1 Kandidat

Steht nur ein Kandidat zur Auswahl, ist die Ausgangslage denkbar einfach: Der Verwalter ist bestellt, wenn die Anzahl der abgegebenen Ja-Stimmen diejenige der Nein-Stimmen übersteigt. Es genügt also die relative Mehrheit. Dieser Fall dürfte allerdings die Ausnahme darstellen, da nach Möglichkeit mehrere Angebote von übernahmebereiten Verwaltern einzuholen sind und somit auch mehrere Kandidaten zur Wahl stehen.

2 oder mehr Kandidaten

Wenngleich zur Verwalterbestellung die einfache Mehrheit erforderlich ist, genügt die relative Stimmenmehrheit dann nicht, wenn die Wohnungseigentümer über mehrere Bewerber gleichzeitig abstimmen.[1] Das Wahlverfahren legt insoweit der Versammlungsleiter fest, der aber auch einen entsprechenden Geschäftsordnungsbeschluss initiieren kann.[2] Jedenfalls kann über die mehreren Kandidaten gleichzeitig oder nacheinander abgestimmt werden.

Stellen sich mehrere Personen für das Amt des Verwalters zur Wahl, muss allerdings zwingend über jede Person dann abgestimmt werden, wenn

  • nicht ein Bewerber bereits die absolute Mehrheit erreicht und
  • die Wohnungseigentümer nur eine Ja-Stimme abgeben können.[3]

Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, müssen mehr als die Hälfte der in der Versammlung vertretenen Stimmen für den betreffenden Verwalter abgegeben werden.

 
Praxis-Beispiel

Relative Mehrheit bei Kopfstimmrecht

In der aus 50 Wohnungseigentümern bestehenden Wohnungseigentümergemeinschaft steht die Verwalterwahl an. Das Stimmrecht in der Versammlung richtet sich nach der gesetzlichen Grundregel in § 25 Abs. 2 WEG (Kopfstimmrecht). In der Eigentümerversammlung sind 35 Wohnungseigentümer anwesend bzw. durch Stimmvollmachten vertreten. Zur Wahl stellen sich die Verwalter A, B und C. Nach dem Abstimmungsvorgang entfallen auf A 17 Ja-Stimmen, auf B 10 Stimmen sowie auf C 8 Stimmen, Stimmenthaltungen gibt es nicht.

Ergebnis: Keiner der 3 Kandidaten ist zum Verwalter bestellt, denn zur Verwalterbestellung genügt nicht nur die relative Mehrheit, erforderlich ist vielmehr, dass ein Kandidat mehr als die Hälfte aller in der Versammlung vertretenen Stimmen auf sich vereinigt.

 
Praxis-Beispiel

Mehrheit bei Stimmrecht nach Miteigentumsanteilen

In der aus 30 Wohnungseigentümern bestehenden Wohnungseigentümergemeinschaft steht die Verwalterwahl an. Das Stimmrecht richtet sich abweichend von § 25 Abs. 2 WEG nach Miteigentumsanteilen. In der Wohnungseigentümerversammlung sind 6.800/10.000 Miteigentumsanteile vertreten. Zur Wahl stellen sich die Verwalter A, B und C. Nach dem Abstimmungsvorgang entfallen auf A 3.500/10.000 Miteigentumsanteile, auf B 1.300/10.000 Miteigentumsanteile sowie auf C 2.000/10.000 Miteigentumsanteile.

Ergebnis: A ist zum Verwalter bestellt, da er mehr als die Hälfte aller in der Versammlung vertretenen Stimmen (Miteigentumsanteile) auf seine Person vereinigt.

Dies gilt allerdings nur dann, wenn die Wohnungseigentümer lediglich eine Ja-Stimme abgeben können. Können sie für alle Verwalterkandidaten Ja-Stimmen abgeben, was freilich in der Praxis der Ausnahmefall sein dürfte, muss über alle Kandidaten abgestimmt werden. Auch wenn die Mehrheit zwar für A gestimmt hat, kann sich der eine oder andere Wohnungseigentümer bei der Abstimmung über Kandidat B oder C auch noch eines anderen besinnen und auch für diese Kandidaten stimmen, weshalb es schließlich gegenüber dem 1. Wahlgang zu einem abweichenden Mehrheitsverhältnis kommen kann.[4]

 
Praxis-Beispiel

Mehrheit bei Kopfstimmrecht

Wiederum steht die Verwalterwahl an. Die Gemeinschaft besteht aus 20 Wohnungseigentümern, das Stimmrecht folgt nach Köpfen gemäß § 25 Abs. 2 WEG. In der Eigentümerversammlung, an der alle Wohnungseigentümer teilnehmen, stellen sich A und B zur Wahl. 9 der Wohnungseigentümer stimmen für A, 6 von ihnen für B. 5 Wohnungseigentümer enthalten sich ihrer Stimme.

Ergebnis: A ist zum Verwalter gewählt. Da Enthaltungen nicht als Nein-Stimmen zu werten sind und es so nur auf das Verhältnis von Ja- zu Nein-Stimmen ankommt, hat A die erforderliche Mehrheit erreicht.[5]

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