Entscheidungsstichwort (Thema)
Stillegung eines Müllschluckers
Leitsatz (amtlich)
Die Stillegung eines Müllschluckers ist einem Mehrheitsbeschluß der Wohnungseigentümer nicht zugänglich (Fortführung von BayObLG NJWE-MietR 1996, 159 = WuM 1996, 488).
Normenkette
WEG § 15
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 23.10.2001; Aktenzeichen 14 T 1396/01) |
AG Fürth (Bayern) (Beschluss vom 22.01.2001; Aktenzeichen 7 UR II 53/00) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin werden der Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 23. Oktober 2001 und der Beschluß des Amtsgerichts Fürth (Bay.) vom 22. Januar 2001 aufgehoben.
II. Es wird festgestellt, daß der Beschluß der Wohnungseigentümer vom 26. April 2000 zu Tagesordnungspunkt (TOP) 7 nichtig ist.
III. Die Antragsgegner haben als Gesamtschuldner die Gerichtskosten aller Rechtszüge zu tragen; außergerichtliche Kosten sind in keinem Rechtszug zu erstatten.
IV. Der Geschäftswert wird für alle Rechtszüge unter Abänderung der Geschäftswertfestsetzung durch die Vorinstanzen auf 5.000 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Antragsteller in und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.
Nach der Satzung über die städtische Abfallwirtschaft in der Stadt, in der sich die Wohnanlage befindet, muß der Müll in näher bestimmter Weise sortiert und in jeweils dafür vorgesehenen eigenen Abfallbehältnissen gesammelt werden. Die Wohnanlage verfügt über einen Müllschlucker, in den nur aussortierungsfreier Restmüll geworfen werden darf.
In der Eigentümerversammlung vom 26.4.2000 faßten die Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit zu TOP 7 den Beschluß, daß der Betrieb der Müllschluckanlage bis 31.10.2000 probeweise weitergeführt wird und daß die Verwalterin und der Verwaltungsbeirat ermächtigt werden, die Müllschluckanlage zum 31.10.2000 zu schließen, wenn sie in der Zwischenzeit nicht ordnungsgemäß genutzt worden ist.
Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 25.5.2000, laut Eingangsstempel beim Amtsgericht am 4.6.2000 eingegangen, beantragt, den Eigentümerbeschluß für ungültig zu erklären. Mit Schriftsatz vom 14.8.2000 hat sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Anfechtungsfrist beantragt. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 22.1.2001 die Anträge abgewiesen. Das Landgericht hat am 23.10.2001 die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich deren sofortige weitere Beschwerde.
Entscheidungsgründe
II.
Das Rechtsmittel ist zulässig und begründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Der Eigentümerbeschluß sei nicht wegen fehlender Beschlußkompetenz der Wohnungseigentümer nichtig. Es liege vielmehr eine Regelung über den Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums vor, den die Wohnungseigentümer mit Mehrheit beschließen könnten.
Der Eigentümerbeschluß sei auch nicht für ungültig zu erklären, weil die Antragstellerin die Anfechtungsfrist (§ 23 Abs. 4 Satz 2 WEG) versäumt habe und die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht nachgewiesen seien.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Die von der Eigentümerversammlung durch Mehrheitsbeschluß der Verwalterin und dem Verwaltungsbeirat erteilte Ermächtigung, den Müllschlucker stillzulegen, wenn er innerhalb einer bestimmten Frist nicht ordnungsgemäß benutzt wird, ist einer Beschlußfassung entzogen; sie unterfällt nicht der Bestimmung des § 15 Abs. 2 WEG.
Eine Gebrauchsregelung muß eine Konkretisierung des Gebrauchs zum Inhalt haben. Ein Gebrauchsentzug ist keine Regelung des Gebrauchs nach § 15 WEG, weil diese den Mitgebrauch voraussetzt. Der Gebrauchsentzug ändert § 13 Abs. 2 WEG ab und hat damit gesetzesändernden Inhalt. Eine solche Regelung ist dem Mehrheitsprinzip von vornherein ebensowenig zugänglich wie die Änderung einer Vereinbarung (BGH NJW 2000, 3500/3502).
Im Gegensatz zu dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall, in dem alle Wohnungseigentümer bis auf einen durch den Eigentümerbeschluß vom Mitgebrauch des Gemeinschaftseigentums ausgeschlossen wurden, trifft hier der Gebrauchsentzug alle Wohnungseigentümer. Dies ändert aber nichts daran, daß die oben genannten Grundsätze gleichwohl Anwendung finden. Diese Grundsätze gelten nämlich erst recht, wenn der Ausschluß vom Mitgebrauch nicht nur einzelne, sondern sämtliche Wohnungseigentümer trifft.
b) Der Senat hat am 18.1.1996 (NJWE-MietR 1996, 159 = WuM 1996, 488) entschieden, daß ein Mehrheitsbeschluß der Wohnungseigentümer, einen vorhandenen Müllschlucker zu schließen, eine Regelung über den Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums gemäß § 15 WEG darstelle. An dieser Entscheidung wird nicht festgehalten.
Offenbleiben kann, ob der Antragstellerin von den Vorinstanzen zu Recht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Anfechtungsfrist (§ 23 Abs. 4 Satz 2 WEG) versagt worden ist. Auch bedarf es keiner Entscheidung, ob der Eigentümerbeschluß bei rechtzeitiger Anfechtung unt...