Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenentscheidung und Festsetzung der Entschädigung der gemeinsamen Vertreter der nicht antragstellenden außenstehenden Aktionäre, des Gegenstandswerts für die anwaltliche Tätigkeit der Antragstellervertreter im Beschwerdeverfahren sowie des Geschäftswerts für beide Instanzen
Leitsatz (amtlich)
1. Die Beschwerderücknahme durch die Vertragsteile des Unternehmensvertrags im Spruchstellenverfahren ist nicht allein deshalb rechtsmißbräuchlich, weil damit unselbständige Anschlußbeschwerden von Aktionären wirkungslos werden.
2. Zur Bemessung von Geschäftswert, Gegenstandswert sowie der Vergütung der Vertreter der außenstehenden Aktionäre im Spruchstellenverfahren.
Normenkette
AktG § 306
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 1 HKO 6730/89) |
Tenor
I. Die Antragsgegnerinnen haben die Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren zu tragen und den Antragstellern die im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Kosten zu erstatten.
II. Die Vergütung der gemeinsamen Vertreter der nicht antragstellenden außenstehenden Aktionäre für den Ausgleich und für die Abfindung wird für das Beschwer de verfahren auf jeweils 60.000,– DM einschließlich gesetzlicher Mehrwertsteuer festgesetzt.
III. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 100 Mio. DM, der des Verfahrens vor dem Landgericht in Abänderung des landgerichtlichen Beschlusses vom 22. April 1999 auf 50 Mio. DM festgesetzt.
IV. Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit im Beschwerdeverfahren wird für die Antragsteller auf jeweils 6.670.000,– DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsteller sind Aktionäre der Antragsgegnerin zu 1, die am 9.12.1989 einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit der Antragsgegnerin zu 2 geschlossen hat. Der Vertrag sah eine jährliche Ausgleichszahlung von 19,50 DM und eine Barabfindung von 500,– DM jeweils je Aktie von nominal 50,– DM vor.
Das Landgericht setzte mit Beschluß vom 22.4.1999 (AG 2000, 89) die Barabfindung auf 567,– DM und den Ausgleich auf 19,80 DM für die Zeit vom 29.6.1989 bis 31.12.1993 sowie auf 21,70 DM danach fest. Den Geschäftswert bestimmte es mit 100 Mio. DM.
Die Antragsgegnerinnen legten gegen den Beschluß am 6.5.1999 sofortige Beschwerde ein. Dieser schlossen sich die Antragsteller zu 2, 3, 4, 6, 8, 10, 12, 13 und 14 nach Ablauf der Beschwerdefrist an. Mit Schriftsatz vom 13.4.2000 nahmen die Antragsgegnerinnen die am 16.2.2000 begründete sofortige Beschwerde zurück; letzteres hält der Antragsteller zu 15 für unzulässig, weil rechtsmißbräuchlich.
Der Antragsteller zu 15 legte gegen die landgerichtliche Entscheidung am 20.8.1999 sofortige Beschwerde ein. Nach Versagung von Wiedereinsetzung durch den Senat (NJW-RR 2000, 772) nahm er diese am 16.5.2000 zurück. Hilfsweise schloß er sich der sofortigen Beschwerde der Antragsgegnerinnen an.
II.
1. Es ist eine Kostenentscheidung zu treffen, da das Beschwerde verfahren mit der Rücknahme der Beschwerden der Antragsgegnerinnen und des Antragstellers zu 15 abgeschlossen ist. Damit sind die zulässigen (BayObLG AG 1996, 127), unselbständigen Anschlußbeschwerden entsprechend § 577 a Satz 2 ZPO wirkungslos geworden (Keidel/Kahl FGG 14. Aufl. § 22 Rn. 7 c).
Die Rücknahme der sofortigen Beschwerde durch die Antragsgegnerinnen war wirksam.
a) Das Gesetz geht von der Zulässigkeit einer derartigen Vorgehensweise aus, wie § 306 Abs. 7 Satz 4 AktG zeigt.
b) Eine Zustimmung der anderen Beteiligten ist hier für eine Beschwerderücknahme nicht notwendig (vgl. BayObLGZ 1967, 286/288; Keidel/Kahl § 19 Rn. 108; Bassenge/Herbst FGG/RPflG 8. Aufl. Einl. vor § 1 FGG Rn. 116; Jansen FGG 2. Aufl. § 21 Rn. 15). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Rechtsgedanken des § 515 Abs. 1 ZPO. Dabei kann dahinstehen, ob diese Vorschrift entsprechend anzuwenden wäre (vgl. BGHZ 124, 305 für den Berufungsverzicht), weil im vorliegenden echten Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit die Interessenlage der Beteiligten mit der von Parteien im Zivilprozeß vergleichbar ist und die vorliegende Beschwerde Aufgaben wahrnimmt, für die im Zivilprozeß Berufung und Revision dienen. Jedenfalls hatte das Beschwerdeverfahren kein mit dem Beginn der mündlichen Verhandlung vergleichbares Verfahrensstadium erreicht, welches einen Anspruch auf Durchführung der Anschlußbeschwerden rechtfertigen würde.
c) Die Rücknahme der Beschwerde durch die Antragsgegnerinnen war auch nicht rechtsmißbräuchlich. Zwar kann die Rücknahme eines Rechtsmittels wie jede Verfahrenshandlung rechtsmißbräuchlich und damit unwirksam sein (vgl. etwa BGHZ 20, 198; 70, 365; BGH MDR 1997, 1164; OVG Lüneburg Nds.Rpfl. 1997, 186/187). Ein derartiger Ausnahmefall liegt aber nicht vor. Vielmehr ist das vorliegende echte Streitverfahren vom Interessengegensatz zwischen Antragsgegner- und Antragstellerseite gekennzeichnet. Deshalb ist die Durchführung der Beschwerde in die Disposition der Beteiligten gestellt. Es gibt zwar gesetzliche Einschränkungen der Wirkungen einer Antragsrücknahme (vgl. § 308 Abs. 3 Sat...