Leitsatz (amtlich)
1. Mit der Anfechtung eines Eigentümerbeschlusses kann ein Antrag auf Feststellung des wirklich gefassten, aber vom Versammlungsleiter nicht festgestellten Beschlussinhalts verbunden werden (hier: Bestellung des zweitplatzierten anstelle des erstplatzierten Bewerbers zum Verwalter). Dies setzt aber voraus, dass, abgesehen von der unrichtigen Feststellung des Abstimmungsergebnisses, sonst alle Erfordernisse eines wirksamen Beschlusses gegeben sind.
2. Die Bestellung zum Verwalter erfordert die einfache Stimmenmehrheit der in der Versammlung anwesenden oder vertretenen Wohnungseigentümer; die relative Stimmenmehrheit genügt auch dann nicht, wenn die Wohnungseigentümer über mehrere Bewerber gleichzeitig abstimmen.
3. Ein unzulässiger Zwischenfeststellungsantrag ist als gewöhnlicher Feststellungsantrag zulässig, wenn ein rechtliches Interesse an alsbaldiger Feststellung des Rechtsverhältnisses besteht.
Normenkette
WEG § 23 Abs. 4, § 26 Abs. 1; ZPO §§ 256, 533
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 30.07.2002; Aktenzeichen 1 T 2386/02) |
AG München (Beschluss vom 29.01.2002; Aktenzeichen 481 UR II 1066/01 WEG) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller werden die Beschlüsse des LG München I vom 30.7.2002 und des AG München vom 29.1.2002 mit Ausnahme der jeweiligen Geschäftswertfestsetzungen abgeändert.
II. Es wird festgestellt, dass bei Übertragung der dem jeweiligen Verwalter der Eigentümergemeinschaft in Teil III § 12 Abs. 3 S. 1 der Teilungserklärung vom 3.11.1983 eingeräumten Vertretungsmacht nicht anwesender und nicht anderweitig vertretener Wohnungs- und Teileigentümer auf einen Unterbevollmächtigten die von diesem im Rahmen dieser Vertretungsmacht abgegebenen Stimmen bei Feststellung des jeweiligen Beschlussergebnisses nur berücksichtigt werden dürfen, wenn der Unterbevollmächtigte für die derart vertretenen Eigentümer mit der Mehrheit der übrigen Eigentümer stimmt oder sich der Stimme enthält.
III. Im Übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde zurückgewiesen.
IV. Von den gerichtlichen Kosten des ersten Rechtszugs haben je samtverbindlich die Antragsteller 2/3 und die Antragsgegner 1/3, von denen der weiteren Instanzen die Antragsteller 3/4 und die Antragsgegner 1/4 zu tragen. Eine außergerichtliche Kostenerstattung findet nicht statt.
V. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 8.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer Wohnanlage, die vor dem 1.1.2002 von der weiteren Beteiligten verwaltet wurde. Nach § 12 Abs. 1 S. 2 der Gemeinschaftsordnung (GO) bestimmt sich die Anzahl der Stimmen in der Eigentümerversammlung nach Miteigentumsanteilen. gem. § 12 Abs. 2 GO kann sich jeder Wohnungseigentümer in der Eigentümerversammlung aufgrund schriftlicher Vollmacht durch seinen Ehegatten, Verwandten ersten Grades, einen Rechtsanwalt, den Verwalter, einen vom Verwalter bestimmten Unterbevollmächtigten oder einen anderen Miteigentümer vertreten lassen; die Vertretung durch sonstige Dritte ist ausgeschlossen. Weiter besagt § 12 Abs. 3 GO, dass die Vertretung der Wohnungseigentümer, die nicht anwesend und nicht anderweitig vertreten sind, vom Verwalter ausgeübt wird und der Verwalter, soweit er aufgrund der ihm so erteilten Vollmacht abstimmt, i.S.d. Mehrheit der Anwesenden bzw. sonst Vertretenen abzustimmen oder sich der Stimme zu enthalten hat. Stimmenthaltungen gelten nicht als Ablehnung (§ 12 Abs. 4 GO).
In der Eigentümerversammlung vom 22.5.2001 beschlossen die Wohnungseigentümer unter Tagesordnungspunkt (TOP) 12 über die Verwalterbestellung und den Abschluss eines Verwaltervertrags ab 1.1.2002. Zur Auswahl standen vier Kandidaten. Von den Wohnungseigentümern waren zu diesem Zeitpunkt 7105,89/10.000 (somit 196) Wohnungseigentümer anwesend oder durch gesonderte Vollmacht vertreten, während sich die Zahl der nach § 12 Abs. 3 GO durch den Verwalter Vertretenen auf 2.894,11/10.000 (= 95) Wohnungseigentümer belief. Vor der Beschlussfassung erteilte die Verwalterin für die von ihr vertretenen Miteigentumsanteile Untervollmacht an ein anwesendes Mitglied des Verwaltungsbeirats. Als Abstimmungsergebnis ist im Protokoll festgehalten:
A (weitere Beteiligte) 182 Stimmen
B 108 Stimmen
C 12 Stimmen
D 1 Stimme
Von den auf die weitere Beteiligte entfallenen Stimmen sind 95 Stimmen solche, die das Mitglied des Verwaltungsbeirats kraft der Untervollmacht der Verwalterin abgegeben hatte. Das Protokoll enthält weiter die Feststellung des Versammlungsleiters, dass damit die weitere Beteiligte zur Verwalterin bestellt worden sei.
Die Antragsteller haben zunächst beantragt, den Beschluss über die Verwalterbestellung für ungültig zu erklären sowie festzustellen, dass B. rechtswirksam zur Verwalterin bestellt worden ist. Hilfsweise haben sie hierzu Berichtigung des Protokolls dahin beantragt, dass B. ab 1.1.2002 zur Verwalterin bestellt wurde. Weiterhin haben sie die Feststellung begehrt, dass das dem jeweiligen Ve...