Entscheidungsstichwort (Thema)
Revision. Wert des Beschwerdegegenstands. Erhöhung. Erfolglos geltend gemachtes Zurückbehaltungsrecht
Leitsatz (amtlich)
Der Wert des Beschwerdegegenstands erhöht sich nicht über den Betrag der Verurteilung hinaus, wenn der Beklagte, der mit dem Rechtsmittel seinen Antrag auf Klagabweisung weiterverfolgen will, neben anderen Einwendungen auch mit einem hilfsweise geltend gemachten Zurückbehaltungsrecht ohne Erfolg geblieben war.
Normenkette
EGZPO § 26 Nr. 8; ZPO § 511 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
OLG München (Urteil vom 02.12.2003; Aktenzeichen 30 U 416/02) |
LG Augsburg |
Tenor
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 30. Zivilsenats des OLG München, Zivilsenate in Augsburg, v. 2.12.2003 wird auf Kosten der Beklagten als unzulässig verworfen.
Streitwert: 18.092 EUR
Gründe
I. Die Kläger machen Ansprüche aus einem Prozessvergleich geltend, den sie mit der Beklagten in einem Erbauseinandersetzungsverfahren nach der Mutter der Parteien geschlossen haben. Sie fordern zum einen ihren Anteil am Kaufpreis, den die Beklagte auf Grund des Vergleichs für die Übernahme des hälftigen Miteigentumsanteils der Mutter zum Schätzwert nach Abzug der Nachlassverbindlichkeiten zu zahlen hat. Die Kläger fordern ferner die im Vergleich Zug um Zug gegen Auflassung des Miteigentumsanteils vorgesehene Freistellung von ihren Verpflichtungen als Miterben nach der Mutter aus Darlehensverträgen gegenüber der B. L. sowie der Kreissparkasse A.. Die Beklagte hält beide Ansprüche aus verschiedenen Gründen nicht für gerechtfertigt und beruft sich zusätzlich auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen ihres Pflichtteilsanspruchs nach dem inzwischen ebenfalls verstorbenen Vater der Parteien.
Das LG hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Das OLG hat die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung des Kaufpreises der Höhe nach verringert, ihre Berufung im Übrigen aber zurückgewiesen. Mit der Revision will die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage uneingeschränkt weiterverfolgen. Die Nichtzulassungsbeschwerde vertritt den Standpunkt, deshalb könne für die Beschwer von dem Beschluss des LG v. 22.5.2002 ausgegangen werden, in dem der Streitwert auf 31.914,55 EUR festgesetzt worden ist.
II. Die Beschwerde ist nicht statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstands 20.000 EUR nicht übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO).
1. Nach dem Berufungsurteil muss die Beklagte als Kaufpreis für den Miteigentumsanteil an jeden der drei Kläger je 4.767,15 EUR zahlen. Durch diese Verurteilung wird sie i.H.v. 14.301,45 EUR beschwert.
2. Die jeweils zur Hälfte auf die Mutter der Parteien entfallenden Verpflichtungen aus den Darlehensverträgen mit der B. L. sowie der Kreissparkasse A. von denen die Beklagte die Kläger nach den Urteilen der Vorinstanzen freizustellen hat, sind zwar im Tenor des landgerichtlichen Urteils nicht beziffert, belaufen sich aber unstreitig für den von den Klägern zu Grunde gelegten und von den Vorinstanzen gebilligten Stichtag (Todestag des Vaters) auf insgesamt 3.790,91 EUR (= 7.414,38 DM). Davon war nicht nur das LG in dem von der Beklagten in Bezug genommenen Streitwertbeschluss v. 22.5.2002 ausgegangen; diesen Gesamtbetrag hat auch das Berufungsgericht auf eine Streitwertbeschwerde in seinem Beschluss v. 24.10.2002 im Einzelnen ermittelt. Soweit das LG jedoch in seinem Streitwertbeschluss v. 22.5.2002 gemeint hat, im Hinblick darauf, dass jeder der drei Kläger als Miterbe gem. § 2058 BGB gegenüber den Banken gesamtschuldnerisch auf die volle Summe hafte und jeder Kläger für sich Freistellung von der Beklagten verlangen könne, sei für den Streitwert der Klage der dreifache Betrag maßgebend, kommt dies jedenfalls für den hier zu ermittelnden Wert des sich für die Beklagte ergebenden Beschwerdegegenstands nicht in Betracht. Sie hat den Betrag von 3.790,91 EUR nur einmal zu zahlen.
3. Eine Erhöhung des Wertes des Beschwerdegegenstands wegen des von der Beklagten geltend gemachten Gegenanspruchs auf den Pflichtteil nach dem Vater, hinsichtlich dessen sie ebenfalls einen Zulassungsgrund behauptet, ist jedoch nicht gerechtfertigt. Insoweit beruft sich die Beklagte - anders als in erster Instanz - nur noch auf ein Zurückbehaltungsrecht. Dadurch, dass sie damit nicht durchgedrungen ist, wird sie nicht zusätzlich über die Klageforderungen hinaus beschwert. Anders als bei einer Hilfsaufrechnung (§ 322 Abs. 2 ZPO) wird einem Beklagten, der ein Zurückbehaltungsrecht ohne Erfolg geltend macht, die Gegenforderung nicht rechtskräftig aberkannt. Für die Beschwer des unterlegenen Beklagten, der sich auch aus anderen Gründen gegen seine Verurteilung in der Vorinstanz wendet, also mit dem Zurückbehaltungsrecht nicht nur eine im Übrigen hingenommene Verurteilung unter einen Zug-um-Zug-Vorbehalt gestellt wissen möchte, kommt es auf den Wert des hilfsweise geltend gemachten Gegenanspruchs nicht an. Vielmehr ist es grundsätzlich unerheblich, welche und wie viele Einwendungen ein Beklagter gegenüber dem Klageanspruch ohne Erfolg erhoben hat (BGH, Beschl. v. 16.4.1996 - XI ZR 302/95, MDR 1996, 960 = NJW-RR 1996, 828, unter II 3; Beschl. v. 20.1.2004 - X ZR 167/02, MDR 2004, 829 = BGHReport 2004, 687 = NJW-RR 2004, 714, unter II 2).
Damit übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstands hier 20.000 EUR nicht. Die Beschwerde war mithin zu verwerfen.
Fundstellen
Haufe-Index 1283897 |
BGHR 2005, 317 |
FamRZ 2005, 265 |
NJW-RR 2005, 367 |
MDR 2005, 345 |
AGS 2005, 507 |
RVG-B 2005, 36 |