Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Bestimmung des Geschäftswerts eines Spruchverfahrens sind nur die Aktien zu berücksichtigen, die zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Eingliederungsvertrags im Handelsregister der eingegliederten Gesellschaft noch außenstehenden Aktionären gehörten. Vertragliche Abreden, aufgrund derer das Ergebnis des Spruchverfahrens auch für Personen gelten soll, die nicht mehr Aktionäre der Gesellschaft sind, sind für die Festsetzung des Geschäftswerts ohne Bedeutung.

2. Bei der Berechnung des Gegenstandswert für die Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten eines antragstellenden Aktionärs in einem Spruchverfahren ist der Wertanteil, der auf Aktien nicht antragstellender außenstehender Aktionäre entfällt, nicht zu berücksichtigen (Abweichung von BayObLGZ 1991, 84).

 

Normenkette

AktG § 320b; KostO § 31 Abs. 1; BRAGO § 10

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 5 HKO 17688/92)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde wird der Beschluss des LG München I vom 30.11.2001 dahin abgeändert, dass

1. der Geschäftswert für das Verfahren erster Instanz auf 47.000 Euro und

2. der Gegenstandswert für die anwaltliche Vertretung des Antragstellers in erster Instanz auf 7.636 Euro festgesetzt wird.

Soweit der Beschwerdeführer eine Erhöhung von Geschäftswert und Gegenstandswert begehrt, wird die Beschwerde zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren in der Hauptsache wird auf 22.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller war im April 1992 Aktionär der Beteiligten, der X.-AG, deren Grundkapital von 858 Mio. DM zu 99,98 % von der Antragsgegnerin, einer Holding-AG, gehalten wurde. In der Hauptversammlung der X.-AG vom Jahr 1992 wurde deren Eingliederung in die Antragsgegnerin beschlossen. Die Hauptversammlung der Antragsgegnerin stimmte am 27.5.1992 zu. Die Eingliederung wurde am 6.7.1992 im Handelsregister eingetragen und am 20.7.1992 bekannt gemacht.

Im Eingliederungsbeschluss ist u.a. bestimmt, dass jeder ausscheidende Aktionär der X.-AG nach seiner Wahl als Abfindung erhalte

  • entweder eine Abfindung in Aktien der Antragsgegnerin, und zwar für den Übergang von je 20 Namensaktien der X.-AG im Nennbetrag von 50 DM auf die Antragsgegnerin je 1 Namensaktie der Antragsgegnerin im Nennbetrag von 1.000 DM, oder
  • eine Barabfindung, und zwar für den Übergang von je 1 Namensaktie der X.-AG im Nennbetrag von 50 DM auf die Antragsgegnerin einen Barbetrag i.H.v. 150 DM.

Zwei Aktionäre, der Antragsteller und A., beantragten mit dem am 11.9.1992 beim LG eingegangenen Schriftsatz die Durchführung eines Spruchverfahrens. A. nahm den Antrag im Termin der mündlichen Verhandlung vom 19.3.1998 vor dem LG zurück.

Mit Beschluss vom 7.1.1999 setzte das LG als angemessene Abfindung für das Ausscheiden des Antragstellers aus der Beteiligten fest, dass ihm je 16,3 Stück Namensaktien der Beteiligten im Betrag von 50 DM jeweils eine Namensaktie der Antragsgegnerin im Betrag von 1.000 DM zu gewähren sei.

Ferner setzte es den „Gegenstandswert” für das Verfahren in erster Instanz auf 535.000 DM, den „Geschäftswert für die anwaltliche Vertretung” des Antragstellers in erster Instanz auf 86.000 DM fest.

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers bestimmte der Senat mit Beschluss vom 20.3.2000, dass die Antragsgegnerin für das Ausscheiden des Antragstellers aus der Beteiligten für je eine Namensaktie der Beteiligten im Nennwert von 50 DM einen Barbetrag von 152,38 DM nebst 5 % Zinsen seit 20.7.1992 zu zahlen oder für je 15 Namensaktien der Beteiligten im Nennwert von 50 DM je eine Namensaktie der Antragsgegnerin im Nennwert von 1.000 DM zu gewähren hat.

Auf den Antrag des Antragstellers vom 8.4.2000, den Geschäftswert des Verfahrens für die erste Instanz abzuändern, hat das LG am 30.11.2000 den „Gegenstandswert für das Verfahren erster Instanz” auf 500.000 DM (Ziff. I des Tenors) und den „Geschäftswert für die anwaltliche Vertretung des Antragstellers in erster Instanz” auf 81.000 DM festgesetzt.

Hiergegen hat der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers „sofortige Beschwerde” eingelegt, mit der er die Erhöhung des Geschäftswerts des Verfahrens und des Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit erster Instanz anstrebt. Er beantragt ferner die Festsetzung des Geschäftswerts des Verfahrens für die Beschwerdeinstanz.

II. Die zulässigen Rechtsmittel führen zu einer Herabsetzung von Geschäftswert und Gegenstandswert erster Instanz.

1. Das LG hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

Maßgebend für die Bestimmung des Geschäftswerts des Verfahrens erster Instanz sei die angestrebte Erhöhung der Barabfindung bzw. des Umtauschverhältnisses. Der Antragsteller sei von einem Unternehmenswert der X.-AG von mindestens 4,2 Mrd. DM ausgegangen. Hieraus wurde sich ein von 20 : 1 auf 9 : 1 verbessertes Umtauschverhältnis ergeben. Weiter seien sämtliche Anteile der Minderheitsaktionäre, die am Tage der Eintragung (6.7.1992) des Eingliederungsbeschlusses im Aktienbuch der X.-AG eingetragen gewesen seien, aber auch nur diese zu berücksichtigen. Denn nur...

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