Entscheidungsstichwort (Thema)
Auskunftserzwingungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag eines Aktionärs auf gerichtliche Entscheidung über sein Auskunftsrecht entfällt, sobald er die geforderten Auskünfte außerhalb der Hauptversammlung vollständig erhält.
2. Bei einer Generaldebatte sind sämtliche Tagesordnungspunkte der Hauptversammlung Prüfungsmaßstab für die Frage, ob eine gewünschte Auskunft erforderlich ist.
3. Zur Rechtsmißbräuchlichkeit eines Auskunftsverlangens.
Normenkette
AktG §§ 131-132
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 5 HK O 8977/00) |
Tenor
I. Der Beschluß des Landgerichts MünchenIvom 15. September 2000 wird unter Aufhebung der Nebenentscheidungen dahin abgeändert, daß die Antragsgegnerin über folgende Fragen des Antragstellers Auskunft zu geben hat:
- Wie viel vom Bestand des Immobilien-work-out, aufgegliedert auf Seite 53 des Geschäftsberichts, ist auf A. zurückzuführen und wieviel auf B.?
- Wie viel von der Risikovorsorge von Euro 1,581 Mrd. ist von A. verursacht und wie viel von B., insgesamt und aufgeschlüsselt nach den drei Kategorien auf Seite 53?
- Auch bei der sogenannten Normalrisikovorsorge von Euro 891 Mio. bitte ich um eine ungefähre Aufteilung nach A. und B.
II. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
III. Von den Gerichtskosten beider Rechtszüge haben Antragsteller und Antragsgegnerin jeweils die Hälfte zu tragen.
IV. Der Geschäftswert wird für das erstinstanzliche Verfahren und für das Beschwerdeverfahren auf jeweils 30.000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist Aktionär der Antragsgegnerin und ehemaliges Vorstandsmitglied der A-AG (im folgenden: A.), die im Wege der Aufnahme mit der Antragsgegnerin, der früheren B-AG (im folgenden: B.), verschmolzen worden ist.
Auf der ordentlichen Hauptversammlung der Antragsgegnerin fand eine Generaldebatte statt zu sämtlichen Tagesordnungspunkten (unter anderem Vorlage des festgestellten Jahresabschlusses, des Lageberichts und des Berichts des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 1999, Beschlußfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns und Beschlußfassung über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands für das Geschäftsjahr 1999). Dabei wurden folgende Fragen des Antragstellers im wesentlichen nicht beantwortet:
Wie viel vom Bestand des Immobilien-work out, aufgegliedert auf Seite 53 des Geschäftsberichts, ist auf A. zurückzuführen und wieviel auf B.?
Wie viel von der Risikovorsorge von Euro 1.581 Mrd. ist von A. verursacht und wie viel von der B., insgesamt und aufgeschlüsselt nach den drei Kategorien auf Seite 53?
Auch bei der sogenannten Normalrisikovorsorge von Euro 891 Mio. bitte ich um eine ungefähre Aufteilung nach A. und B.
…
Ist es richtig, daß der Fall X. die Ertragsrechnung 1999 mit einem Betrag in der Größenordnung von DM 300 bis 500 Mio. belastet hat?
Wie hoch ist der Betrag und wo schlägt er sich im Jahresabschluß nieder; ist es ein Teil der 1.581 Mrd. des work out?
…
…
3. Ist es richtig, daß mindestens 2 der Geschäftsführer der Projekttöchter mit dem Vorstand der B., im Mai 1998 noch vor der Fusionshauptversammlung Einzelgespräche über die Risikosituation der Joint ventures Situation geführt haben?
Ist es richtig, daß im Juli und August 1998, also noch vor der Fusion, mehrtägige Sitzungen stattfanden, in denen Mitarbeiter der A. den Herren … von der B. alle Baufinanzierungsengagements über DM 50 Mio. vorstellen mußten?
Hält Herr … immer noch an der am 28.10.1998 öffentlich verkündeten Version fest, vor dem 1.9.1998 habe die B. aus rechtlichen Gründen keinen Einblick genommen?
Mit bei Gericht am 16.5.2000 eingegangenem Antrag hat der Antragsteller verlangt, der Antragsgegnerin aufzugeben, zu diesen Fragen Auskunft zu erteilen.
Das Landgericht hat mit Beschluß vom 15.9.2000 den Auskunftsantrag zurückgewiesen und ausgeführt, daß der Antragsteller mit seinem Begehren Verfahrens fremde Ziele verfolge, für die er keinen Rechtsschutz beanspruchen könne. Es gehe dem Antragsteller im Kern darum, das von ihm als ungerecht und unverdient empfundene negative Bild der A. in der Öffentlichkeit zu korrigieren und das Verhalten des Vorstandsvorsitzenden der Antragsgegnerin anzuprangern. Im übrigen wäre der Antrag auch als unbegründet abzuweisen, da die Fragen zu 2. von der Antragsgegnerin im Laufe des Verfahrens beantwortet worden seien. Die weiteren Fragenkomplexe hätten nicht Problemkreise betroffen, die zur sachgemäßen Beurteilung von Tagesordnungspunkten erforderlich gewesen wären.
Gegen den ihm am 21.9.2000 zugestellten landgerichtlichen Beschluß wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde, die am 4.10.2000 bei Gericht eingegangen ist. Darin beantragt er, die Antragsgegnerin zur Beantwortung der folgenden Fragen zu verpflichten:
Wieviel vom Bestand des Immobilien work out, aufgegliedert auf Seite 53 des Geschäftsberichts, ist auf A. zurückzuführen und wieviel auf B.?
Wieviel von der Risikovorsorge von Euro 1.581 Mrd. ist von A. verursacht und wieviel von der B., insgesamt und aufg...