Entscheidungsstichwort (Thema)

Betreuungssache

 

Leitsatz (amtlich)

Weder die Einleitung eines Betreuungsverfahrens noch die Beauftragung eines Sachverständigen als solche sind anfechtbare Verfügungen gemäß § 19 FGG.

 

Normenkette

FGG § 19

 

Verfahrensgang

AG Ansbach (Aktenzeichen XVII 424/00)

LG Ansbach (Aktenzeichen 4 T 1745/00)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Ansbach vom 5. Dezember 2000 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 1 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Am 23.10.2000 ging beim Amtsgericht die Anregung des Bruders des Betroffenen ein, für diesen einen Betreuer zu bestellen. Mit Beschluß vom 24.10.2000 beauftragte das Amtsgericht einen Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens zu den medizinischen Voraussetzungen der Betreuung. Gleichzeitig bat es die Betreuungsstelle um „Sachverhaltsermittlung und gegebenenfalls Betreuervorschlag”. Die Beschwerde des Betroffenen gegen die Einleitung des Betreuungsverfahrens und die Beauftragung des Sachverständigen hat das Landgericht mit Beschluß vom 5.12.2000 verworfen. Dagegen wendet sich die weitere Beschwerde des Betroffenen.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig. Die Entscheidung des Landgerichts unterliegt unabhängig von der Statthaftigkeit der Erstbeschwerde der weiteren Beschwerde (BayObLGZ 1993, 253). Der Betroffene ist beschwerdeberechtigt, weil das Landgericht die Erstbeschwerde verworfen hat (BayObLGZ 1998, 195). Das Rechtsmittel ist aber nicht begründet.

1. Das Landgericht hat die Erstbeschwerde zu Recht verworfen, da weder die Einleitung eines Betreuungsverfahrens noch die Beauftragung eines Sachverständigen als solche gemäß § 19 Abs. 1 FGG anfechtbare Verfügungen darstellen.

a) Die Einleitung des Betreuungsverfahrens durch das Amtsgericht ist keine Verfügung gemäß § 19 Abs. 1 FGG (BayObLG BtPrax 1998, 148; KG Rpfleger 1971, 180; Bassenge/Herbst FGG/RPflG 8. Aufl. § 19 FGG Rn. 10). Sie ist eine verfahrensleitende Maßnahme, keine Sachentscheidung und greift für sich genommen nicht in die Rechtssphäre des Betroffenen ein.

Aus diesen Gründen bedarf im übrigen die Verfahrenseinleitung, entgegen der Auffassung des Betroffenen, nicht der vorherigen Anhörung. Das Gesetz schreibt die Anhörung des Betroffenen erst vor der Bestellung eines Betreuers vor (§ 68 Abs. 1 Satz 1 FGG). Dies gilt auch für die lediglich der Sachaufklärung dienende Einschaltung der Betreuungsstelle (vgl. § 68 a Satz 1 FGG).

b) Bei der Anordnung der Einholung des Gutachtens handelt es sich ebenfalls nicht um eine Verfügung im Sinne von § 19 Abs. 1 FGG.

Nach dem Gesetz darf ein Betreuer erst bestellt werden, nachdem das Gutachten eines Sachverständigen über die Erforderlichkeit der Betreuung eingeholt worden ist (§ 68 b Abs. 1 Satz 1 FGG). Die Anordnung der Einholung dieses Gutachtens stellt eine Zwischenverfügung dar.

Solche Verfügungen sind nach der Rechtsprechung des Senats und nach herrschender Meinung grundsätzlich nicht der Beschwerde nach § 19 FGG unterworfen. Sie sind nur anfechtbar, wenn die angeordnete Maßnahme unmittelbar in Rechte des Betroffenen eingreift, insbesondere von ihm ein bestimmtes Verhalten verlangt, und zwar in so erheblicher Weise, daß ihre selbständige Anfechtbarkeit geboten ist (BayObLGZ 1982, 167/169; BayObLG FamRZ 1998, 436/437; vgl. auch Bassenge/Herbst aaO Rn. 13; Keidel/Kahl FGG 14. Aufl. § 19 Rn. 9).

Der Beschluß des Amtsgerichts vom 24.10.2000 greift nicht in derart erheblicher Weise in Rechte des Betroffenen ein. Er ordnet nur die Erholung eines Gutachtens an, legt dem Betroffenen aber keine Handlungs- und Duldungspflicht auf. Denn die gerichtliche Anordnung, ein Gutachten einzuholen, bewirkt noch nicht die Verpflichtung des Betroffenen, sich begutachten und untersuchen zu lassen. Der Betroffene braucht sich einer Untersuchung nur mit seiner Einwilligung zu unterziehen (BayObLGZ 1995, 222/223). Fragen braucht er nicht zu beantworten, an Tests nicht teilzunehmen (Keidel/Kayser § 68 b Rn. 12; Bassenge/Herbst § 68 b Rn. 10). Der Senat sieht deshalb in ständiger Rechtsprechung in der Anordnung der Gutachtenseinholung keine anfechtbare Zwischenverfügung (BayObLGZ 1995, 222/223; BayObLG FamRZ 2000, 249/250; Rpfleger 1981, 401; ebenso OLG Brandenburg FamRZ 1997, 1019; vgl. auch BayVerfGH BtPrax 1995, 179; BayObLG NJWE-FER 1998, 43).

Soweit der Entscheidung des Kammergerichts vom 12.9.2000 (FGPrax 2000, 237) anderes zu entnehmen sein sollte, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Insbesondere lassen sich nach seiner Auffassung aus der Regelung des § 68 b Abs. 3 Satz 2 FGG, wonach die Anordnung der Vorführung des Betroffenen zur Untersuchung durch den Sachverständigen nicht anfechtbar ist, keine Rückschlüsse auf die Anfechtbarkeit der Anordnung der Gutachtenseinholung ziehen. Zwar lassen, wie das Kammergericht anführt, weder der Wortlaut noch die Materialien des Gesetzes erkennen, daß die Regelung in § 68 b Abs. 3 Satz 2 FGG auch die Entscheidung über die Einholung des Gutachtens erfassen sollt...

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