Entscheidungsstichwort (Thema)

Betreuungssache

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für die Entscheidung, ob, für welche Zeit und in welcher Höhe einem Rechtsanwalt als Betreuer eines vermögenden Betreuten im Hinblick auf die Neuregelung des Betreuervergütungsrechts ein Härteausgleich gewährt werden kann, kann insbesondere von Bedeutung sein, seit wann er Betreuungen berufsmäßig führt, in welchem Ausmaß diese Tätigkeit die Struktur und die Organisation seiner Kanzlei sowie seine Einkommenssituation geprägt hat, welche Anforderungen eine etwa notwendige Anpassung der Kanzleistruktur und -organisation an die durch die Änderung des Betreuervergütungsrechts bedingte Minderung der Einkünfte erfordert und in welchem Umfang er im Abrechnungszeitraum angefallene Tätigkeiten als Aufwendungsersatz abrechnet.

2. Auch wenn der Tatrichter diese Umstände nach § 12 FGG grundsätzlich, von Amts wegen zu ermitteln hat, trifft den Betreuer insoweit eine Darlegungslast.

 

Normenkette

BGB § 1836 Abs. 2 S. 2; BVormVG § 1 Abs. 3; FGG § 12

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 13 T 23615/00)

AG München (Aktenzeichen 703 XVII 01599/97)

 

Tenor

I. Der Beschluß des Landgerichts München I vom 24. Januar 2001 wird aufgehoben.

II. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht München I zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Mit Beschluß vom 23.4.1997 bestellte das Amtsgericht für die Betroffene, die über ein beträchtliches Vermögen verfügt, eine Rechtsanwältin zur Betreuerin. Gemäß den nachfolgenden Beschlüssen vom 18.10. und 12.11.1999 obliegen ihr die Vermögenssorge, die Wohnungsangelegenheiten und die Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern. Im Rahmen des Aufgabenkreises hat sie die Befugnis zum Anhalten, zur Entgegennahme und zum Öffnen der Post.

Bis einschließlich 1999 wurde die Tätigkeit der Betreuerin mit einem Stundensatz von 200 DM vergütet. Entgegen dem Antrag der Betreuerin, der für den Zeitraum vom 1.1. bis 30.9.2000 zu bewilligenden Vergütung ebenfalls einen Stundensatz von 200 DM inklusive Mehrwertsteuer zugrundezulegen, setzte das Amtsgericht mit Beschluß vom 8.11.2000 die Vergütung auf der Basis eines Nettostundensatzes von 60 DM fest.

Die sofortige Beschwerde der Betreuerin, mit der sie ihren Antrag weiter verfolgte, ist gemäß Beschluß des Landgerichts München I vom 24.1.2001 ohne Erfolg geblieben.

Hiergegen wendet sich die Betreuerin mit der sofortigen weiteren Beschwerde.

II.

Das zulässige, insbesondere vom Landgericht zugelassene (§ 69 e Satz 1, § 56 g Abs. 5 Satz 2 FGG) Rechtsmittel führt zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

1. Das Landgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet:

Zu Recht habe das Amtsgericht den Stundensatz für den gesamten Abrechnungszeitraum auf 60 DM bemessen. Für die Zubilligung eines höheren Stundensatzes sei im Hinblick auf den Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 31.8.2000 kein Raum. Nach dieser Entscheidung komme der vom Gesetzgeber in § 1 Abs. 1 BVormVG getroffenen Regelung für die Vergütung von Betreuern bemittelter Betreuter Richtlinienfunktion zu. Für, gemessen an der Qualifikation der Betreuerin, besondere Schwierigkeiten der Betreuungsgeschäfte fänden sich keine Anhaltspunkte. Eine Überschreitung des Regelstundensatzes von 60 DM sei auch nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes oder der Gleichbehandlung geboten. Die grundlegende Änderung des Vergütungsrechts für Betreuer sei bereits zum 1.1.1999 erfolgt. Inwieweit die vom Gesetzgeber für die Betreuung mittelloser Betreuter festgesetzten Stundensätze auch für die Vergütung der Betreuer vermögender Betreuter maßgebend seien, sei von Anfang an umstritten gewesen. Die Klärung dieser Frage durch den Bundesgerichtshof stelle einen sachlichen Grund dar, von der bisher geübten Praxis bei der Vergütung von Betreuern vermögender Betreuter abzuweichen.

2. Der angefochtene Beschluß des Landgerichts kann keinen Bestand haben, da es zur Verbescheidung der Erstbeschwerde der Betreuerin noch einer näheren Aufklärung des Sachverhalts bedarf.

a) Der Berufsbetreuer hat gegen den Betreuten Anspruch auf Vergütung seiner Amtsführung (§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, § 1836 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BGB). Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach den für die Führung der Betreuung nutzbaren Fachkenntnissen des Betreuers sowie nach dem Umfang und der Schwierigkeit der ihm übertragenen Geschäfte (§ 1836 Abs. 2 Satz 2 BGB). Sie errechnet sich aus der für die Betreuung auf gewandten und erforderlichen Zeit und dem zugrundezulegenden Stundensatz (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 BVormVG). Letzterer ist in § 1836 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht betragsmäßig konkretisiert.

b) Für die Fälle, in denen die Vergütung wegen Mittellosigkeit des Betreuten aus der Staatskasse zu leisten ist (§ 1836 a BGB), hat der Gesetzgeber den Stundensatz je nach der Qualifikation des Betreuers in einer typisierten dreistufigen Skala verbindlich auf 35, 45 bzw. 60 DM festgelegt (§ 1 Abs. 1 BVormVG; vgl. BT-Drucks. 13/7158 S. 27).

Ist der Betreute n...

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