Entscheidungsstichwort (Thema)
Betreuungssache
Leitsatz (amtlich)
Wird dem Betreuer eines nicht mittellosen Betreuten in Anlehnung an den Rechtsgedanken des § 1 Abs. 3 BVormVG ein Härteausgleich gewährt, gilt die dort festgesetzte Obergrenze von 60,00 DM insoweit nicht.
Normenkette
BVormVG § 1 Abs. 3; BGB § 1836
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 13 T 2574/01) |
AG Neumarkt i.d. OPf. (Aktenzeichen VII 356/99) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 28. März 2001 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der Betroffene, der nicht unerhebliches Vermögen besitzt, steht unter Betreuung. Seit 1995 ist eine Rechtsanwältin zur Betreuerin bestellt. Sie führt die Betreuung berufsmäßig. Ihr Aufgabenkreis umfaßt derzeit die Aufenthaltsbestimmung, die Sorge für die Gesundheit, die Vermögens Verwaltung und die Entgegennahme, das Öffnen und das Anhalten der Post.
Auf den Antrag der Betreuerin, ihr für die vom 01.04.2000 bis 31.01.2001 geleistete Tätigkeit unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von 100,00 DM zuzüglich Mehrwertsteuer eine Vergütung in Höhe von 4.804,33 DM zu bewilligen, setzte das Amtsgericht die Vergütung am 02.03.2001 auf lediglich 2.882,60 DM einschließlich Mehrwertsteuer fest, da der Betreuerin nur ein Stundensatz von 60,00 DM zuzüglich Mehrwertsteuer zustehe. Die auf die Höhe des Stundensatzes beschränkte sofortige Beschwerde der Betreuerin hat das Landgericht mit Beschluß vom 28.03.2001 zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Betreuerin mit der sofortigen weiteren Beschwerde.
II.
Das Rechtsmittel ist zulässig, insbesondere vom Landgericht zugelassen (§ 56 g Abs. 5 Satz 2 FGG). Es hat in der Sache aber keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
Zwar seien bei vermögenden Betreuten die Stundensätze des § 1 BVormVG für die dem Betreuer zu bewilligende Vergütung nicht verbindlich. Ihnen komme jedoch Richtlinienfunktion zu, sie seien auch für den Betreuer eines vermögenden Betreuten regelmäßig angemessen. Von ihnen sei nur dann abzuweichen, wenn dies die Schwierigkeit der Betreuungsgeschäfteausnahmsweise gebiete. Eine derartige Schwierigkeit sei nicht gegeben.
Auch aus Gründen des Vertrauensschutzes könne der Betreuerin kein höherer Stundensatz gewährt werden. Ebenso wenig führe die bei vermögenden Betreuten entsprechend anzuwendende Übergangsregelung des § 1 Abs. 3 BVormVG zu einem höheren Stundensatz. Diese Härteregelung wolle vermeiden, daß Berufsbetreuer, denen bisher höhere Stundensätze bewilligt wurden, als ihnen nach der Neuregelung zustünden, Einkommenseinbußen erleiden, ohne daß sie Gelegenheit hatten, sich der veränderten Vergütungssituation durch Umschulung oder Fortbildung anzupassen. Allerdings gelte auch hier die Grenze von 60,00 DM, die ebenfalls nur ausnahmsweise bei besonderer Schwierigkeit der Betreuungsgeschäfte überschritten werden dürfte. Dies sei hier nicht der Fall. Die Betreuerin habe als Rechtsanwältin bereits die Qualifikation, die für die höchste Vergütungsstufe von 60,00 DM erforderlich sei, so daß eine vergütungserhöhende Qualifikationssteigerung nicht in Betracht komme.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) nicht in allen Punkten stand. Die Entscheidung erweist sich jedoch im Ergebnis als richtig.
a) Der Berufsbetreuer hat gegen den Betreuten Anspruch auf Vergütung seiner Amtsführung (§ 1908 Abs. 1 Satz 1, § 1836 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BGB).
Ist der Betreute nicht mittellos bemißt sich die Vergütung zwar nicht zwingend nach den Stundensätzen des § 1 Abs. 1 BVormVG (vgl. BGH NJW 2000, 3709). Der vom Gesetzgeber in dieser Bestimmung getroffenen Regelung kommt insoweit jedoch Richtlinienfunktion zu. Die für den Fall der Inanspruchnahme der Staatskasse verbindlich festgelegten Stundensätze stellen im Regelfall auch für die von Betreuern vermögender Betreuter erbrachten Leistungen ein angemessenes Entgelt dar. Überschritten werden dürfen diese Stundensätze deshalb nur, wenn die Schwierigkeit der Betreuungsgeschäfte dies im Einzelfall ausnahmsweise gebietet (vgl. BGH aaO). Die Zuerkennung eines höheren Stundensatzes setzt demnach voraus, daß die Anforderungen der konkreten Betreuung, etwa wegen des vom Betreuer geforderten außergewöhnlichen, durch den Zeitaufwand nicht abgegoltenen Engagements oder wegen anderer – gemessen an der Qualifikation des Betreuers – besonderer Schwierigkeiten im Abrechnungszeitraum über den Regelfall einer Betreuung mit entsprechendem Aufgabenkreis deutlich hinausgegangen sind und die Vergütung des Betreuers mit dem seiner Qualifikation nach § 1 Abs. 1 BVormVG entsprechenden Stundensatz zu der von ihm erbrachten gesteigerten Leistung in einem klaren Mißverhältnis stünde (vgl. BayObLGZ 2000, 316).
Für eine Übergangszeit ab dem Inkrafttreten der Neuregelung des Vergütungsrechts kann jedoch auch dem Berufsbetreuer eines nicht mittellosen Betroffenen im Rahmen der Bemessung des Stundensatzes ein Härteausgleich gewährt werd...