Entscheidungsstichwort (Thema)
Abschiebungshaftsache
Leitsatz (amtlich)
Gegen die Anordnung einstweiliger Abschiebungshaft durch das Landgericht im Beschwerde verfahren findet die sofortige (Erst-) Beschwerde statt.
Normenkette
FreihEntzG § 11 Abs. 1 S. 1; FGG § 19 Abs. 1; AuslG § 57 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Bayreuth (Aktenzeichen XIV B 9/01) |
LG Bayreuth (Aktenzeichen 15 T 24/01) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Bayreuth vom 12. März 2001 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Ausländerbehörde betreibt die Abschiebung des Betroffenen, eines vietnamesischen Staatsangehörigen.
Mit Beschluß vom 6.3.2001 wies das Amtsgericht den Antrag der Ausländerbehörde ab, gegen ihn zur Sicherung seiner Abschiebung mit sofortiger Wirksamkeit Abschiebungshaft auf die Dauer von drei Monaten im Anschluß an die bestehende Strafhaft anzuordnen.
Auf die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde der Ausländerbehörde ordnete das Landgericht am 12.3.2001 mit sofortiger Wirksamkeit an, den Betroffenen im Anschluß an die zur Zeit vollstreckte Strafhaft einstweilen für die Dauer von längstens sechs Wochen in Sicherungshaft zu nehmen.
Gegen diesen Beschluß wendet sich der Betroffene mit der sofortigen Beschwerde.
II.
1. Das Rechtsmittel ist zulässig. Es bezieht sich auf die Anordnung der einstweiligen Sicherungshaft (§ 11 Abs. 1 Satz 1 FreihEntzG). Eine solche Anordnung kann auch das Landgericht im Beschwerdeverfahren treffen (vgl. BayObLGZ 1997, 125/128 und BayObLG, Beschluß vom 18.11.1997, 3 Z BR 458/97, jeweils für das Verfahren der weiteren Beschwerde). Gegen diese ist zwar im Gesetz nicht ausdrücklich ein Rechtsmittel vorgesehen, da nach § 11 Abs. 2 Satz 1, § 7 Abs. 1 FreihEntzG die sofortige Beschwerde nur gegen die Entscheidung des Amtsgerichts stattfindet. Das Kammergericht hat jedoch § 7 Abs. 1 FreihEntzG dahin ausgelegt, daß die sofortige Beschwerde auch gegen Anordnungen des Beschwerdegerichts gegeben ist, die dieses im Rahmen von § 11 Abs. 1 Satz 1 FreihEntzG an Stelle des Amtsgerichts trifft, da der in Frage stehende Eingriff immerhin zu einer Freiheitsentziehung bis zu sechs Wochen führen kann (KG OLGZ 1975, 271). Dieser Auslegung schließt sich der Senat an. Das Rechtsmittel ist demnach als sofortige (Erst-) Beschwerde zu behandeln (vgl. auch KG InfAuslR 1982, 136/137).
2. In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.
a) Es sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, daß die Voraussetzungen für die Anordnung von Sicherungshaft gemäß § 57 Abs. 2 und 3 AuslG vorliegen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 FreihEntzG).
aa) Ein Haftgrund ist gegeben.
Der Betroffene ist nach dem Widerruf der Duldung im Februar 1997 untergetaucht und bis zu seiner Festnahme im Dezember 1999 verborgen geblieben. Dieser Sachverhalt erfüllt die Voraussetzungen des § 57 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AuslG und rechtfertigt darüber hinaus die Annahme des begründeten Verdachts, der Betroffene wolle sich der Abschiebung entziehen (§ 57 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AuslG; vgl. zur Indizwirkung des Untertauchens BGH NJW 1995, 1898 und BayObLGZ 1995, 17/21).
Daneben ist der Betroffene wegen nicht unerheblicher Straftaten, die er im Inland begangen hat, rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt worden, die zwischenzeitlich verbüßt ist. Der Betroffene hatte unter anderem seiner früheren Ehefrau angedroht, er werde deren Familienangehörige in Vietnam töten, wenn sie ihn verrate und er deshalb abgeschoben werde. Die in einer solchen Straftat zum Ausdruck kommende rechtsfeindliche Gesinnung ist für die Beurteilung der Frage, ob der Betroffene die Abschiebung ohne seine Inhaftierung vereiteln oder wesentlich erschweren würde (vgl. BGHZ 98, 109/112), von erheblicher Bedeutung (vgl. BayObLGZ 1991, 266/271; 1993, 154/156; KG FGPrax 1995, 128/129).
bb) Hinderungsgründe stehen der Haftanordnung nicht entgegen.
Die Aufenthaltsgestattung, die der Betroffene aufgrund seines ersten Asylantrags erworben hatte (§ 55 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG), ist erloschen (§ 67 Abs. 1 Nr. 6 AsylVfG). Der Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 19.5.1993, mit dem der Antrag des Betroffenen auf Anerkennung als Asylberechtigter abgelehnt wurde, ist seit 1994 bestandskräftig. Der weitere Asylfolgeantrag hindert die Haftanordnung nicht (§ 71 Abs. 8 AsylVfG).
Ob die Abschiebung des Betroffenen ansonsten zu Recht betrieben wird, haben die Haftgerichte nicht zu prüfen; insoweit obliegt die Gewährung von Rechtsschutz ausschließlich den Verwaltungsgerichten (vgl. BayObLGZ 1993, 311/313; KG InfAuslR 2000, 230/232).
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist gewahrt. Die Ausländerbehörde betreibt die Abschiebung des Betroffenen mit der gebotenen Beschleunigung (vgl. hierzu BGHZ 133, 235/239; BayObLGZ 1991, 258/260; OLG Frankfurt a.M. AuAS 1998, 198; OLG Karlsruhe InfAuslR 1998, 463). Sie hat hinreichend dargelegt, warum die Abschiebung nicht schon aus der Strafhaft heraus möglich war (vgl. BayObLGZ 1991, 258/260). Danach hat das Polizeipräsidium Ob...