Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen eines Betreuerwechsels kurz vor Überprüfung der Verlängerung der Betreuung, wenn der Betroffene statt eines Rechtsanwalts als Berufsbetreuer einen Rechtsanwalt vorschlägt, der keine weiteren Betreuungen führt.
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 28.05.2004; Aktenzeichen 13 T 7616/04) |
AG München (Beschluss vom 04.03.2004; Aktenzeichen 715-XVII 00017/00) |
Tenor
I. Die Beschlüsse des LG München I vom 28.5.2004 und des AG München vom 4.3.2004 werden aufgehoben.
II. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das AG München zurückverwiesen.
Gründe
I. Für den Betroffenen wurde am 24.2.2000 zunächst sein Bruder, am 17.4.2000 an dessen Stelle ein Rechtsanwalt als berufsmäßiger Betreuer bestellt. Dessen Aufgabenkreise sind derzeit die Aufenthaltsbestimmung, die Gesundheitsfürsorge, die Vermögenssorge, die Vertretung ggü. Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern, die Entgegennahme, das Öffnen und das Anhalten der Post im Aufgabenkreis, die Vertretung vor Gericht sowie Wohnungsangelegenheiten. Mit Schreiben vom 15.2.2004 beantragte der Betroffene einen Betreuerwechsel. Er benannte einen Rechtsanwalt als möglichen neuen Betreuer und erhob gegen den derzeitigen Betreuer Vorwürfe, insb. im Bereich Vermögenssorge gegen seine, des Betroffenen Interessen zu handeln. Der Betreuer, dem Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde, wies die Vorwürfe zurück. Das AG, das am 10.2.2003 die Betreuung um 2 Jahre verlängert hatte, lehnte darauf mit Beschluss vom 4.3.2004 einen Betreuerwechsel ab. Hiergegen legte der Betroffene Beschwerde ein. Das AG befragte darauf den vorgeschlagenen Rechtsanwalt; dieser erklärte seine Bereitschaft zur Übernahme der Betreuung. Das AG half der Beschwerde unter ausführlicher Begründung nicht ab. Das LG wies den vorgeschlagenen Rechtsanwalt darauf hin, dass er die Betreuung unentgeltlich führen müsse. Dieser antwortete, er sei davon ausgegangen, dass er einigermaßen adäquat bezahlt werde. Sollte dem nicht so sein, wolle er aus diesem Grund jetzt nicht wieder einen Rückzieher machen. Nachdem er Akteneinsicht genommen hatte, meinte er in einem weiteren Schreiben, der Arbeitsaufwand werde erheblich und im Rahmen einer unentgeltlichen Tätigkeit zumutbarerweise nicht darstellbar sein. Der Betroffene werde es ihm nicht übel nehmen, dass er seine Zusage nachträglich an die Möglichkeit halbwegs adäquater Vergütung knüpfe.
Das LG hat die Beschwerde des Betroffenen am 28.5.2004 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die durch den vorgeschlagenen Rechtsanwalt eingelegte weitere Beschwerde des Betroffenen vom 10.8.2004.
II. Die weitere Beschwerde ist zulässig. Sie führt in der Sache zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen und zur Zurückverweisung an das AG.
1. Das LG hat ausgeführt, der vorgeschlagene Rechtsanwalt könne aus Rechtsgründen nicht zum Betreuer bestellt werden. Die Feststellung, er führe die Betreuung berufsmäßig, scheitere an den hierfür bestehenden Regelvoraussetzungen. Der vorgeschlagene Rechtsanwalt führe keine anderen Betreuungen und werde das in absehbarer Zeit auch nicht tun. Zu unentgeltlicher Führung der Betreuung sei der Vorgeschlagene nicht bereit.
2. Dies hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).
a) Ein Wechsel des Betreuers kann aus verschiedenen Gründen veranlasst sein. Das VormG hat einen Betreuer zu entlassen, wenn seine Eignung, die Angelegenheiten des Betreuten zu besorgen, nicht mehr gewährleistet ist oder ein anderer wichtiger Grund für die Entlassung vorliegt (§ 1908b Abs. 1 S. 1 BGB). Es soll einen Berufsbetreuer entlassen, wenn die Betreuung außerhalb einer Berufsausübung erfolgen kann (§ 1908b Abs. 1 S. 2 BGB). Das Gericht kann den Betreuer ferner entlassen, wenn der Betreute eine gleich geeignete Person, die zur Übernahme bereit ist, als neuen Betreuer vorschlägt (§ 1908b Abs. 3 BGB). Dem Wunsch des Betroffenen nach einem Betreuerwechsel kommt stets besonderes Gewicht zu (vgl. BayObLG v. 11.7.1997 - 3Z BR 133/97, BayObLGReport 1997, 85 = FamRZ 1998, 1259 [1261]). Das Gericht muss allerdings prüfen, ob der Betreuerwechsel, auch wenn er möglich ist, dem Wohl des Betroffenen nicht zuwiderläuft (vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, § 1908b Rz. 8; BayObLG v. 27.1.2003 - 3Z BR 217/02, FamRZ 2003, 784-786 und BayObLG, Beschl. v. 22.10.2003 - 3Z BR 200/03, BayObLGReport 2004, 87 = FamRZ 2004, 736 [Ls.]).
b) Das LG hat nicht alle hiernach maßgeblichen Gesichtspunkte berücksichtigt. Es blieb ungeprüft, ob dem vorgeschlagenen Rechtsanwalt eine Vergütung nach § 1836 Abs. 3 BGB bewilligt werden kann (vgl. BayObLG v. 31.3.2004 - 3 Z BR 250/03, Rpfleger 2004, 485-488). Eine solche Bewilligung liegt angesichts des zeitlichen Aufwands, der wegen des erheblichen Vermögens des Betroffenen und seiner persönlichen Lebensführung nach Aktenlage mit der Führung der Betreuung verbunden ist, nicht fern. Sollte sie in Betracht kommen, müsste der als Betreuer vorgeschlagene Rechtsanwalt nicht ohne Ve...