Leitsatz (amtlich)
Eine Grunddienstbarkeit, nach der der jeweilige Eigentümer des dienenden Grundstücks entschädigungslos alle Einwirkungen aus dem Betrieb der auf dem herrschenden Grundstück errichteten und betriebenen baulichen und sonstigen, insb. immissionsrechtlich genehmigungspflichtigen Anlagen duldet, auch wenn sich diese Einwirkungen künftig ihrem Umfang nach oder durch eine Änderung des Betriebs und der hierbei angewandten Verfahren ändern, kann zulässiger Inhalt einer Eintragung im Grundbuch sein. Ein umfassender Verzicht auf die Ausübung von Rechten wahrt den Bestimmtheitsgrundsatz.
Verfahrensgang
LG Traunstein (Beschluss vom 01.10.2003; Aktenzeichen 4 T 1378/03) |
Tenor
I. Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des LG Traunstein vom 1.10.2003 aufgehoben und die Beschwerde gegen den Beschluss des AG - Grundbuchamt - Rosenheim vom 27.3.2003 zurückgewiesen.
II. Der Beteiligte zu 1) hat der Beteiligten zu 2) die im Verfahren der Beschwerde und der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 1) ist Eigentümer eines Grundstücks. In der zweiten Abteilung ist für den jeweiligen Eigentümer von Grundstücken, die der Beteiligten zu 2) gehören, die darauf ein Chemiewerk unterhält, eine Grunddienstbarkeit eingetragen. In den notariellen Bewilligungsurkunden vom 2.3. und 17.5.2001, die durch Bezugnahme zum Inhalt des Grundbuchs wurden, wird der Inhalt des Rechts wie folgt beschrieben:
Der jeweilige Eigentümer des dienenden Grundstückes duldet entschädigungslos alle Einwirkungen aus dem Betrieb der auf den herrschenden Grundstücken errichteten und betriebenen baulichen und sonstigen, insb. immissionsrechtlich genehmigungspflichtigen Anlagen, insb. durch Lärm, Staub, Erschütterungen, auch wenn sich diese Einwirkungen künftig ihrem Umfang nach oder durch eine Änderung des Betriebs und der hierbei angewandten Verfahren ändern, umfassend auch den Verzicht auf Ersatzansprüche wegen der durch die Grunddienstbarkeit auferlegten Duldung.
Der Beteiligte zu 1) hat verlangt, die eingetragene Grunddienstbarkeit wegen nicht hinreichender Bestimmtheit von Amts wegen zu löschen. Das AG - Grundbuchamt - hat dem am 27.3.2003 nicht entsprochen. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1) hat das LG mit Beschluss vom 1.10.2003 das Grundbuchamt angewiesen, die Grunddienstbarkeit im Grundbuch zu löschen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2).
II. Das zulässige Rechtsmittel ist erfolgreich; es führt zur Aufhebung des Beschlusses des LG, weil sich die Eintragung des Rechts nach ihrem Inhalt nicht als un zulässig erweist und die Voraussetzungen einer Löschung von Amts wegen nach § 53 Abs. 1 S. 2 GBO somit nicht vorliegen.
1. Das LG hat ausgeführt:
Die Beschwerde sei begründet, weil die Eintragung un zulässig sei. Grundsätzlich bildeten Immissionsdienstbarkeiten ein inhaltlich eintragungsfähiges Recht, weil die daraus bestehende Verpflichtung den Ausschluss bestimmter aus dem Eigentum fließender Rechte i.S.v. § 1118 BGB beinhalte. Die eingetragene Grunddienstbarkeit sei jedoch deswegen un zulässig, weil sie nicht genügend bestimmt sei und der Publizität des Grundbuchs nicht gerecht werde. Eintragungen müssten so klar und eindeutig sein, dass sich jedermann rasch und zuverlässig über den Inhaber, die Art, den Umfang und die Wirkungen eines eingetragenen Rechts unterrichten könne.
Nach der Eintragung sollten alle Einwirkungen zu dulden sein, die von den Anlagen auf den herrschenden Grundstücken ausgingen. Dies sei zwar hinreichend bestimmt. Darüber hinaus sei es aber auch notwendig, dass jedermann eine konkrete Vorstellung von Inhalt und Bedeutung des eingetragenen Rechts entwickeln könne. Hinsichtlich der Art der Einwirkungen bestehe keine Einschränkung, ebenso wenig sei die Art des emittierenden Objekts konkret beschrieben. Es seien auch zukünftig zu errichtende Anlagen beliebiger Art erfasst. Schließlich sei die Art der zu erwartenden Einwirkungen nicht näher umrissen. Der Umfang des Rechts lasse sich auch nicht durch eine Auslegung der Eintragungsbewilligung ermitteln. Offensichtliche Umstände für die Annahme, die Beteiligten wollten lediglich eine Duldungsverpflichtung hinsichtlich immissionsrechtlich genehmigter Anlagen vereinbaren, beständen nicht. Ein Störfall, wie ihn die Beteiligten schuldrechtlich ausgenommen hätten, liege nicht schon dann vor, wenn die Anlage im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften betrieben werde. Eine Beschränkung der Duldung auf genehmigte oder genehmigungsfähige Anlagen lasse sich der Regelung nicht hinreichend entnehmen. Schließlich sei die Regelung auch deswegen nicht ausreichend bestimmt, weil sie ohne weitere Konkretisierung eine Duldungsverpflichtung bei jeder Änderung des Betriebs und der hierbei angewandten Verfahren vorsehe. Schließlich komme auch eine Umdeutung auf einen noch zulässigen Inhalt entsprechend § 140 BGB nicht in Betracht.
2. Die Entscheidung des LG hält der rechtliche...