall. Dem enormen Kostenrisiko aus dem an sich gebotenen Geschäftswert von 1,9 Mio. DM (eine Anwaltsgebühr beträgt bereits 8 925 DM) steht ein anteilsmäßiges Interesse des Antragstellers von ca. 20 000 DM gegenüber. Andererseits ist das Interesse der übrigen Wohnungseigentümer, deren Sanierungspläne der Antragsteller verhindern wollte, wenn auch nicht voll, so doch angemessen zu berücksichtigen. Mit dem Landgericht hält der Senat bei Abwägen der vorliegenden Interessen einen Geschäftswert von 175 000 DM für angemessen.

bb) Für die Anfechtung eines Beschlusses, mit dem ein Verwalter bestellt oder dessen Amtszeit verlängert wird, ist als Geschäftswert der Betrag anzusetzen, den der Verwalter für die Zeit seiner Bestellung als Vergütung bezieht (BayObLG WuM 1991, 6...

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