Entscheidungsstichwort (Thema)
Neubau eines Landratsamtes. Entscheidung über die Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde
Leitsatz (amtlich)
1. Ablehnung eines Antrags auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung wegen mangelnder Erfolgsaussichten der sofortigen Beschwerde.
2. Bei sog. Parallelausschreibung von Generalunternehmerangebot und Fachlosen mit gestaffelten Eröffnungsterminen kann die Vergabestelle festlegen, daß die Angebotsfrist für alle Angebote mit Beginn des ersten Eröffungstermins endet.
Normenkette
GWB § 118 Abs. 2 S. 1; VOB/A § 18 Nr. 2
Verfahrensgang
Vergabekammer Nordbayern (Aktenzeichen 320. VK-3194-30/00) |
Tenor
Der Antrag der Beschwerdeführerin, die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde gegen die Entscheidung der Vergabekammer Nordbayern vom 27. November 2000 zu verlängern, wird abgelehnt.
Gründe
I.
Die Vergabestelle schrieb im September 2000 den Neubau eines Landratsamtes im Offenen Verfahren nach § 3a Nr. 1 Buchst. a VOB/A aus. Bei der Ausschreibung handelte es sich um eine Parallelausschreibung, d. h. der zu erstellende Neubau konnte sowohl als ein Generalunternehmerangebot als auch getrennt nach Fachlosen 1 bis 35 einzeln angeboten werden.
Unter Nr. 2 b) der Bekanntmachung ist die Art des Auftrags folgendermaßen beschrieben: Losweise Ausschreibung nach Gerwerken. Parallel dazu kann die Ausführung der gesamten Leistungen von einem Generalunternehmer auf Basis der gewerksweisen Ausschreibungsunterlagen angeboten werden.
Nach 3 b) der Bekanntmachung war als Submissionstermin für das Generalunternehmerangebot der 23.10.2000 um 9.00 Uhr und für das Gewerk Rohbauarbeiten der 23.10.2000 um 13.00 Uhr angegeben.
Nach 6 a) der Bekanntmachung endete die Frist für die Einreichung der Angebote am 23.10.2000 um 9.00 Uhr.
Teil der Verdingungsunterlagen waren auch die Bewerbungsbedingungen gemäß EVM (B) BwB/E in der Fassung April 1999. Deren Nr. 9.1 Satz 1 lautet: Die Angebotsfrist läuft ab, sobald der Verhandlungsleiter im Eröffnungstermin mit der Öffnung des ersten Angebots beginnt.
Mit Schreiben vom 26.9.2000 übersandte die Vergabestelle die Vergabeunterlagen an die Antragstellerin mit dem Hinweis auf den Einreichungstermin 23.10.2000, 9.00 Uhr. Die Angebotsanforderung nach Formblatt EVM(B)A EG „Angebot für Rohbauarbeiten” enthielt zudem den Hinweis:
„ACHTUNG: |
Einzureichen bis (Einreichungsdatum): |
|
Datum 23.10.2000 Uhrzeit: 09.00 |
Eröffnungstermin: |
Datum 23.10.2000 Uhrzeit: 13.00” |
Mit Schreiben vom 19.10.2000 verlängerte die Vergabestelle den Abgabetermin für die Angebote auf 25.10.2000, 9.00 Uhr; als neuer Submissionstermin für die Rohbauarbeiten wurde der 25.10.2000, 13.00 Uhr benannt.
Am 25.10.2000 um 9.25 Uhr begann der Verhandlungsleiter der Vergabestelle mit der Eröffnung der Angebote zum Gewerk Generalunternehmerangebote. Er stellte fest, daß hierzu kein Angebot eingegangen war. Zwischen 12.30 und 12.40 Uhr ging bei der Vergabestelle das Angebot der Antragstellerin für die Rohbauarbeiten ein. Um 13.03 Uhr begann der Verhandlungsleiter mit der Eröffnung der Angebote für das Gewerk Rohbauarbeiten. In der Niederschrift ist das Angebot der Antragstellerin als verspätet vermerkt.
Auf schriftliche Nachfrage vom 26.10.2000 teilte die Vergabestelle am 2.11.2000 der Antragstellerin den Ausschluß ihres Angebotes mit, weil es nicht zum Angebotsabgabetermin am 25.10.2000 um 9.00 Uhr bei der Vergabestelle vorgelegen hätte. Die Antragstellerin rügte schriftlich gegenüber der Vergabestelle den Ausschluß ihres Angebots.
Mit Telefaxschreiben vom 7.11.2000 beantragte die Antragstellerin die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. Sie beantragte, der Vergabestelle aufzugeben, das von der Antragstellerin abgegebene Angebot vom 24.10.2000 für das Gewerk Rohbauarbeiten zur Prüfung gemäß § 23 VOB/A und zur Wertung gemäß § 25 VOB/A zuzulassen. Die Behandlung ihres Angebots als verspätet sei nicht gerechtfertigt. Ihr Angebot sei zur Prüfung und Wertung zuzulassen, da es gemäß § 22 Nr. 2 VOB/A dem Verhandlungsleiter bei der Eröffnung des ersten Angebots am 25.10.2000 um 13.03 Uhr vorgelegen hätte. Auf die Tatsache, daß ihr Angebot erst nach dem in der Aufforderung zur Angabe des Angebots bezeichneten „Einreichungstermin” eingereicht wurde, komme es nicht an.
Der Begriff „Einreichungstermin” sei in der VOB/A nicht bekannt. Gemäß § 18 Nr. 2 VOB/A würde die Angebotsfrist ablaufen, sobald im Eröffnungstermin der Verhandlungsleiter mit der Eröffnung der Angebote beginne. Diese Regelung sei zwingend, so daß dem in der Aufforderung zur Abgabe des Angebotes genannten Einreichungstermin keine rechtliche Relevanz zukäme. Im übrigen würde sich aus der Nennung eines Einreichungstermins nicht mit der notwendigen Deutlichkeit ergeben, daß die Vergabestelle in – unzulässiger – Abweichung von § 18 Nr. 2, § 22 Nr. 2 VOB/A die Angebotsfrist früher als zum Eröffnungstermin enden lassen wollte. Die Antragstellerin sei davon ausgegangen, daß es sich beim „Einreichungstermin” nicht um eine zwingend einzuhaltende Fris...