Entscheidungsstichwort (Thema)
Betreuerwechsel auf Vorschlag des Betreuten
Leitsatz (amtlich)
Einem Vorschlag des Betreuten, für ihn einen anderen, von ihm benannten Betreuer zu bestellen, ist nur dann ein maßgebliches Kriterium für einen Betreuerwechsel, wenn dieser Vorschlag auf einer ernsthaften und auf Dauer angelegten eigenständigen Willensbildung beruht. Wird gegen die Entlassungsentscheidung des AG Beschwerde eingelegt, ist hinsichtlich dieses Kriteriums auf den Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung abzustellen.
Normenkette
BGB § 1897 Abs. 4, § 1908b Abs. 1, 3
Verfahrensgang
LG Regensburg (Beschluss vom 01.07.2004; Aktenzeichen 7 T 165/04 (2)) |
AG Cham (Beschluss vom 05.02.2004; Aktenzeichen XVII 7115/03) |
Tenor
I. Auf die weitere Beschwerde wird der Beschluss des LG Regensburg vom 1.7.2004 aufgehoben.
II. Der Beschluss des AG Cham - Zweigstelle Kötzting - vom 5.2.2004 wird in Ziff. 1 und Ziff. 2 aufgehoben.
III. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Für den Betroffenen ist seit 1994 ein Betreuer bestellt. Die Aufgabenkreise umfassen zur Zeit Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsfürsorge, Vermögenssorge sowie Entgegennahme und Anhalten der Post; zusätzlich ist ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet. Zum Betreuer war zunächst das Senioren- und Stiftungsamt bestellt, ab Oktober 1995 ein Mitarbeiter dieses Amtes und seit 5.3.1998 der Berufsbetreuer F. Die Unterbringung des Betroffenen in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses bzw. der beschützenden Abteilung einer Pflegeeinrichtung ist bis zum 15.1.2005 genehmigt.
Am 29.1.2004 stellte der Betroffene den Antrag, seinen Betreuer F. zu entlassen und stattdessen zum neuen Betreuer den Berufsbetreuer S. zu bestellen. Dem Antrag gab das AG am 5.2.2004 statt nach Anhörung des Betroffenen und des Betreuers F., der mit der Abgabe der Betreuung einverstanden war. Der Betroffene legte gegen diesen Beschluss am 10.2.2004 Beschwerde ein mit der Begründung, er wolle weiterhin F. als Betreuer. Das LG hat die Beschwerde am 1.7.2004 zurückgewiesen.
Mit seiner weiteren Beschwerde wendet sich der Betroffene gegen diesen Beschluss. Er will nach wie vor erreichen, dass es bei der Bestellung seines ehemaligen Betreuers F. bleibt.
II. Die weitere Beschwerde ist zulässig, §§ 21 Abs. 2, 27 Abs. 1 FGG und hat auch in der Sache Erfolg.
1. Das LG hat seine Entscheidung folgendermaßen begründet:
Gemäß § 1908b Abs. 3 BGB könne das Gericht einen Betreuer entlassen, wenn der Betroffene eine gleich geeignete Person, die zur Übernahme bereit ist, als Betreuer vorschlägt. Die Voraussetzungen für diese Bestimmung lägen vor, weil der Betroffene selbst seinen neuen Betreuer vorgeschlagen habe. Soweit er nun wieder seinen alten Betreuer haben wolle, sei diesem Ansinnen nicht zu entsprechen. Gemäß § 1897 Abs. 4 BGB sei dies nur dann möglich, wenn es dem Wohl des Betroffenen nicht zuwider laufe. Der Gesichtspunkt der Kontinuität spreche für das Festhalten an dem bestellten Vertreter. Vor dem Betreuerwechsel sei der Betroffene durch ständige Disziplinlosigkeiten und Weglauftendenzen aufgefallen. Das Erstgericht habe den Eindruck gehabt, dass der Betreuer überhaupt keinen Einfluss mehr auf den Betroffenen habe ausüben können, da dieser am Wochenende regelmäßig unterwegs gewesen und durch die Polizei des Öfteren volltrunken aufgegriffen worden sei. Mit dem Betreuerwechsel solle es gelingen, dieses selbstschädigende Verhalten nach Möglichkeit einzudämmen. Hinter dem Beschwerdeverfahren stehe der offensichtliche Wunsch, die Unterbringung werde aufgehoben, wenn der alte Betreuer wieder bestellt werde. Zusammenfassend sei festzuhalten, dass ein Betreuerwechsel dem Wohl des Betroffenen nicht zuträglich sei, da die sachgerechte Bewältigung der Aufgaben eine gewisse Stetigkeit in Bezug auf die handelnden Personen verlange.
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die durch den Betroffenen angegriffene Entlassung seines bisherigen Betreuers F. und die Bestellung des neuen Betreuers S. entsprechen nicht der Sach- und Rechtslage. Ein ausreichender Grund für die Entlassung des Betreuers F. ist weder nach § 1908b Abs. 3 BGB noch nach § 1908b Abs. 1 BGB gegeben.
a) Die Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des AG vom 5.2.2004 war zulässig, obwohl der Betroffene selbst den Betreuerwechsel angeregt und der Beschluss seinem Anliegen Rechnung getragen hatte. Nach § 20 Abs. 1 FGG steht die Beschwerde jedem zu, dessen Recht durch die Verfügung beeinträchtigt ist. Eine Beeinträchtigung liegt dann vor, wenn der Entscheidungssatz unmittelbar nachteilig in die Rechtsstellung des Beschwerdeführers eingreift (materielle Beschwer), eine formelle Beschwer ist nicht erforderlich (Bassenge/Herbst/Roth, FGG/RPflG, 9. Aufl., § 20 FGG Rz. 8; Keidel/Kahl, FGG, 15. Aufl., § 20 Rz. 13). Der Eingriff in die Rechtsstellung des Betroffenen liegt in der Entlassung seines langjährigen Betreuers F. und der Bestellung des neuen Betreue...