Quotenabgeltungsklausel kann individuell vereinbart werden
Hintergrund: Quotenabgeltungsklausel wirksam vereinbart?
Die Vermieterin und die ehemaligen Mieter einer Wohnung streiten über die Zahlung anteiliger Kosten für Schönheitsreparaturen.
Die Mieter sind im Oktober 2015 aufgrund einer Vereinbarung mit der Vermieterin in einen im Mai 2015 geschlossenen Mietvertrag mit einem Vormieter eingetreten. In diesem Mietvertrag sind die laufenden Schönheitsreparaturen der Mieterseite auferlegt. Ferner enthält der Mietvertrag folgende Quotenabgeltungsklausel:
"Besteht das Mietverhältnis bei Auszug des Mieters schon länger als ein Jahr oder liegen die letzten Schönheitsreparaturen während der Mietzeit länger als ein Jahr zurück, und endet das Mietverhältnis vor Fälligkeit der Schönheitsreparaturen, ist der Mieter verpflichtet, anteilige Kosten für die Schönheitsreparaturen […] entsprechend dem Kostenvoranschlag […] zu zahlen, die dem Grad der durch sie erfolgten Abnutzung der jeweiligen Teilbereiche der Wohnung entsprechen."
In der Vereinbarung über die Übernahme des Mietvertrages vom Vormieter heißt es:
"§ 2 Schönheitsreparaturen
Zwischen dem Mieter [dem Vormieter] und dem Vermieter wurde […] individuell vereinbart, dass der Mieter die laufenden Schönheitsreparaturen und auch anteilige Schönheitsreparaturkosten trägt, wenn bei Beendigung des Mietverhältnisses Schönheitsreparaturen noch nicht fällig sind.
Der Nachmieter übernimmt auch diese Verpflichtung. Zwischen den Parteien wurde dies ausdrücklich verhandelt. Der Vermieter war bereit, dem Nachmieter insoweit entgegenzukommen und die vom Mieter übernommene Verpflichtung zur Tragung der Schönheitsreparaturen bzw. anteiligen Schönheitsreparaturkosten zu übernehmen, wenn der Nachmieter im Gegenzug einen Betrag von 80,00 Euro zahlt. Die Miete wurde im Hinblick auf die Vereinbarung zwischen dem Vermieter und dem Mieter zur Tragung der Schönheitsreparaturen bzw. anteiligen Schönheitsreparaturkosten um diesen Betrag im Mietvertrag […] herabgesetzt. Der Nachmieter erklärt aber nach den Verhandlungen ausdrücklich, dass er den Vertrag insoweit unverändert übernimmt einschließlich der Verpflichtung zur Tragung der Schönheitsreparaturen bzw. anteiligen Schönheitsreparaturkosten.
§ 3 Mindestvertragslaufzeit
[…] Wird die Wohnung zurückgegeben, bevor die Schönheitsreparaturen fällig sind, verpflichtet sich der Nachmieter für das Entgegenkommen des Vermieters nochmals hinsichtlich der Verkürzung der Mindestlaufzeit auch anteilige Kosten für die Schönheitsreparaturen – einschließlich voraussichtlicher Mehrwertsteuer – entsprechend dem Kostenvoranschlag des Vermieters oder eines vom Vermieter eingeholten Kostenvoranschlags eines Fachbetriebes oder eines Bauingenieurs zu zahlen, die dem Grad der durch sie erfolgten Abnutzung der jeweiligen Teilbereiche der Wohnung entsprechen. […]"
Im Mai 2018 endete das Mietverhältnis. Bei der Abrechnung der Kaution behielt die Vermieterin für anteilige Schönheitsreparaturkosten 1.250 Euro ein. Die Mieter klagen auf Zahlung dieses Betrages. Sie meinen, die Verpflichtung zur Zahlung anteiliger Schönheitsreparaturkosten sei ihnen nicht wirksam auferlegt worden. Die Quotenabgeltungsklausel sei unwirksam, unabhängig davon, ob es sich um eine Formular- oder Individualvereinbarung handle.
Entscheidung: Nur als Individualvereinbarung wirksam
Der BGH teilt die Meinung der Mieter nicht. Es kommt darauf an, ob die Quotenabgeltungsklausel formularvertraglich oder individuell vereinbart wurde.
Unzulässig: Quotenabgeltungsklausel als Formularvereinbarung
Eine Quotenabgeltungsklausel, die den Mietern einer Wohnung einen Teil der zukünftig entstehenden Kosten für Schönheitsreparaturen für den Fall auferlegt, dass das Mietverhältnis vor Fälligkeit der Schönheitsreparaturen endet, ist unwirksam, wenn es sich hierbei um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt. Dies hat der BGH bereits 2015 entschieden (hierzu Schönheitsreparaturen: BGH kippt Vertragsklauseln).
