Alexander C. Blankenstein
6.1.1 Begriff
Das Wohnungseigentumsgesetz sieht nur einen Geschäftsordnungsbeschluss vor: die Bestimmung des Versammlungsvorsitzenden in § 24 Abs. 5 WEG. Da aber allgemein anerkannt ist, dass sich jede Versammlung auch ohne besondere Ermächtigungsgrundlage eine Geschäftsordnung geben darf, können Einzelheiten des Ablaufs und der Gestaltung jeder Wohnungseigentümerversammlung mehrheitlich geregelt werden. Mit Geschäftsordnungsbeschlüssen werden die Modalitäten des Versammlungsablaufs geregelt. Entsprechende Anträge zur Geschäftsordnung seitens der Versammlungsteilnehmer sind jederzeit – also insbesondere zu Beginn und im Laufe der jeweiligen Versammlung – zulässig. Geschäftsordnungsbeschlüsse müssen nicht in der Einladung zur Eigentümerversammlung angekündigt werden, was bereits vor dem Hintergrund sachlogisch ist, als der Bedarf an einzelnen Geschäftsordnungsbeschlüssen erst im Laufe der Versammlung entstehen kann.
Etwas anderes kann gelten, wenn bereits im Vorfeld einer Versammlung feststeht, dass beispielsweise ein Rechtsanwalt zum Zweck der Beratung der Wohnungseigentümer anlässlich eines Anfechtungsverfahrens an der Versammlung teilnehmen wird. Dies soll allerdings keinen Einberufungsmangel darstellen. Über die Geschäftsordnungsbeschlüsse zur Wahl des Versammlungsleiters und Protokollführers, die Änderung der Reihenfolge der Tagesordnungspunkte, die Begrenzung der Redezeit sowie die Gewährung der Teilnahme gemeinschaftsfremder Dritter an der Versammlung muss stets vor den zur Beschlussfassung stehenden Tagesordnungspunkten abgestimmt werden.
6.1.2 Anfechtbarkeit
Geschäftsordnungsbeschlüsse, die sich auf die Organisation einer konkreten Eigentümerversammlung beziehen, sind isoliert nicht anfechtbar, da sich ihre Wirkung in dem Versammlungsverlauf erschöpft und keine Wirkung für die Zukunft entfalten. Zu beachten ist freilich, dass ein WEG-Beschluss wegen eines unzulässigen Geschäftsordnungsbeschlusses erfolgreich angefochten werden kann (etwa zu enge Redezeitregelung, Verstoß gegen das Nichtöffentlichkeitsgebot wegen Teilnahme unberechtigter Dritter, unberechtigter Ausschluss von der Versammlung).
Ausnahmsweise ist ein Geschäftsordnungsbeschluss aber dann anfechtbar und das erforderliche Rechtsschutzinteresse einer Klage zu bejahen, wenn die Abstimmung über einen Beschlussantrag mittels Geschäftsordnungsbeschlusses abgelehnt wird und dies erkennbar zur Behinderung der Rechte desjenigen geschieht, der die Abstimmung wünscht.
6.1.3 Aufnahme in Beschluss-Sammlung
Geschäftsordnungsbeschlüsse sind nicht in die Beschluss-Sammlung aufzunehmen. Anders aber dann, wenn Geschäftsordnungsbeschlüsse Dauerwirkung über die konkrete Versammlung hinaus auch für künftige Wohnungseigentümerversammlungen haben sollen.
Aufnahme in die Beschluss-Sammlung bejaht
- Generelle Regelung über die Beschränkung der Redezeit bei Wohnungseigentümerversammlungen;
- Generelles Teilnahmerecht von Mietern an den Wohnungseigentümerversammlungen – selbstverständlich ist ein derartiger Beschluss nichtig, was das Gericht verkannt hat und lediglich von einer Beschlussungültigkeit ausgegangen ist.
Denkbare – beschließbare – Geschäftsordnungsbeschlüsse mit Dauerwirkung wären auch solche, die dauerhaft Ort und Zeitpunkt einer Wohnungseigentümerversammlung festlegen oder ein generelles Rauchverbot in Wohnungseigentümerversammlungen statuieren. Solche Beschlüsse stellen keine Geschäftsordnungsbeschlüsse mehr dar und sind deshalb in die Beschluss-Sammlung einzutragen.