Leitsatz (amtlich)
1. Das erweiterte Auskunftsrecht des Aktionärs nach § 131 Abs. 4 AktG ist nicht auf Auskünfte beschränkt, die in dem der Hauptversammlung vorausgehenden Geschäftsjahr gegeben wurden. Es bezieht sich auch auf Auskünfte, die außerhalb der Hauptversammlung einem Großaktionär erteilt wurden.
2. Ein Aktionär kann nicht verlangen, dass der Vorstand die Richtigkeit der von ihm erteilten Auskunft an Eides statt versichert.
Normenkette
AktG § 131; BGB § 260
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 5 HKO 12264/01) |
Tenor
I. Der Beschluss des LG München I vom 26.10.2001 wird unter Aufhebung seiner Kostenentscheidung dahin abgeändert, dass der Vorstand der Antragsgegnerin folgende Frage des Antragstellers zu beantworten hat:
„Welche Informationen und sonstige Auskünfte hat der Vorstand an den Großaktionär … im Kalenderjahr 1999 erteilt bzw. gegeben, die für die Bewertung der A.-AG von Bedeutung sein konnten oder können?”
II. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
III. Die Gerichtskosten beider Instanzen tragen der Antragsteller zu 2/5, die Antragsgegnerin zu 3/5.
IV. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.000 DM festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller ist Aktionär der A.-AG (Antragsgegnerin). Er verlangt Auskunft auf eine Frage, die der Vorstand der A.-AG in der Hauptversammlung vom 28.6.2001 nicht beantwortet habe. Nach der Niederschrift des amtierenden Notars hatte der Antragsteller in der Hauptversammlung gefragt, welche Informationen und sonstigen Auskünfte der Vorstand der A.-AG an den Großaktionär, die B.-Bank, in den Kalenderjahren 1999, 2000 und bisher in 2001 erteilt bzw. gegeben habe, die für die Bewertung der A.-AG von Bedeutung sein könnten. Der Vorstand beantwortete die Frage dahin gehend, dass im Jahr 2001 bisher keine Informationen gegeben worden seien und er über die Vorjahre, da er noch nicht Vorstand gewesen sei, keine Auskunft geben könne. Mit der Begründung, ihm sei die Auskunft verweigert worden, legte der Aktionär Widerspruch zur Niederschrift des Notars ein.
Mit dem bei Gericht am 9.7.2001 eingegangenen Antrag hat der Antragsteller verlangt, dahin gehend zu entscheiden, dass der Vorstand verpflichtet sei,
1. auch bezüglich der Kalenderjahre 1999 und 2000 die von ihm in der Hauptversammlung am 28.6.2001 gestellten Fragen zu beantworten,
2. zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er die gem. Ziff. 1 zu gebenden Antworten nach bestem Wissen so vollständig erklärt habe, als er dazu imstande sei.
Im Termin vom 25.10.2001 vor dem LG erklärte der Antragsteller, nachdem der Vorstand angegeben hatte, dass im Jahre 2000 keine Auskünfte erteilt worden seien, seinen Antrag hinsichtlich dieses Jahres für erledigt, hielt seinen Antrag für das Jahr 1999 aufrecht und stellte weiter den Antrag gem. Ziff. 2 der Antragsschrift vom 9.7.2001.
Das LG hat am 26.10.2001 festgestellt, der Rechtsstreit sei, soweit Auskunft über Vorgänge im Jahre 2000 begehrt würden, erledigt, i.Ü. hat es den Antrag zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde hat es zugelassen.
Gegen den landgerichtlichen Beschluss wendet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers, mit der er seine in erster Instanz zuletzt gestellten Anträge weiterverfolgt. Die Antragsgegnerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
II. Die sofortige Beschwerde ist in vollem Umfang zulässig.
Die gem. § 132 Abs. 3 S. 2 AktG beschlossene Zulassung bezieht sich auf alle vom Antragsteller noch geltend gemachten Ansprüche. Zwar kann das LG die Zulassung der sofortigen Beschwerde auf einzelne abgrenzbare Teile des Verfahrensgegenstandes beschränken. Diese Beschränkung muss aber zweifelsfrei und eindeutig ausgesprochen sein (Großkommentar/Decher, AktG, 4. Aufl., § 132 Rz. 47). Dies ist hier nicht der Fall. Das LG hat die sofortige Beschwerde im Tenor seiner Entscheidung ohne Einschränkung zugelassen. Es hat zwar in den Gründen zur Zulassung der sofortigen Beschwerde ausgeführt, dass die Frage nach der Statthaftigkeit eines Antrags auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung im aktienrechtlichen Informationsverfahren obergerichtlich nicht geklärt sei. Daraus kann aber ohne weitere Anhaltspunkte, die hier fehlen, nicht darauf geschlossen werden, dass die Kammer die Zulassung des Rechtsmittels auf diese Frage beschränken wollte.
III. Das zulässige Rechtsmittel ist bezüglich der noch begehrten Auskunft begründet, i.Ü. hat es keinen Erfolg.
1. Das LG hat zutreffend angenommen, dass die nach § 132 Abs. 2 AktG erforderlichen Voraussetzungen für den Antrag auf gerichtliche Entscheidung über den Auskunftsanspruch, der noch Gegenstand der Entscheidung ist, vorliegen. Der Antrag ist rechtzeitig gestellt. Der Antragsteller ist i.S.d. § 132 Abs. 2 S. 1 AktG antragsberechtigt, weil er Aktionär ist und wegen der Nichtbeantwortung der gestellten Fragen vor Schluss der Hauptversammlung Widerspruch zu Protokoll des Notars erklärt hat.
2. Das LG hat zu Unrecht den auf § 131 Abs. 4 AktG gestützten Auskunftsanspruch des Beschwerdeführers verneint.