Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache. Abgrenzung von Sondernutzungsrechten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Anders als im Zivilprozeß ist es im Wohnungseigentumsverfahren nicht erforderlich, daß dieselben Richter in der Sache entscheiden, die an der letzten mündlichen Verhandlung teilgenommen haben.

2. Bei einem Streit von Wohnungseigentümern über den Umfang einer Sondernutzungsfläche kann nur dann auf die Beiziehung der Grundakten verzichtet werden, wenn nach dem übereinstimmenden Sachvortrag aller Beteiligten die vorgelegten Pläne hinsichtlich der Begrenzung der Sondernutzungsfläche mit den bei den Grundakten befindlichen Plänen übereinstimmen.

3. Der Geschäftswert beim Streit um Sondernutzungsflächen ist im allgemeinen niedriger anzusetzen als der Grundstückswert (Verkehrswert).

 

Normenkette

WEG § 7 Abs. 3-4, §§ 15, 48 Abs. 3 S. 1; ZPO § 551 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Landshut (Aktenzeichen 60 T 3245/99)

AG Freising (Aktenzeichen 2 UR II 13/98)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluß des Landgerichts Landshut vom 27. September 2000 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß von den Gerichtskosten erster und zweiter Instanz je samtverbindlich die Antragsteller 2/3 und die Antragsgegner 1/3 zu tragen haben und daß außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind.

II. Die gerichtlichen und die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerde Verfahrens haben die Antragsteller als Gesamtschuldner zu tragen.

III. Der Geschäftswert wird für die erste und die zweite Instanz auf jeweils 4.500 DM und für die Rechtsbeschwerdeinstanz auf 2.800 DM festgesetzt. Insoweit werden die Geschäftswertfestsetzungen des Amtsgerichts Freising und des Landgerichts Landshut abgeändert.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer aus drei Wohnungen bestehenden Anlage. Je zur Hälfte gehören den Antragstellern die im Aufteilungsplan mit Nr. 3 bezeichneten Räume samt Garage und den Antragsgegnern, die die Anlage errichtet hatten, die im Aufteilungsplan mit Nr. 2 bezeichneten Räumlichkeiten. Nach § 1 Nr. 6 der Gemeinschaftsordnung (GO) vom 30.11.1990 steht den jeweiligen Eigentümern der Raumeinheit Nr. 2 das alleinige Recht zu, die Teile der Umgriffsfläche, welche nicht als Zugangs- oder Zufahrtsfläche, Platz für Müllbehälter, Teppichklopfplatz usw. benötigt werden, zu nutzen. Im 1. Nachtrag vom 1.4.1992 zur Teilungserklärung wurde die Gemeinschaftsordnung dahin abgeändert, daß den jeweiligen Eigentümern der Raumeinheit Nr. 3 das Recht zusteht, die nach dem der Urkunde beigefügten Plan grün dargestellte unbebaute Grundstücksfläche (ca. 100 m²) östlich des Wohngebäudes und südlich des Garagengebäudes unter Ausschluß der übrigen Eigentümer als Garten zu nutzen.

Die Beteiligten streiten um die Abgrenzung ihrer Nutzungsrechte. Die Antragsteller beanspruchen für sich das Sondernutzungsrecht mit einer westlichen Grenze unmittelbar an der östlichen Außenmauer des Wohngebäudes und mit einer südlichen Grenze über die verlängerte Gerade der Gebäudeaußenwand hinaus bis zur Höhe des Dachüberstands. Deshalb begehrten sie insoweit die Entfernung eines im südlichen Bereich von den Antragsgegnern errichteten Gartenzauns. Demgegenüber sind die Antragsgegner der Meinung, das Sondernutzungsrecht werde südlich des an der Ostfassade vorhandenen Erkervorbaus begrenzt durch eine vom bestehenden Dachüberstand gekennzeichnete, parallel zur Gebäudeaußenmauer verlaufende Gerade. Südlich verlaufe die Grenze dagegen in der Flucht zur Gebäudeaußenwand.

Das Amtsgericht hat in seinem Beschluß vom 9.11.1999 festgestellt, daß das Sondernutzungsrecht der Antragsteller an der westlichen Grenze entgegen dem der Nachtragsurkunde beigefügten Plan bis zur Hauswand und nicht nur bis zum Dachüberstand reicht; ferner hat es den Antrag auf Entfernung des Gartenzauns abgewiesen. Das Landgericht hat auf Beschwerde und Anschlußbeschwerde mit Beschluß vom 27.9.2000 entschieden, daß die Antragsgegner den Gartenzaun im südlichen Bereich zu entfernen haben; den Antrag auf Feststellung des Grenzverlaufs im westlichen Bereich unmittelbar an der Hauswand hat das Landgericht abgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Grenze des Sondernutzungsrechts der Antragsteller verlaufe im westlichen Bereich nicht entlang der Hausmauer. Die Erklärungen in der maßgeblichen Notarsurkunde einschließlich der Einzeichnungen in dem beigefügten Plan seien der Auslegung zugänglich und auch bedürftig. Zwar habe der Dachüberstand laut Plan ein Ausmaß von nur 46 cm, während er nach der Bauausführung ca. 1,1 m betrage. Neben der Möglichkeit, daß die Linie nur versehentlich dem Dachüberstand entsprechend eingezeichnet worden sei, komme jedoch auch die Auslegung in Betracht, daß die Grenze des Sondernutzungsrechts der tatsächliche und den Beteiligten aus der Bauausführung bekannte Dachüberstand bilden solle. Nach dem Inhalt der beurkundeten Erklärung sol...

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