Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache. Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses

 

Leitsatz (amtlich)

Die Bezeichnung eines aus mehreren Räumen bestehenden Teileigentums als „nicht zu Wohnzwecken dienende Hobbyräume nebst Diele” ist eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter. Wird das Teileigentum als Rechtsanwaltskanzlei büromäßig genutzt und ein Unterlassungsantrag rechtskräftig wegen Verwirkung abgewiesen, ist über eine Nutzung als Hobbyräume hinaus auch eine büromäßige Nutzung hinzunehmen sowie eine sonstige Nutzung, die nicht mehr stört oder beeinträchtigt.

 

Normenkette

WEG § 10 Abs. 1 S. 2, § 15 Abs. 3, § 45 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG München (Aktenzeichen 483 UR II 702/00)

LG München I (Aktenzeichen 1 T 24276/00)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 2. April 2001 wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer 1975 errichteten Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird. Dem Antragsteller gehört unter anderem das Teileigentum Nr. 13, das in der Teilungserklärung wie folgt beschrieben ist:

Sondereigentum an den im Kellergeschoß gelegenen nicht Wohnzwecken dienenden 5 Hobbyräumen nebst Diele.

Die Räume waren in der Vergangenheit vermietet und wurden als Rechtsanwaltskanzlei genutzt. Seit 1.6.2000 betreibt eine Goldschmiedin in einigen Hobbyräumen ihr Gewerbe.

Ein von den Wohnungseigentümern gegen den Antragsteller gerichteter Antrag, ihm die nicht genehmigte gewerbliche Nutzung seines Teileigentums Nr. 13 zu untersagen, wurde durch rechtskräftigen Beschluß des Wohnungseigentumsgerichts vom 4.10.1996 mit der Begründung abgewiesen, ein Anspruch auf Unterlassung der gewerblichen Nutzung des Teileigentums in Form einer Rechtsanwaltskanzlei sei verwirkt.

Am 11.7.2000 beschlossen die Wohnungseigentümer, „gegen die derzeitige Nutzung der Hobbyräume durch die Mieterin … vorzugehen, soweit sie den Rahmen des Gerichtsbeschlusses vom 4.10.1996 übersteigt”.

Der Antragsteller hat beantragt, diesen Eigentümerbeschluß für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat den Antrag am 4.12.2000 abgewiesen. Das Landgericht hat durch Beschluß vom 2.4.2001 die sofortige Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen. Dagegen richtet sich dessen sofortige weitere Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Mit dem Eigentümerbeschluß verfolgten die Wohnungseigentümer das Ziel, daß eine Nutzung entsprechend dem Gerichtsbeschluß von 1996, die sie hinnehmen müßten, nicht ausgeweitet werde. Hinzunehmen hätten sie aufgrund der Gerichtsentscheidung eine büromäßige Nutzung der Hobbyräume. Eine solche Nutzung unterscheide sich aber deutlich von einer Nutzung als Ladenlokal. Die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob sich die derzeitige Nutzung hinsichtlich der von ihr ausgehenden Beeinträchtigungen noch im Rahmen einer büromäßigen Nutzung halte, brauche nicht entschieden zu werden. Weil die Frage streitig sei, hätten die Wohnungseigentümer ein anerkennenswertes Interesse daran, der Bildung eines weiteren Verwirkungstatbestands entgegenzutreten. Eine uneingeschränkte gewerbliche Nutzung sei nach der Teilungserklärung nicht zulässig.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Zu Recht hat das Landgericht den angefochtenen Eigentümerbeschluß als ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechend (§ 21 Abs. 3, 4 WEG) angesehen.

a) Die Bezeichnung des Teileigentums Nr. 13 in der Teilungserklärung als „nicht Wohnzwecken dienende 5 Hobbyräume nebst Diele” stellt eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter im Sinn des § 10 Abs. 1 Satz 2, § 15 Abs. 1 WEG dar. Zulässig ist damit aber auch eine andere Nutzung der Räume, sofern sie nicht mehr stört und beeinträchtigt als eine Nutzung als Hobbyräume. Wird das Teileigentum nach diesen Grundsätzen zweckbestimmungswidrig genutzt, kann jeder andere Wohnungs- oder Teileigentümer die Unterlassung dieser Nutzung gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, § 15 Abs. 3 WEG verlangen (allg. Meinung und ständige Rechtsprechung des Senats, z. B. BayObLG NZM 2000, 288 f.).

Allerdings darf das Teileigentum Nr. 13 darüber hinaus auch so genutzt werden, wie es im Rahmen der früheren Vermietung als Rechtsanwaltskanzlei, also zu Bürozwecken, genutzt wurde. Dies ergibt sich aus der Rechtskraft des Gerichtsbeschlusses vom 4.10.1996. Die rechtskräftige Entscheidung bindet gemäß § 45 Abs. 2 Satz 2 WEG alle Wohnungseigentümer als an dem Verfahren materiell Beteiligte (§ 43 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Nr. 1 WEG). Durch die rechtskräftige Abweisung des Antrags auf Unterlassung der seinerzeitigen Nutzung ist rechtskräftig festgestellt, daß die Nutzung, die unterlassen werden sollte, gestattet ist (BayObLGZ 2001, 99/103 m.w. Nachw.; vgl. OLG D...

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