Leitsatz (amtlich)

Nach Rücknahme einer sofortigen Beschwerde kann diese Erklärung nur widerrufen werden, wenn ein Restitutionsgrund vorliegt. Die Vorschriften der §§ 580 und 581 ZPO sind entspr. heranzuziehen.

 

Normenkette

FGG § 18; ZPO § 580 Nr. 5, § 581 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 20.05.2003; Aktenzeichen 13 T 614/03)

AG München (Aktenzeichen 706 XVII 6442/02)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG München I vom 20.5.2003 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Entscheidungsformel wie folgt gefasst wird:

Es wird festgestellt, dass das durch Schreiben des Betroffenen vom 20.12.2002 eingeleitete Beschwerdeverfahren gegen den Beschluss des AG vom 19.12.2002 durch Rücknahme beendet ist.

II. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird abgewiesen.

 

Gründe

I. Zur Prüfung, ob für den Betroffenen die Bestellung eines Betreuers erforderlich sei, ordnete das AG durch den Richter am 18.12.2002 eine Untersuchung des Betroffenen durch einen sachverständigen Arzt in einem Bezirkskrankenhaus an. Noch am gleichen Tag wurde der Betroffene in die geschlossene Abteilung eines Bezirkskrankenhauses aufgenommen. Nach richterlicher Anhörung am 19.12.2002 ordnete das AG durch Richter B. die vorläufige Unterbringung des Betroffenen bis längstens 16.1.2003 an und bestellte ihm einen Verfahrenspfleger. Eine Betreuerin wurde für ihn erst am 3.2.2003 bestellt; das Betreuungsverfahren ist zwischenzeitlich eingestellt worden. Der Betroffene legte am 20.12.2002 sofortige Beschwerde gegen den Unterbringungsbeschluss ein, die er mit Schreiben vom 13.1.2003 wieder zurücknahm. Am 5.2.2003 machte der Betroffene die Unwirksamkeit seiner Rücknahmeerklärung geltend; er behauptete, er sei vom zuständigen Amtsrichter unter Druck gesetzt und zur Rücknahme der Beschwerde gezwungen worden. Außerdem beantragte er beim Beschwerdegericht, über einen von ihm gegen den Amtsrichter am 30.10.2002 gestellten Strafantrag zu entscheiden.

Das LG hat das Schreiben des Betroffenen vom 5.2.2003 als Widerruf der Rücknahme der zunächst eingelegten sofortigen Beschwerde ausgelegt und den Antrag des Betroffenen auf Wiederaufnahme des Beschwerdeverfahrens sowie die erneute Beschwerde gegen den Unterbringungsbeschluss verworfen. In den Gründen hat es darauf hingewiesen, dass für die Führung von Strafverfahren beim Beschwerdegericht keine Zuständigkeit bestehe.

Mit seiner sofortigen weiteren Beschwerde will der Betroffene die Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses erreichen. Er beantragt, ihm für die Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu bewilligen. Außerdem lehnt er wegen der langsamen Bearbeitung der Angelegenheit den Vorsitzenden der Beschwerdekammer wegen Befangenheit ab. Eine Entscheidung über den Befangenheitsantrag ist bisher nicht ergangen.

II. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig (§§ 22 Abs. 1, 27 Abs. 1 FGG), in der Sache hat sie keinen Erfolg.

1. Das LG hat seine Entscheidung folgendermaßen begründet:

Der Widerruf der Rücknahme einer sofortigen Beschwerde sei nur dann zulässig, wenn Wiederaufnahmegründe vorliegen würden, wie etwa eine Nötigung durch einen Richter. Eine solche Straftat könne allerdings nur dann die Grundlage für die Fortsetzung des Verfahrens bilden, wenn der betreffende Richter entspr. § 581 ZPO wegen der behaupteten Straftat rechtskräftig verurteilt sei. Dies sei hier nicht der Fall. Selbst wenn man aber wegen des Amtscharakters des Unterbringungsverfahrens die Grenzen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu Gunsten des Betroffenen weiter ziehen wollte, ergebe sich nichts anderes. Denn derjenige, der seine Verfahrenshandlung anfechten wolle, trage die Feststellungslast dafür, dass es tatsächlich zu der behaupteten Nötigungshandlung gekommen sei. Diesen Beweis habe der Betroffene nicht führen können. Eine Anhörung sei nicht erforderlich, weil sich bereits aus den bei den Akten befindlichen schriftlichen Unterlagen entnehmen lasse, dass zwar der Betroffene und Amtsrichter unterschiedliche Standpunkte zu der Frage einnehmen würden. Aus den Akten hätten sich aber keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Amtsrichter tatsächlich eine Straftat begangen habe. Daher sei die erneut eingelegte sofortige Beschwerde unzulässig, da sie weit außer der gesetzlichen Frist von zwei Wochen für die Rechtsmitteleinlegung eingelegt worden sei.

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung weitgehend stand (§ 27 Abs. 1 FGG; § 546 ZPO).

a) Zutreffend hat das LG das Schreiben des Betroffenen vom 5.2.2003 als Widerruf der am 13.1.2003 erklärten Rücknahme der sofortigen Beschwerde ausgelegt. Grundsätzlich sind Anfechtung und Widerruf von Verfahrenshandlungen nicht statthaft (Keidel/Zimmermann, FGG 15. Aufl., § 11 Rz. 34; Bassenge/Herbst/Roth, FGG, RPflG, 9. Aufl., Einl. FGG Rz. 83), weil Rechtssicherheit und Rechtsklarheit über die Wirksamkeit von Verfahrenshandlungen bestehen müssen. A...

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