Von erheblicher praktischer Bedeutung ist die Übergangsfrist des § 71j GEG bei Neu- und Ausbau eines Wärmenetzes. § 71j GEG lässt die Inbetriebnahme sowie den Weiterbetrieb von Heizungsanlagen zu, die nicht der 65 %-EE-Vorgabe des § 71 Abs. 1 GEG entsprechen, wenn der Anschluss an ein Wärmenetz zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme noch nicht möglich, aber absehbar oder wahrscheinlich ist. Das kann der Fall sein, wenn

  • ein neues Wärmenetz geplant, aber noch nicht fertig gestellt ist, oder
  • die Erweiterung eines bestehenden Wärmenetzes geplant ist.

Selbstverständlich muss sich die Heizungsanlage im Gebiet des geplanten Ausbaus befinden, in dem der Ausbau noch nicht abgeschlossen ist.

1.2.1 Voraussetzungen

Voraussetzung ist, dass der Gebäudeeigentümer mit dem Netzbetreiber einen Vertrag zur Lieferung von mindestens 65 % Wärme aus erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme sowie zum Anschluss des Gebäudes an ein Wärmenetz nachweist. Auf Basis dieses Vertrags muss der Eigentümer ab dem Zeitpunkt des Anschlusses des Gebäudes an das Wärmenetz, spätestens jedoch innerhalb von 10 Jahren nach Vertragsschluss, beliefert werden.

Die gelieferte Wärme muss also spätestens nach 10 Jahren einen Anteil von mindestens 65 % aus Erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme enthalten. Gemäß der Definition von unvermeidbarer Abwärme in § 3 Abs. 1 Nr. 30a GEG ist Abwärme dann vermeidbar, wenn sie durch wirtschaftlich vertretbare Effizienzmaßnahmen im Produktionsprozess reduziert oder intern genutzt werden kann. Unvermeidbare Abwärme kann demgegenüber vom Wärmeerzeuger nicht in dem Ausmaß intern genutzt werden, wie Wärme produziert wird. Unvermeidbare Abwärme entsteht etwa durch Müllverbrennungsanlagen oder aber auch lokale Rechenzentren.

 

Jede Art Vereinbarung genügt

Für die Erfüllung dieser Voraussetzung genügt jede Art der Vereinbarung mit dem Wärmelieferanten. Auch vorvertragliche Vereinbarungen genügen, wenn die Bedingungen der künftigen Wärmelieferung noch nicht abschließend festgelegt werden können. Es genügt daher die Vereinbarung des künftigen Anschlusses und Wärmebezugs. Die Vertragsparteien sollten mit Blick auf den zeitlichen "Fahrplan" geeignete Regelungen für den Fall einer Rechtsnachfolge auf beiden Seiten aufnehmen. Nach Auffassung des Gesetzgebers sollte das Recht zur einseitigen Vertragslösung möglichst ausgeschlossen werden.[1]

Der Wärmenetzbetreiber hat nach § 71j Abs. 1 GEG

  • der zuständigen Behörde einen Wärmenetzausbau- und -dekarbonisierungsfahrplan mit 2- bis 3-jährlichen Meilensteinen für die Erschließung des Gebiets mit einem Wärmenetz vorzulegen und
  • sich gegenüber dem Gebäudeeigentümer zu verpflichten, dass das Wärmenetz innerhalb der vom Wärmenetzausbau- und -dekarbonisierungsfahrplan vorgesehenen Fristen, spätestens innerhalb von 10 Jahren nach Vertragsschluss, in Betrieb genommen wird.
 

Das ist Dekarbonisierung

Unter Dekarbonisierung versteht man die Reduzierung von Kohlendioxidemissionen durch den Einsatz kohlenstoffarmer Energiequellen, wodurch ein geringerer Ausstoß von Treibhausgasen in die Atmosphäre erreicht wird.

Der Netzbetreiber hat der nach Landesrecht zuständigen Behörde einen Investitionsplan vorzulegen. Er hat darin darzulegen wie er eine Wärmeversorgung des betreffenden Gebiets spätestens bis zum 1.1.2035 realisieren will. Dem Eigentümer hat er auf dessen Verlangen zu bestätigen, dass die gesetzlichen Vorgaben an den Ausbau bzw. Neubau des Wärmenetzes erfüllt sind bzw. erfüllt werden.

[1] BT-Drs. 20/6875, S. 121.

1.2.2 Ausbau wird nicht weiterverfolgt

Stellt die zuständige Behörde fest, dass die Umsetzung des Wärmenetzausbaufahrplans zum Wärmenetzausbau vollständig oder für bestimmte Gebiete nicht weiterverfolgt wird, ergeht ein entsprechender Feststellungsbescheid der Behörde. Dieser Bescheid ist mit Rechtsmitteln durch die Verwaltungsgerichte überprüfbar. Im Fall seiner Bestandskraft ist dies öffentlich bekannt zu geben. Wie die Bekanntgabe zu erfolgen hat, lässt sich weder dem Gesetz noch seiner Begründung entnehmen. Mutmaßlich wird diese entsprechend der Regelung zur Wärmeplanung in § 23 Abs. 3 WPG über das Internet veröffentlicht.

Folge ist nun, dass nach § 71j Abs. 2 GEG alle bis ein Jahr nach der öffentlichen Bekanntmachung der Bestandskraft eingebauten Heizungen, die nicht der 65 %-EE-Vorgabe des § 71 Abs. 1 GEG genügen, innerhalb einer Übergangsfrist von 3 Jahren dieser Vorgabe genügen müssen – entweder durch entsprechende Umrüstung oder einen Austausch.

 

Übergangsvorschrift des § 71i GEG ist nicht maßgeblich

Für diesen Fall steht also nicht der allgemeine Übergangszeitraum des § 71i GEG von 5 Jahren zur Verfügung, sondern nur der 3-Jahreszeitraum des § 71j Abs. 2 GEG.

Kann die Heizungsanlage nicht binnen der 10-Jahres-Frist über das Wärmenetz mit mindestens 65 % Wärme aus erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme betrieben oder versorgt werden, ist der Gebäudeeigentümer gemäß § 71j Abs. 3 GEG verpflichtet, die Anforderung nach § 71 Abs. 1 GEG nach Ablauf von 3 Jahren ab Ablauf der 10-Jahres-Frist einzuhalten. Auch in diesem Fall steht ...

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