Leitsatz (amtlich)
Bei der Berechnung des Gegenstandswertes für die Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten eines antragstellenden Aktionärs in einem Spruchverfahren nach dem Recht vor dem In-Kraft-Treten des Spruchverfahrensgesetzes ist der Wertanteil, der auf Aktien nichtantragstellender außenstehender Aktionäre entfällt, auch dann nicht zu berücksichtigen, wenn die Zahl der vom Antragsteller gehaltenen Aktien ebenso wie die Gesamtzahl der von den nichtantragstellenden außenstehenden Aktionären gehaltenen Aktien nicht bekannt ist. Im Zweifel ist eine Schätzung durchzuführen, die mangels weiterer sachlicher Anhaltspunkte auch darin bestehen kann, den Geschäftswert im Verhältnis 1:1 antragstellenden und nichtantragstellenden Aktionären zuzurechnen.
Verfahrensgang
LG Bayreuth (Aktenzeichen 13 KH O 111/90) |
Tenor
I. Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit für den Antragsteller zu 4) im Beschwerdeverfahren wird auf 1.208.694 Euro festgesetzt.
II. Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit für die Antragstellerin zu 6) und den Antragsteller zu 7 im Beschwerdeverfahren wird auf jeweils 132.789,81 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragsteller haben sich in vorliegender Sache an einem aktienrechtlichen Spruchverfahren beteiligt, das nach sofortiger Beschwerde mehrerer Beteiligter durch Senatsbeschluss vom 29.9.1998 in der Hauptsache rechtskräftig abgeschlossen werden konnte. Mit Beschluss vom 10.12.1998 hat der Senat den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren, an dem sich die Antragsteller zu 1) bis 4) und 6) bis 9) beteiligt haben, auf 6 Mio. DM festgesetzt. Mit Schriftsatz vom 28.10.2003 hat der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin zu 6) und Antragsteller zu 7) die Festsetzung eines gesonderten Gegenstandswertes für das Beschwerdeverfahren beantragt. Mit Schriftsatz vom 20.11.2003 hat der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers zu 4) die Festsetzung eines gesonderten Gegenstandswertes für den von ihm vertretenen Antragsteller beantragt.
II. 1. Im aktienrechtlichen Spruchverfahren nach dem bis zum In-Kraft-Treten des Spruchverfahrensgesetzes geltenden Recht ist der Geschäftswert gem. § 306 Abs. 7 S. 5 AktG a.F. von Amts wegen festzusetzen. Diese Wertfestsetzung ist grundsätzlich zwar auch für die Anwaltsgebühren maßgebend (vgl. §§ 8 Abs. 1 S. 1, 9 Abs. 1 BRAGO). Dieser Grundsatz gilt jedoch nur insoweit, als sich der Gegenstand der gerichtlichen Tätigkeit mit dem der anwaltlichen Tätigkeit deckt. Fehlt es an einer solchen Übereinstimmung, setzt das Gericht des jeweiligen Rechtszuges den Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbständig fest (§ 10 Abs. 1 und 2) BRAGO).
Der Senat geht seit seiner Entscheidung vom 7.2.1991 (BayObLG v. 7.2.1991 – BReg. 3 Z 5/91, BayObLGZ 1991, 84 = AG 1991, 239) in st. Rspr. davon aus, dass in Spruchverfahren regelmäßig für jeden Antragsteller ein gesonderter Gegenstandswert festzusetzen ist. Dies entspricht i.Ü. auch der ganz überwiegenden Rspr. (vgl. BGH v. 4.3.1998 – II ZB 5/97, AG 1998, 286 = DB 1999, 272 und v. 3.5.1999 – II ZB 5/97, NJW-RR 1999, 1191; OLG Düsseldorf v. 12.5.1999 – 12 W 3/93, AG 2000, 77, m.w.N.; OLG Hamburg v. 3.8.2000 – 11 W 36/95, AG 2001, 479 [482]; OLG Zweibrücken v. 9.3.1995 – 3 W 133/92, 3 W 145/92, AG 1995, 421 [423]) und der h.M. in der Lit. (vgl. Hüffer, AktG, 5. Aufl., § 306 Rz. 23). Mit Beschluss vom 26.6.2002 (BayObLGZ 2002, 169 [175]) hat der Senat seine Rspr. dahin präzisiert, dass für die Berechnung des Wertes der Tätigkeit des Verfahrensbevollmächtigten eines Antragstellers der Teil des Geschäftswertes, der auf Aktien nichtantragstellender außenstehender Aktionäre entfällt, nicht in die Berechnung miteinbezogen werden kann. Für den Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit ist vielmehr im Grundsatz der Bruchteil des Geschäftswertes anzusetzen, der dem Verhältnis des Aktienbesitzes des Antragstellers zum Gesamtbestand der Aktien außenstehender Aktionäre entspricht. An dieser Auffassung hält der Senat weiter fest.
2. Damit errechnet sich der Gegenstandswert für den Antragsteller zu 4) wie folgt:
a) Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren ist vom Senat auf 6 Mio. DM festgesetzt worden. Im Festsetzungsbeschluss vom 10.12.1998 wurde berücksichtigt, dass beide ehemalige Antragsgegnerinnen mittlerweile in Konkurs gefallen sind. Der Senat hat dieser Tatsache aber i.E. keine Bedeutung beigemessen; die Konkurseröffnung wirke sich erst dann aus, wenn zu entscheiden sei, ob es sich bei etwaigen Gebührenforderungen um Masseschulden oder um Konkursforderungen handele (vgl. dazu ferner BayObLG, Beschl. v. 29.5.2002 – 3Z BR 42/02, 3Z BR 44/02). Soweit der Entscheidung des Senats vom 18.7.1978 (BayObLG, Beschl. v. 18.7.1978, BayObLGZ 1978, 209 [214]) anderes entnommen werden könne, werde hieran nicht mehr festgehalten. Von diesen Grundsätzen ist auch bei der Berechnung des Gegenstandswertes auszugehen; eine „Abwertung” nach Maßgabe der zu erwartenden Konkursquote findet nicht statt.
b) Die Zahl der von...