Alexander C. Blankenstein
Nach der Definition des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB versteht man unter AGB alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei – der "Verwender" – der anderen Vertragspartei bei Abschluss des Vertrags stellt. Dabei spielt es keine Rolle,
- ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde aufgenommen werden,
- welchen Umfang die Bestimmungen haben,
- in welcher Schriftart die Regelungen verfasst sind und
- welche Form der Vertrag hat.
Die gesetzlichen Bestimmungen über AGB erfassen damit vom eigentlichen Vertragstext getrennte Bedingungen und selbstverständlich auch ganze Formularverträge oder nur einzelne Textpassagen.
Gesetzliche Vermutung des Verwenders
Bei einem Vertrag zwischen einem Unternehmer, also dem Verwalter, und der Wohnungseigentümergemeinschaft als Verbraucherin gilt gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB die gesetzliche Vermutung, dass der Unternehmer, also der Verwalter, die AGB gestellt hat. In der Praxis stellt er diese i. d. R. auch ausschließlich.
In aller Regel genügt einmalige Verwendungsabsicht
Daneben muss die mehrfache Verwendung beabsichtigt sein. Eine mehrfache Verwendung liegt dann vor, wenn der Verwalter vorhat, den Vertrag mindestens 3-mal zu verwenden. Es kommt also auf die Verwendungsabsicht und nicht auf die tatsächliche Verwendung an, sodass von einem Formularvertrag bereits dann auszugehen ist, wenn dieser das erste Mal eingesetzt wird.
Eine einmalige Verwendungsabsicht genügt gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB dann, wenn der Verwalter den Vertrag für einen Verbraucher im Sinne des § 13 BGB verwendet, also insbesondere im Fall der Wohnungseigentümergemeinschaften, die nicht lediglich und ausschließlich aus Unternehmern gemäß § 14 BGB bestehen. Allerdings dürfte anderes anzunehmen sein, wenn es sich um eine Erstbestellung des Verwalters durch den Bauträger handelt. § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB würde dann keine Anwendung finden.
Bedienen sich Verwalter vorgefasster Vertragsformulare, die im Internet – insbesondere über Portale spezialisierter Verlagshäuser oder Verwalterverbände – erhältlich sind, unterliegen die einzelnen Klauseln der Inhaltskontrolle der §§ 305 ff. BGB, selbst wenn der Verwalter lediglich eine einmalige Verwendungsabsicht hat. Entsprechendes gilt, wenn der Verwalter eine von einem Dritten verfasste Klausel verwendet. AGB liegen auch dann vor, wenn die Vertragsbedingungen in mehreren Verträgen sprachlich zwar unterschiedlich gefasst, in ihrem wesentlichen Kerngehalt aber identisch sind.
Vorliegen Allgemeiner Geschäftsbedingungen
Handschriftliche Verträge/Ergänzungen
Selbst handschriftlich verfasste Verträge können AGB darstellen. Und auch handschriftliche oder maschinenschriftliche Änderungen des Formularvertrags oder Vertragszusätze sprechen nicht gegen den Formularcharakter. Dies wäre lediglich dann der Fall, wenn die Änderung oder der Zusatz im Hinblick auf die konkreten Besonderheiten des Einzelfalls verfasst sind – insbesondere mit Rücksicht auf die Person des Auftraggebers.
Individualvereinbarung
Keine Allgemeine Geschäftsbedingung liegt nach § 305 Abs. 1 Satz 2 BGB vor, wenn die Regelung nicht vorformuliert und dem einen Vertragsteil einseitig auferlegt, sondern zwischen den Vertragspartnern im Einzelnen ausgehandelt oder inhaltlich zur Disposition gestellt wurde. Eine Individualvereinbarung hat nach § 305b BGB Vorrang vor AGB.
Anforderungen an eine Individualvereinbarung
Die Anforderungen an das Aushandeln einer Individualvereinbarung sind hoch: Ein Aushandeln i. S. d. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB verlangt mehr als bloßes Verhandeln. Der Verwender muss den "gesetzesfremden Kerngehalt" der Klausel inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellen. Sein Vertragspartner muss die reale Möglichkeit haben, auf die inhaltliche Gestaltung des Vertrags einzuwirken.
Voraussetzung ist also, dass der Verwender den Vertragspartner darüber aufklären muss, dass die Gesetzeslage durch die Regelung abgeändert wird. Von einem individuellen Aushandeln kann nur dann gesprochen werden, wenn die Vertragsbedingungen das Ergebnis einer selbstverantwortlichen Prüfung, Abwägung und möglichen Einflussnahme beider Vertragsteile sind. Dieser Anforderung genügt es nicht, dass ausdrücklich bestätigt wird, die Klauseln seien individuell ausgehandelt worden. Auch eine handschriftlich geschriebene und in Gegenwart des Kunden formulierte Klausel unterliegt dann der Inhaltskontrolle der §§ 305 ff. BGB, wenn sie vorformuliert und immer wieder benutzt wird.