Leitsatz (amtlich)
Mit Vollzug der Amtshandlung, auf die sich die so genannte Zweifelsvorlage des Standesbeamten bezieht, entfällt – auch in der Beschwerdeinstanz – die Voraussetzung für eine gerichtliche Sachentscheidung.
Normenkette
PStG § 45 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 16.01.2003; Aktenzeichen 13 T 3104/00) |
AG Nürnberg (Aktenzeichen UR III 42/00) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3) wird der Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 16.1.2003 aufgehoben.
II. Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 3) gegen den Beschluss des AG Nürnberg vom 10.3.2000 wird als unzulässig verworfen.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1) und 2) sind in Deutschland lebende irakische Staatsangehörige. Die Beteiligte zu 1) ist als Flüchtling anerkannt. Der Beteiligte zu 2) hat keinen Flüchtlingsstatus, sondern ist lediglich im Besitz eines deutschen Ausweisersatzes mit Aufenthaltsbefugnis. Die Beteiligten geben an, miteinander verheiratet zu sein. Die von ihnen vorgelegte irakische Heiratsurkunde von 1987 hat der Standesbeamte nicht als Nachweis einer wirksamen Eheschließung anerkannt. Die Beteiligten zu 1) und 2) haben zwei im Irak geborene Kinder. Ein drittes Kind wurde am 20.12.1999 in Nürnberg geboren.
Der Standesbeamte hat die Beurkundung der Geburt des dritten Kindes zunächst zurückgestellt. Er hat mit Vorlage vom 10.2.2000 dem AG folgende Fragen gestellt:
1. Aus welchen Dokumenten ergibt sich die korrekte und vollständige Namensführung aller Beteiligten?
2. Ist die Eintragung der Namensführung in den Reiseausweisen der Mutter und der Kinder und in der Aufenthaltsgestattung des Vaters durch die Meldebehörde mit einer Angleichungserklärung vergleichbar und dies für den unterzeichnenden Standesbeamten bindend?
Mit Beschluss vom 10.3.2000 entschied das AG, dass sich die korrekte und vollständige Namensführung der Beteiligten nicht aus den deutschen Reiseausweisen ergebe und eine Angleichungserklärung weiterhin möglich sei.
Gegen diesen Beschluss legte die Standesamtsaufsicht (Beteiligte zu 3)) sofortige Beschwerde ein, da es sich um eine Problematik handele, die über den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung habe. Sie beantragte zu erkennen:
1. Die korrekte und vollständige Namensführung ergibt sich nicht aus den deutschen Reiseausweisen bzw. dem Ausweisersatz.
2. Für die Abgabe einer Angleichungserklärung ist kein deutsches Personalstatut erforderlich.
3. Das Wegfallen von Namen ist im Wege der Angleichung zulässig.
4. Die Angleichungserklärungen können entweder bei einem Notar oder bei dem Standesbeamten abgegeben werden.
5. Im anstehenden Fall kann die Mutter den Namen O. ablegen und den Vornamen S. sowie den Familiennamen A. führen. Der Vater kann den Namen L. und den Familiennamen M. erklären, der Name Ab. könnte abgelegt werden.
Mit Beschluss vom 16.1.2003 wies das LG Nürnberg-Fürth die sofortige Beschwerde zurück. Gegen diesen Beschluss legte die Beteiligte zu 3) sofortige weitere Beschwerde ein mit dem Ziel, eine obergerichtliche Klärung herbeizuführen und die Entscheidung des LG zu bestätigen. Zugleich legte sie eine beglaubigte Ablichtung aus dem Geburtenbuch vor. Daraus ergibt sich, dass die Geburt des Kindes am 21.7.2000 beurkundet und am 28.9.2000 ein Randvermerk betreffend die Eigennamen des Vaters eingetragen worden war.
II. Das Rechtsmittel ist zulässig (§§ 48, 49 PStG, § 29 FGG). Als Aufsichtsbehörde des Standesbeamten kann die Beteiligte zu 3) Rechtsmittel ohne Rücksicht darauf einlegen, ob sie beschwert ist (§ 49 Abs. 2 PStG). Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der landgerichtlichen Entscheidung und zur Verwerfung der Erstbeschwerde der Beteiligten zu 3) als unzulässig.
1. Nach § 45 Abs. 2 S. 1 PStG kann der Standesbeamte in Zweifelsfällen von sich aus die Entscheidung des AG darüber herbeiführen, ob eine Amtshandlung vorzunehmen ist. Mit der Vorlage muss ein zulässiges Verfahrensziel, nämlich die Anordnung oder Ablehnung einer konkreten – noch nicht vollzogenen – Amtshandlung, erstrebt werden. Die Vorlage dient nicht der Klärung abstrakter, vom Fall losgelöster Rechtsfragen (vgl. BayObLG StAZ 1998, 284; Hepting/Gaaz, PStG, § 45 Rz. 54, 67). Es reicht auch nicht aus, dass irgendein Bezug zur Bearbeitung eines konkreten Vorgangs besteht oder bestanden hat. Die den Verfahrensgegenstand bildende Zweifelsfrage des Standesbeamten muss eine bestimmte, konkret zu benennende Amtshandlung betreffen, und ihre Beantwortung muss zur Entscheidung darüber, ob diese Amtshandlung vorzunehmen ist, erforderlich sein. Daran fehlt es, wenn eine Entscheidung über die Amtshandlung nicht mehr zu treffen ist, weil sie bereits vollzogen ist oder sich aus sonstigen Gründen erledigt hat. Eine im Laufe des gerichtlichen Verfahrens eintretende Erledigung lässt die Voraussetzung für eine Sachentscheidung entfallen; die Vorlage wird unzulässig (vgl. BayObLG StAZ 1976, 135; Hepting/Gaaz, PStG, § 45 Rz. 68).
2. Nach diesen Grundsätzen hätte eine Sachentscheidung des LG nicht mehr ergehen dürfen; den...