Entscheidungsstichwort (Thema)
Beseitigung
Leitsatz (amtlich)
1. Eine bauliche Veränderung kann auch die Umgestaltung der Grundstücksoberfläche durch Begradigung eines abschüssigen Hanges sein.
2. Wird durch eine solche Maßnahme die Nutzbarkeit erhöht, so kann schon in der Möglichkeit einer intensiveren Nutzung ein Nachteil liegen.
Normenkette
WEG § 22
Verfahrensgang
LG Kempten (Beschluss vom 01.08.2002; Aktenzeichen 4 T 2846/01) |
AG Kaufbeuren (Aktenzeichen 4 UR II 35/01) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 1. August 2002 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegnerin hat die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Der Geschäftswert wird unter Abänderung der Beschlüsse des Amtsgerichts und des Landgerichts für alle Rechtszüge auf jeweils 2.500 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage.
Zur Wohnung der Antragsgegnerin gehört als Sondernutzungsfläche ein Teil des Gartens; dieser weist zum Haus hin ein – nicht sehr ausgeprägtes – Gefälle auf. Auf einem an der Grundstücksgrenze gelegenen Teil der Sondernutzungsfläche standen ursprünglich mehrere Fichten, die die Antragsgegnerin mit Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer entfernte.
Im Anschluß an die Beseitigung der Bäume begradigte die Antragsgegnerin die Teilfläche, auf der diese gestanden hatten. Die durch die Umgestaltung entstandene Böschung bepflanzte die Antragsgegnerin und baute zwei Holzstufen ein, über die man vom übrigen Garten zur begradigten Fläche gelangt.
Der Antragsteller hat beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die natürliche Neigung des Geländes wiederherzustellen und die Terrassierung sowie die Stufen zu beseitigen. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 7.12.2001 den Antrag abgewiesen. Das Landgericht hat am 1.8.2002 auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers den Beschluß des Amtsgerichts aufgehoben und die Antragsgegnerin antragsgemäß verpflichtet. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin.
Entscheidungsgründe
II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Die von der Antragsgegnerin vorgenommene Veränderung des Gartens stelle eine bauliche Veränderung dar. Diese sei auch für den Antragsteller nachteilig, weil die Antragsgegnerin den begradigten Teil des Gartens nunmehr besser nutzen könne. Insbesondere bestehe die Möglichkeit, dort Tische, Stühle oder Bänke sowie einen Grill aufzustellen. Bislang sei dies wegen des abschüssigen Geländes nur eingeschränkt möglich gewesen. Allein die Möglichkeit einer intensiveren Nutzung genüge; es komme somit nicht darauf an, ob diese auch tatsächlich beabsichtigt sei. Abgesehen davon liege in der Aufschüttung der Gartenteilfläche und in dem Einbau der beiden Holzstufen eine nachteilige optische Beeinträchtigung.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Die Antragsgegnerin ist nach § 1004 BGB verpflichtet, die vorgenommene nachteilige bauliche Veränderung im Sinn des § 22 Abs. 1 WEG zu beseitigen und den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen.
Bauliche Veränderungen sind auch die Umgestaltung der Grundstücksoberfläche, z. B. wie hier durch Begradigung eines abschüssigen Hangs und den Einbau von zwei Stufen in die gebildete Böschung (vgl. Palandt/Bassenge BGB 61. Aufl. § 22 WEG Rn. 2).
Die Umgestaltung geht über eine ordnungsmäßige Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinaus. Unstreitig ist das Gefälle des Geländes nicht sehr ausgeprägt. Der Vortrag der Antragsgegnerin, die Begradigung der Teilfläche sei zur Vermeidung eines Erdrutsches nach Entfernung der Fichten erforderlich gewesen, kann nicht überzeugen.
Die Beurteilung, ob der Antragsteller durch die Umgestaltung des Gartens über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt wird, obliegt in erster Linie dem Tatrichter.
Nach den vom Landgericht rechtsfehlerfrei und damit für das Rechtsbeschwerdegericht bindenden Feststellungen (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 559 ZPO n.F.) ist dies nicht der Fall. Erhöht nämlich eine bauliche Veränderung die Nutzbarkeit gegenüber dem unveränderten Zustand, so kann schon in der Möglichkeit einer intensiveren Nutzung – ohne Berücksichtigung der Nutzungsabsicht – ein Nachteil im Sinn von § 14 Nr. 1 WEG liegen (Staudinger/Bub WEG § 22 Rn. 78 m.w.N.). Davon ist hier das Landgericht zutreffend ausgegangen. Es hat nämlich festgestellt, daß die Antragsgegnerin aufgrund der vorgenommenen Umgestaltung in der Lage sei, Tische, Stühle, Bänke oder einen Grill auf der begradigten Gartenfläche aufzustellen und daß dies bislang uneingeschränkt nicht möglich gewesen sei. Soweit die Antragsgegnerin mit der Rechtsbeschwerde vorträgt, in dem Gartenbereich, der an die begradigte Teilfläche angrenze, sei es schon bisher möglich gewesen, Tische, Stühle oder einen Grill aufzustellen, kann dies als neuer Sachvortrag im ...