Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Zuständigkeit des Bayerischen Obersten Landesgerichts für Rechtsbehelfe gegen die Verweigerung der Einsicht in die gerichtliche Betreuungsakte
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Entscheidung des Amtsgerichts - Betreuungsgericht - über den Antrag eines privaten Dritten (nicht einer Behörde), ihm Einsicht in die gerichtliche Betreuungsakte zu bewilligen, handelt es sich aufgrund der vom Gesetzgeber in § 13 Abs. 7 FamFG vorgenommenen Qualifizierung um rechtsprechende Tätigkeit, nicht um einen Justizverwaltungsakt. Dies gilt auch dann, wenn die Entscheidung das Gesuch um Einsicht in die Akte eines bereits abgeschlossenen Verfahrens betrifft. (Rn. 6 - 19)
2. Über den Rechtsbehelf des privaten Dritten gegen die ablehnende Entscheidung des Amtsgerichts - Betreuungsgericht - entscheidet nicht das Bayerische Oberste Landesgericht im Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG. (Rn. 5)
3. Gegen die Versagung der Akteneinsicht durch das Amtsgericht - Betreuungsgericht - ist die Beschwerde zum Landgericht als Beschwerdegericht eröffnet. (Rn. 20 - 21)
Normenkette
AGGVG Art. 12; EGGVG § 23 Abs. 1-2, § 25 Abs. 2; FamFG § 13 Abs. 2; GG Art. 92
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 24.07.2019; Aktenzeichen 13 T 10013/19) |
AG München (Beschluss vom 26.04.2019; Aktenzeichen 715 XVII 2631/18) |
Tenor
Die Sache wird an das Landgericht München I zurückgegeben.
Gründe
I. Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 15. April 2019 hat die Antragstellerin nach dem Tod der Betroffenen beim Amtsgericht München Akteneinsicht in die Betreuungsakte beantragt. Sie bringt vor, es bestehe ein berechtigtes Interesse an der Akteneinsicht im Sinne des § 13 Abs. 2 FamFG. Die Akteneinsicht sei bei der Überprüfung von Ansprüchen der Antragstellerin gegenüber der (früheren) Betreuerin bzw. dem Erben der (vormalig) Betroffenen hilfreich. Diesen Antrag hat das Amtsgericht München - Betreuungsgericht - durch Beschluss vom 26. April 2019 zurückgewiesen. Akteneinsicht gemäß § 13 Abs. 2 FamFG komme nicht in Betracht, da schutzwürdige Interessen der Erben der Betroffenen entgegenstünden.
Hiergegen hat die Antragstellerin mit Anwaltsschriftsatz vom 8. Mai 2019, eingegangen am selben Tag, Beschwerde beim Amtsgericht München - Betreuungsgericht -eingelegt. Unter Hinweis auf eine Kommentierung in Zöller, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 58 FamFG Rn. 3 und die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 5. Dezember 2012, 15 VA 15/12, FamRZ 2013, 1152 wird ausgeführt, die Beschwerde sei nach der herrschenden obergerichtlichen Rechtsprechung statthaft.
Mit Beschluss vom 12. Juli 2019 hat das Amtsgericht München - Betreuungsgericht - der Beschwerde nicht abgeholfen; die Akte sei dem Landgericht München I als dem für die Entscheidung über die Beschwerde zuständigen Beschwerdegericht vorzulegen. Zur Begründung hat das Amtsgericht - Betreuungsgericht - ausgeführt, die Entscheidung beruhe auf § 68 Abs. 1 FamFG. Die Antragstellerin sei nicht Beteiligte gemäß § 13 Abs. 1 FamFG. Ein berechtigtes Interesse gemäß § 13 Abs. 2 FamFG sei nicht ausreichend glaubhaft gemacht.
Mit Beschluss vom 24. Juli 2019 hat das Landgericht München I das Beschwerdeverfahren an das Bayerische Oberste Landesgericht abgegeben. Das Landgericht vertritt die Ansicht, einer nicht am Verfahren beteiligten Person stehe ein Beschwerderecht gegen die Zurückweisung des Antrags auf Akteneinsicht zu. Jedenfalls bei einem nach Verfahrensabschluss gestellten Akteneinsichtsantrag folge dies aus § 23 EGGVG, wie sich dies aus der Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 29. Juli 2011, 2 WF 131/11, ergebe. Die Antragstellerin sei keine Beteiligte. Zwar sei sie bei der Anhörung der Betroffenen am 30. August 2018 zugegen gewesen, allein dies mache sie jedoch nicht zur Beteiligten. Jedenfalls habe das Amtsgericht - München - Betreuungsgericht - nicht zum Ausdruck gebracht, dass sie der jetzigen Beschwerdeführerin eine Einflussnahme auf das laufende Verfahren ermöglichen wolle. Das Betreuungsverfahren sei abgeschlossen.
II. Über den ausdrücklich als Beschwerde bezeichneten Rechtsbehelf der Antragstellerin vom 8. Mai 2019 hat nicht das Bayerische Oberste Landesgericht gemäß § 25 Abs. 2 EGGVG i. V. m. Art. 12 AGGVG zu entscheiden, da der Antrag weder gegen eine Anordnung, Verfügung oder sonstige Maßnahme der Justizverwaltung noch auf den Erlass eines Justizverwaltungsakts im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 EGGVG gerichtet ist. Mit dem Antrag begehrt die Antragstellerin als private Dritte (im Gegensatz zu Behörden) Einsicht in die Betreuungsakte gemäß § 13 Abs. 2 FamFG. Über den Antrag hatte nach § 13 Abs. 7 FamFG das in der Hauptsache zuständige Amtsgericht -Betreuungsgericht - zu entscheiden. Gegen die Versagung der Akteneinsicht ist die Beschwerde nach § 58 Abs. 1 FamFG eröffnet, über die nach § 72 Abs. 1 Satz 2, § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) GVG das Landgericht zu befinden hat. Das Verfahren ist daher an das Landgericht München I zurückzugeben. Dabei kann offenbleiben, ob es sich, wie das Landgeric...