Leitsatz (amtlich)

1. Unzulässigkeit der Weiterverweisung nach bindendem ersten Verweisungsbeschluss.

2. Zum Gerichtsstand des Erfüllungsorts bei Klage auf Rückgewähr der Kaufpreisanzahlung nach Widerruf eines Time-Sharing-Vertrages.

 

Normenkette

ZPO §§ 29, 36 Abs. 1 Nr. 6, § 281; EuGVÜ Art. 5 Nr. 1, Art. 13 Abs. 1 Nr. 3, Art. 14 Art. 16 Nr. 1, Art. 17

 

Verfahrensgang

AG Stuttgart (Aktenzeichen 1 C 2701/02)

AG Fürstenfeldbruck (Aktenzeichen 2 C 589/02)

 

Tenor

Zuständig ist das AG Fürstenfeldbruck.

 

Gründe

I. Der Kläger und seine Ehefrau haben am 1.5.2000 auf Gran Canaria mit der Firma P., einem Time-Sharing-Anbieter mit Sitz in Spanien, einen Vertrag geschlossen, wonach die Eheleute Miteigentum und die Berechtigung zur Nutzung für eine Woche pro Jahr an einem Appartement in der Ferienwohnanlage der Firma P. auf Gran Canaria erwerben sollten. Der Vertrag enthält eine Gerichtsstandsklausel zugunsten des Gerichtswesens von Gran Canaria. Auf den Gesamtpreis von 22.800 DM hat der Kläger bisher 7.245,87 DM bezahlt. Mit Schreiben vom 27.7.2000 haben die Eheleute den Vertrag widerrufen. Im Falle der Durchführung des Vertrages hätte es der Firma P. oblegen, nach Erhalt des vollständigen Kaufpreises die Eheleute bei der Beklagten, einem im Verbund mit einer internationalen Ferientauschgesellschaft (sog. Tauschpool) auf den Tausch von Ferienwohnungen spezialisierten Unternehmen mit Sitz in St., als Vertragspartner für die ersten drei Jahre anzumelden; hierzu ist es nicht gekommen.

Der Kläger verlangt die Kaufpreisanzahlung zurück. Er hat gegen die Firma P. vor dem AG Düsseldorf Klage erhoben und diese Klage gegen die Beklagte erweitert. Nach richterlichem Hinweis auf die örtliche Unzuständigkeit verwies das AG Düsseldorf auf Antrag des Klägers, der in erster Linie das AG Fürstenfeldbruck und hilfsweise für das Verfahren gegen die Beklagte das AG Stuttgart benannte, den Rechtsstreit insgesamt mit Beschluss vom 19.11.2001 an das AG Fürstenfeldbruck. Im Verweisungsbeschluss ist ausgeführt, dass sich die Bindungswirkung des Beschlusses nicht auf die internationale Zuständigkeit des verwiesenen Gerichts erstreckt. Das AG Fürstenfeldbruck hat die Klage gegen die Firma P. mangels internationaler Zuständigkeit der deutschen Gerichte abgewiesen. Das Verfahren gegen die Beklagte hat es mit Beschluss vom 15.2.2002 abgetrennt und – gemäß einem erneut hilfsweise gestellten Verweisungsantrag des Klägers, der der Beklagten mitgeteilt wurde – an das AG Stuttgart weiterverwiesen. Das AG Stuttgart hat die Übernahme des Rechtsstreits mit Beschluss vom 17.4.2002 abgelehnt und die Akten dem OLG München vorgelegt.

II. 1. Das BayObLG ist zur Entscheidung des negativen Zuständigkeitsstreits zwischen dem zuerst mit der Sache befassten AG Fürstenfeldbruck und dem AG Stuttgart berufen (§ 36 Abs. 2 ZPO, § 9 EGZPO). Die Voraussetzungen für die Bestimmung des zuständigen Gerichts gem. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor.

2. Örtlich zuständig ist jedenfalls aufgrund des bindenden Verweisungsbeschlusses des AG Düsseldorf vom 19.11.2001 das AG Fürstenfeldbruck.

a) Nach § 281 Abs. 2 S. 5 (jetzt: S. 4) ZPO ist ein Verweisungsbeschluss für das Gericht, an das verwiesen wird, bindend. Diese Bindung ist auch im Bestimmungsverfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu beachten, so dass der erste mit verfahrensrechtlicher Bindungswirkung erlassene Verweisungsbeschluss im Bestimmungsverfahren fortwirkt (BayObLG v. 9.5.1990 – AR 1Z 45/90, NJW-RR 1991, 187 [188]; KG v. 23.8.1999 – 28 AR 103/99, KGReport 1999, 394 [395]; Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 36 Rz. 28). Dies entzieht auch einen sachlich zu Unrecht ergangenen Verweisungsbeschluss grundsätzlich der Nachprüfung (BGH v. 10.12.1987 – I ARZ 809/87, MDR 1988, 470 = NJW 1988, 1794 [1795]; FamRZ 1990, 1226 [1227]; BayObLG v. 26.11.1985 – AllgReg. 90/85, MDR 1986, 326, BayObLGZ 1985, 397 [401]). Die Bindungswirkung entfällt nur dann, wenn die Verweisung offensichtlich gesetzwidrig ist, so dass sie als objektiv willkürlich erscheint, oder wenn sie auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs beruht (BGH v. 10.12.1987 – I ARZ 809/87, BGHZ 102, 338 [341] = MDR 1988, 470; BayObLG v. 16.7.1991 – AR 1Z 57/91, BayObLGZ 1991, 280 [281 f.]; Zöller/Greger, § 281 Rz. 17, 17a).

b) Das AG Düsseldorf, dessen örtliche Unzuständigkeit von den Parteien nicht in Frage gestellt wird, hat die Verweisung an das AG Fürstenfeldbruck als Wohnsitzgericht des Klägers damit begründet, dass dort der Gerichtsstand des Erfüllungsortes gem. § 29 ZPO gegeben sei. Die Parteien (zu denen damals auf Beklagtenseite auch noch die Firma P. gehörte) würden über das wirksame Zustandekommen des Time-Sharing-Vertrages und die sich daraus ergebenden Zahlungsverpflichtungen des Klägers für Vergangenheit und Zukunft streiten. Diese wären – das Bestehen des Vertragsverhältnisses unterstellt – an seinem Wohnsitz zu erfüllen.

Diese Auffassung ist jedenfalls nicht so offensichtlich unvertretbar, dass sie als willkürlich zu qualifizieren wäre.

aa) Allerdings kommt im Verhältnis...

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