Eine formularmäßige Quotenabgeltungsklausel benachteiligt Mieter nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen, weil sie von ihnen verlangt, zur Ermittlung der Kosten, die auf sie bei Vertragsbeendigung zukommen, mehrere hypothetische Betrachtungen anzustellen, die eine sichere Einschätzung der tatsächlichen Kostenbelastung nicht zulassen.
Zulässig: Quotenabgeltungsklausel als Individualvereinbarung
Hingegen ist eine Quotenabgeltungsklausel dann zulässig, wenn sie individualvertraglich vereinbart wurde.
Dem steht insbesondere § 556 Abs. 4 BGB nicht entgegen. Diese Vorschrift schließt die Umlage anderer als der in der Betriebskostenverordnung genannter Betriebskosten auf die Mieter aus. Bei den Kosten für Schönheitsreparaturen handelt es sich aber nicht um Betriebskosten. Vielmehr ist die Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht aus § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB betroffen. Diese obliegt grundsätzlich dem Vermieter, kann allerdings sowohl durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (insoweit allerdings eingeschränkt) als auch individualvertraglich auf den Mieter übertragen werden. Zum anderen schließt § 556 Abs. 4 BGB nicht jede Belastung des Mieters mit sonstigen Kosten (auch solchen mit anderer Rechtsgrundlage als die Betriebskostenverordnung) aus.
Wahlmöglichkeit allein führt nicht zu Individualvereinbarung
Eine Individualvereinbarung setzt voraus, dass die Klausel von den Parteien ausgehandelt wurde. Ein Aushandeln erfordert, dass der Verwender die betreffende Klausel inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und sich deutlich und ernsthaft zur gewünschten Änderung der Klausel bereit erklärt.
Gibt eine Vertragspartei lediglich Wahlmöglichkeiten zwischen mehreren vorformulierten Vertragsbedingungen, macht dies die von der anderen Vertragspartei gewählte Alternative grundsätzlich noch nicht zu einer Individualabrede. Vielmehr muss auch hier der Vertragspartner des Klauselverwenders Gelegenheit erhalten, alternativ eigene Textvorschläge mit der effektiven Möglichkeit ihrer Durchsetzung einzubringen.
Im vorliegenden Fall genügt allein der Umstand, dass die Vermieterin den Mietern die Wahlmöglichkeit zwischen der Übernahme der Schönheitsreparaturen und der Zahlung einer um 80 Euro niedrigeren Miete einerseits sowie einer höheren Mietzahlung bei Nichtausführung von Schönheitsreparaturen andererseits eingeräumt hat, nicht allein für ein Aushandeln. Das Landgericht muss nun prüfen, ob noch weitere Umstände vorliegen, aus denen sich ergibt, dass die Parteien die Quotenabgeltungsklausel individuell ausgehandelt haben. Wenn dies nicht der Fall ist, ist die Klausel unwirksam.
(BGH, Urteil v. 6.3.2024, VIII ZR 79/22)
Das könnte Sie auch interessieren:
-
Balkonkraftwerke: Das gilt für WEG & Vermieter
2.509
-
Vermieter muss Heizkosten korrekt verteilen
1.657
-
Befristeter Mietvertrag: Darauf sollten Vermieter beim Zeitmietvertrag achten
1.629
-
Schönheitsreparaturen: Zulässige und unzulässige Klauseln für Renovierungen im Mietvertrag
1.401
-
Form der Betriebskostenabrechnung und Mindestangaben
1.358
-
Verwaltungskostenpauschale 2023: Kostenmiete steigt mit Tabelle
1.133
-
Untervermietung: Was kann der Vermieter verbieten?
1.103
-
Schlüssel für Schließanlage verloren: Wer muss zahlen?
1.053
-
Rechtsfolgen des Eigentümerwechsels
1.027
-
Wertsicherungsklausel im Gewerbemietvertrag
993
-
Info-Portal für die Heizungswahl
20.11.2024
-
Energiewende – (Wie) macht das der Verwalter?
19.11.2024
-
BGH bleibt dabei: Schonfristzahlung heilt nur fristlose Kündigung
18.11.2024
-
Heizkosten 2023 um rund 31 Prozent gestiegen
06.11.20242
-
Mietminderung bei Legionellen: Urteile im Überblick
04.11.2024
-
Nur zahlungsrelevante Fehler kippen Jahresabrechnung
29.10.2024
-
Heizungsautomatisierung: Frist endet am 31.12. – Bußgelder drohen
25.10.2024
-
Wärmepumpen-Check: Neue Tools für Hauseigentümer
25.10.2024
-
Vorkaufsrecht von Angehörigen geht Mietervorkaufsrecht vor
23.10.2024
-
Der neue Charme der Betriebsoptimierung
21.10.2024