Entscheidungsstichwort (Thema)
Betreuungssache
Leitsatz (amtlich)
1. Im Vergütungsfestsetzungsverfahren gilt der Grundsatz des Verbots der reformatio in peius. Daher kann der Beschwerdegegner nach Ablauf der Beschwerdefrist unselbständige Anschlußbeschwerde einlegen.
2. Die Entscheidung des Landgerichts zur Vergütung des Berufsbetreuers eines nicht mittellosen Betroffenen ist fehlerhaft, wenn sie für Betreuungsleistungen in der Übergangszeit bis 30.6.2000 sich zwar zur Frage des Härteausgleichs äußert, jedoch davon ausgeht, daß auch hier die Beschränkung des § 1 Abs. 3 Satz 1 BVormVG auf einen Stundensatz von 60 DM gelte.
3. Tatsächliche Zugeständnisse (hier: Billigung eines Stundensatzes von 120 DM durch den Erben einer vermögenden Betroffenen) binden das Vormundschaftsgericht bei der Festsetzung der Betreuervergütung nicht.
Normenkette
BGB § 1836 Abs. 2 S. 2; FGG § 12
Verfahrensgang
AG Erlangen (Aktenzeichen XVII 2207/97) |
LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 13 T 8176/00) |
Tenor
I. Der Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 24. April 2001 wird aufgehoben, soweit der ehemaligen Betreuerin für die Jahre 1999 und 2000 keine höhere Vergütung als 8.924 DM zuzüglich Mehrwertsteuer zugebilligt worden ist. Im übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde zurückgewiesen.
II. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht Nürnberg-Fürth zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht bestellte für die vermögende Betroffene eine Diplom-Betriebswirtin (FH) zur Betreuerin mit den Aufgabenkreisen Wohnungsangelegenheiten, Vermögens sorge und Vertretung bei Ämtern und Behörden sowie gegenüber Heimen. Die Betroffene verstarb am 15.12.1999.
Für ihre Tätigkeit am 9.10.1998 sowie in den Jahren 1999 und 2000 beantragte die Betreuerin, aus den Vermögen der Betroffenen eine Vergütung von 26.670,72 DM festzusetzen, wobei sie einen Stundensatz von 120 DM zuzüglich Mehrwertsteuer zugrundelegte; daneben machte sie Aufwendungsersatz geltend. Der Alleinerbe teilte dem Amtsgericht zunächst mit Schreiben vom 9.5.2000 mit, daß er die Vergütungsabrechnung für die Zeit bis 15.12.1999 sowie den angesetzten Stundensatz akzeptiere, bezeichnete aber später sowohl Stundensatz als auch Zeitaufwand als überhöht.
Das Amtsgericht setzte mit Beschluß vom 18.8.2000 eine Vergütung in Höhe von 17.272,40 DM fest, wobei es wie schon bei früheren Vergütungsanträgen einen Stundensatz von 100 DM anwandte; den geltend gemachten Zeitaufwand nach dem Tod der Betroffenen erkannte es teilweise nicht an. Eine Festsetzung von Aufwendungsersatz lehnte es ab.
Die sofortige Beschwerde der ehemaligen Betreuerin, die die Kürzung des Zeitaufwands hinnahm und allein die Stundensatzhöhe angriff, wies das Landgericht mit Beschluß vom 24.4.2001 zurück. Auf die Anschlußbeschwerde des Alleinerben bestimmte es die Vergütung auf 10.367,30 DM, wobei es einen Stundensatz von 80 DM für 1998 und von 60 DM für die übrige Zeit zugrundelegte. Hiergegen wendet sich die sofortige weitere Beschwerde der ehemaligen Betreuerin, die nunmehr den Antrag in der ursprünglichen Höhe, also einschließlich Aufwendungsersatz, geltend macht.
II.
1. Die weitere Beschwerde ist zulässig.
a) Sie ist statthaft (§ 27 FGG), vom Beschwerdegericht zugelassen (§ 69 e Satz 1, § 56 g Abs. 5 Satz 2 FGG) sowie frist- und formgerecht eingelegt (§ 29 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 4, § 69 e Satz 1, § 56 g Abs. 5 Satz 1 FGG).
b) Gegenstand des Verfahrens über die sofortige weitere Beschwerde ist nur die Vergütungshöhe für den vom Vormundschaftsgericht als berücksichtigungsfähig festgestellten Zeitaufwand. Hierauf hatte die ehemalige Betreuerin ihre Erstbeschwerde wirksam (vgl. Senatsbeschluß vom 27.11.1996 3 Z BR 233/96) beschränkt. Die Fragen des Aufwendungsersatzes und des nicht berücksichtigten Zeitaufwands waren damit nicht Gegenstand der Entscheidung des Landgerichts. Da das Gericht der sofortigen weiteren Beschwerde die Entscheidung des Beschwerdegerichts nur auf Gesetzesverletzungen prüft (§ 27 FGG), ist es ausgeschlossen, einen Verfahrensgegenstand, über den das Landgericht nicht entschieden hat, mit der weiteren Beschwerde anzugreifen (BayObLG FamRZ 1984, 1272/1273; Keidel/Kahl FGG 14. Aufl. § 27 Rn. 15).
2. Soweit das Rechtsmittel Gegenstand des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde ist, hat es überwiegend Erfolg und führt zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache.
a) Das Landgericht war nicht gehindert, die Vergütung der Betreuerin herabzusetzen. Zwar hatte zunächst nur die Betreuerin selbst fristgerecht Beschwerde eingelegt. Im Rahmen der Behandlung dieses Rechtsmittels hätte das Landgericht der Betreuerin keine niedrigere Vergütung zusprechen können als vom Amtsgericht zugebilligt, da im Vergütungsfestsetzungsverfahren das Verbot der reformatio in peius gilt (BGH NJW 2000, 3712/3715; BayObLGZ 1995, 35/37). Der Beteiligte zu 2 hatte jedoch, wenn auch nach Ablauf der Frist, ebenfalls Beschwerde eingelegt. Dieses Rechtsmittel hat das Landgericht zu Recht als unselbständi...