Leitsatz (amtlich)

1. Dem Antrag auf Ungültigerklärung eines ablehnenden Beschlusses fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis, wenn gleichzeitig ein Feststellungsantrag mit entgegen gesetztem Inhalt gestellt wird.

2. Fehlt für den Beschlussgegenstand die Beschlusskompetenz der Eigentümerversammlung, so ist von einer Beschlussfassung abzusehen. Ein ablehnender Beschluss ist nichtig.

 

Verfahrensgang

LG Landshut (Beschluss vom 22.07.2004; Aktenzeichen 60 T 1140/04)

AG Freising (Beschluss vom 25.03.2004; Aktenzeichen 4 UR II 14/03)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller wird Nr. 1 des Beschlusses des LG Landshut vom 22.7.2004 aufgehoben.

II. Es wird festgestellt, dass der in der Eigentümerversammlung vom 20.3.2003 unter Tagesordnungspunkt 3 (Stellplätze) gefasste Beschluss nichtig ist.

III. Im Übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde zurückgewiesen.

IV. Die Kosten des Verfahrens in sämtlichen Rechtszügen werden gegeneinander aufgehoben. Insoweit werden der Beschluss des AG Freising vom 25.3.2004 und der Beschluss des LG Landshut vom 22.7.2004 abgeändert.

V. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 4.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von dem weiteren Beteiligten verwaltet wird. Dem Antragsteller gehört die in der Teilungserklärung mit Nr. 2 bezeichnete Wohnung.

In der Teilungserklärung ist unter B § 1 Nr. 6 Folgendes geregelt:

Den jeweiligen Eigentümern der Raumeinheit Nr. 2 steht das alleinige Recht zu, die Teile der Umgriffsfläche, welche nicht als Zugangs- oder Zufahrtsfläche, Platz für Müllbehälter, Teppichklopfplatz usw. benötigt werden, zu nutzen. Diese gemeinschaftlichen Flächen liegen im Einfahrtsbereich und sind im beigefügten Lageplan eingezeichnet.

Der erwähnte Lageplan ist weder beigefügt, noch wurde er jemals erstellt.

Der Streit um die Benutzung des Einfahrtsbereichs war u.a. bereits Gegenstand eines Verfahrens vor dem LG (60 T 345/01). Das LG hat, gestützt auf § 43 Abs. 2 WEG, Gebrauchsregelungen für das Abstellen von Fahrzeugen und die Aufstellung von Mülltonnen getroffen. Diese Anordnungen sollten bis zu einer Klärung der Gestaltung der Hofeinfahrt durch einen Beschluss der Eigentümerversammlung gelten.

In der Eigentümerversammlung vom 20.3.2003 wurde unter Tagesordnungspunkt (TOP) 3 folgender Beschlussantrag gestellt:

Die Eigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft - beschließen, den Beschluss des LG vom 5.6.2001 (Az: 60 T 345/01) in der Ziff. IV.1. bis 4. aufzuheben. Weiter beschließen die Eigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft -, dass die Parkplätze vor dem Fenster des Sondereigentums M. sowie westlich der Garage der Sondernutzung der Wohnungseigentümer H. unterliegen.

Der Versammlungsleiter stellte fest: dafür: H. (Antragsteller), dagegen: T., M. (Antragsgegner).

Die Antragsteller haben beim AG beantragt, den vorgenannten Eigentümerbeschluss für ungültig zu erklären sowie festzustellen, dass der Beschluss des LG vom 5.6.2001 im Verfahren Az. 60 T 345/01 in der Ziff. IV.1. bis 4. aufzuheben sei und die Parkplätze vor dem Fenster des Sondereigentums M. sowie westlich der Garage der Sondernutzung der Wohnungseigentümer H. unterliegen. Das AG hat den Antrag mit Beschluss vom 25.3.2004 abgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Antragsteller wurde vom LG am 22.7.2004 zurückgewiesen. Ferner hat das LG den im Beschwerdeverfahren gestellten Antrag abgewiesen, festzustellen, dass die Parkplätze vor den Fenstern des Sondereigentums M sowie westlich der Garage der Sondernutzung der Wohnungseigentümer H. unterliegen. Mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde verfolgen die Antragsteller die vor dem LG gestellten Anträge weiter.

II. Das zulässige Rechtsmittel ist teilweise begründet.

1. Das LG hat ausgeführt:

Der angefochtene Beschluss widerspreche nicht ordnungsmäßiger Verwaltung und missachte auch nicht dingliche Rechte der Antragsteller. Die vom LG in früheren Verfahren getroffene Regelung sei sachgerecht. Ein Sondernutzungsrecht der Antragsteller sei nicht entstanden, da es den Lageplan nicht gebe. Die Hofzufahrt sei als Gemeinschaftsfläche anzusehen.

2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung nur teilweise stand.

a) Die Anträge der Antragsteller sind zulässig.

aa) Insbesondere liegt zu TOP 3 ein Eigentümerbeschluss vor. Die Feststellung des Beschlussergebnisses (hierzu BGH v. 23.8.2001 - V ZB 10/01, MDR 2001, 1283 = BGHReport 2001, 863 = NJW 2001, 3339) ist in ausreichender Weise erfolgt. Der Versammlungsleiter hat festgestellt, wer für und wer gegen den Antrag gestimmt hat. Angesichts der allen Beteiligten bekannten Mehrheitsverhältnisse ist damit hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass die Beschlussvorlage abgelehnt ist.

bb) Auch ein ablehnender Beschluss hat Beschlussqualität und ist deshalb anfechtbar (BGH v. 23.8.2001 - V ZB 10/01, MDR 2001, 1283 = BGHReport 2001, 863 = NJW 2001, 3339). Jedenfalls im vorliegenden Fall besteht für die Anfechtung des Beschlusses auch...

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