Entscheidungsstichwort (Thema)
Wertung der Angebote zu einem bestimmten Stichtag
Leitsatz (amtlich)
Wird die Vergabestelle durch bestandskräftigen Beschluss der Vergabekammer verpflichtet, die Angebote von Bietern im Verhandlungsverfahren zu einem bestimmten Stichtag zu werten, ist damit ein erneuter Eintritt in Preisverhandlungen, die das preisliche Gefüge der Angebote zum vorgegebenen Stichtag verändern, regelmäßig nicht zu vereinbaren.
Verfahrensgang
Vergabekammer Nordbayern (Beschluss vom 26.08.2003; Aktenzeichen 320.VK-3194-28/03) |
Tenor
I. Die sofortigen Beschwerden des Antragsgegners und der Beigeladenen gegen den Beschluss der Vergabekammer Nordbayern vom 26.8.2003 werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Anordnung, der Antragstellerin den Zuschlag zu erteilen, entfällt.
II. Der Antragsgegner und die Beigeladene haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 206.248 Euro.
Gründe
I. Der Antragsgegner schrieb durch das Universitätsbauamt (Vergabestelle) die Errichtung eines Fertigraumzellengebäudes für die Baumaßnahme Klinikum der Universität, Neubau eines Zentrums für Stammzellentransplantationen, im Offenen Verfahren nach § 3a Nr. 1 Buchst. a VOB/A europaweit aus. Im Eröffnungstermin am 27.2.2003 lagen Angebote von 9 Bietern, darunter die der Antragstellerin und der Beigeladenen, vor.
Mit Schreiben vom 28.3.2003 teilte die Vergabestelle den Bietern mit, sie habe das Verfahren aufgehoben, weil kein Angebot eingegangen sei, das den Ausschreibungsbedingungen entsprochen habe.
Die Vergabestelle führte sodann ein Verhandlungsverfahren ohne öffentliche Bekanntmachung mit drei ausgewählten Bietern, zu denen die Antragstellerin und die Beigeladene zählten, durch. Auf die Mitteilung, auf ihr Angebot könne der Zuschlag nicht erteilt werden, weil es nicht das wirtschaftlichste sei, hat die Antragstellerin ein Nachprüfungsverfahren beantragt. Mit Beschluss vom 23.6.2003 (IBR 2003, 571) hat die Vergabekammer entschieden, dass die Durchführung des Vergabeverfahrens die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt hat. Zugleich wurde die Vergabestelle verpflichtet, die Angebote der Antragstellerin und der Beigeladenen zum Einreichungstermin am 2.5.2003, 24.00 Uhr, zu werten und hierbei ein später eingegangenes Angebot der Beigeladenen vom 9.5.2003 nicht zu berücksichtigen. Zur Begründung hat die Vergabekammer ausgeführt, auch das Verhandlungsverfahren unterliege trotz geringer formaler Anforderungen den Grundsätzen des Wettbewerbs, der Transparenz und der Nichtdiskriminierung. Hier sei der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt worden, weil nur die Beigeladene Gelegenheit gehabt habe, ihr später gewertetes Angebot nach dem 2.5.2003 noch abzuändern und auf diese Weise den ursprünglich niedrigeren Angebotspreis der Antragstellerin zu unterbieten. Dies sei mit dem Nachverhandlungsverbot unvereinbar.
Der Beschluss der Vergabekammer ist bestandskräftig.
Die Vergabestelle führte daraufhin das Verfahren fort. Mit Rücksicht darauf, dass der vorgegebene Lieferant für die Mess- und Regeltechnik seine Leistung beiden Bietern gleichermaßen überhöht angeboten und sodann gleichermaßen um rund 211.000 Euro reduziert hatte, teilte die Vergabestelle der Antragstellerin wie der Beigeladenen nunmehr unter dem 4.7.2003 mit, es lägen überhöhte Angebotspreise vor und es werde eine erneute Angebotsfrist für deren Überarbeitung gesetzt.
Die Antragstellerin erklärte hierzu innerhalb der gesetzten Frist unter dem 7.7.2003, für die Wertung von weiter gehenden Preisnachlässen sei mit Ausnahme der beide Bieter in gleichem Umfang betreffenden Differenz vorliegend kein Raum. Einem solchen Vorgehen würde sie sogleich mit einem weiteren Beschwerdeverfahren begegnen. Der ihr durch die von der Vergabekammer festgestellte Rechtsverletzung entstandene Schaden sei nur dadurch zu beseitigen, dass ihr der Auftrag auf der Grundlage des zum 2.5.2003 vorgelegten Angebots erteilt werde. Ihren ursprünglichen Angebotspreis setzte sie genau um den Betrag herab, um den der Lieferant der Mess- und Regeltechnik beiden Bietern ggü. den Angebotspreis reduziert hatte.
Die Beigeladene reichte demgegenüber ebenfalls fristgerecht am 8.7.2003 ein preislich weiter gehend abgeändertes Angebot ein.
Beide Angebote kamen in die Wertung. Preislich liegt die Beigeladene nun mit 3.883.029,49 Euro an erster Stelle, während sich das Angebot der Antragstellerin auf 4.124 .968,03 Euro beläuft.
Auf die Mitteilung der Vergabestelle vom 21.7.2003, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen erteilen zu wollen, hat die Antragstellerin am 22.7.2003 die Nachprüfung mit dem Ziel beantragt, die Vergabestelle zu verpflichten, an Stelle der Beigeladenen ihr selbst den Zuschlag zu erteilen.
Die Antragstellerin vertritt den Standpunkt, dass die Vergabestelle auf Grund des bestandskräftigen Beschlusses der Vergabekammer vom 23.6.2003 gehalten gewesen sei, die Angebote beider Bieter zum 2.5.2003 unter Ausschluss von Nachverhandlungen zu werte...