Leitsatz (amtlich)
a) Zur Ermittlung der schuldrechtlichen Ausgleichsrente, wenn das schuldrechtlich auszugleichende Anrecht bereits zuvor gem. § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG teilweise öffentlich-rechtlich ausgeglichen worden ist (Fortführung der BGH v. 25.5.2005 - XII ZB 127/01, BGHReport 2005, 1326 = MDR 2005, 1295 = FamRZ 2005, 1464 ff.; v. 6.7.2005 - XII ZB 107/02, NJW-RR 2005, 1522 f.; v. 10.8.2005 - XII ZB 191/01, BGHReport 2006, 34 = MDR 2006, 268 = FamRZ 2005, 1982 f.; v. 9.11.2005 - XII ZB 228/03, MDR 2006, 574 = BGHReport 2006, 370 = FamRZ 2006, 323 f.; v. 25.10.2006 - XII ZB 211/04, BGHReport 2007, 111 = FamRZ 2007, 120 ff.; v. 20.12.2006 - XII ZB 166/04, BGHReport 2007, 300 = FamRZ 2007, 363 ff.).
b) Zur Anwendung der Härteklausel des § 1587h Nr. 1 BGB beim schuldrechtlichen Ausgleich einer betrieblichen Altersversorgung mit Rücksicht auf die Kranken- und Pflegeversicherungsbeitragspflicht des ausgleichspflichtigen Ehegatten (Fortführung der BGH v. 10.8.2005 - XII ZB 191/01, BGHReport 2006, 34 = MDR 2006, 268 = FamRZ 2005, 1982 ff.; v. 9.11.2005 - XII ZB 228/03, MDR 2006, 574 = BGHReport 2006, 370 = FamRZ 2006, 323 ff.; v. 25.10.2006 - XII ZB 211/04, BGHReport 2007, 111 = FamRZ 2007, 120 ff.; v. 20.12.2006 - XII ZB 166/04, BGHReport 2007, 300 = FamRZ 2007, 363 ff.).
Normenkette
BGB § 1587h Nr. 1; VAHRG § 3b Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
OLG Düsseldorf (Beschluss vom 13.12.2004; Aktenzeichen II-4 UF 236/03) |
AG Krefeld (Entscheidung vom 13.08.2003; Aktenzeichen 65 F 49/03) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 4. Senats für Familiensachen des OLG Düsseldorf vom 13.12.2004 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 20.12.2004 wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 2.000 EUR
Gründe
I.
[1] Die Parteien streiten um schuldrechtlichen Versorgungsausgleich.
[2] Die Antragstellerin (im Folgenden: Ehefrau; geb. am 30.7.1938) und der Antragsgegner (im Folgenden: Ehemann; geb. am 11.11.1938) haben am 2.9.1960 die Ehe geschlossen. Durch Verbundurteil des AG - FamG - vom 22.7.1998 wurde ihre Ehe rechtskräftig geschieden und der Versorgungsausgleich durchgeführt. In der Ehezeit (1.9.1960 bis 30.11.1997; § 1587 Abs. 2 BGB) haben beide Ehegatten Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung erworben; der Ehemann verfügt zudem bei einer Betriebszugehörigkeit vom 1.7.1968 bis 31.12.1994 über ein Anrecht auf betriebliche Altersversorgung bei der T.-AG.
[3] Das AG hatte den Versorgungsausgleich dahin geregelt, dass es vom Versicherungskonto des Ehemannes Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. monatlich 1.098,83 DM (561,82 EUR), bezogen auf den 30.11.1997, auf das Versicherungskonto der Ehefrau übertragen hat. In Höhe eines Teilbetrages von 85,40 DM (43,66 EUR) wurden dabei im Wege des erweiterten Splittings und unter Beschränkung auf den Grenzbetrag die betriebliche Altersversorgung des Ehemannes bei der T.-AG ausgeglichen. Im Übrigen hatte das AG den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten. Dabei behandelte es das (in vollem Umfang in der Ehezeit erworbene) betriebliche Anrecht des Ehemannes, dessen Wert es mit (jährlich 24.703,20 DM =) monatlich 2.058,60 DM (1.052,55 EUR) festgestellt hatte, als im Anwartschafts- und Leistungsstadium statisch und rechnete es unter Zugrundelegung der Barwert-Verordnung in ein dynamisches Anrecht von monatlich 675,95 DM um. Die Hälfte dieses Betrags (337,97 DM) sei um die der Ehefrau im Wege des erweiterten Splittings bereits gutgebrachten 85,40 DM zu vermindern; in Höhe des dann verbleibenden Betrags von (337,97 DM - 85,40 DM =) 252,57 DM bleibe der schuldrechtliche Ausgleich vorbehalten.
[4] Die Ehefrau bezieht seit dem 1.8.2003, der Ehemann seit 1.12.1998 eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Seit diesem Zeitpunkt erhält der Ehemann auch seine betriebliche Altersversorgung, deren Höhe das OLG für die Zeit ab 1.1.2003 mit monatlich brutto 1.088,69 EUR festgestellt hat.
[5] Die Ehefrau hat die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs beantragt. Das AG - FamG - hat den Ehemann verpflichtet, ab dem 1.8.2003 an die Ehefrau eine monatliche Ausgleichsrente i.H.v. 497,31 EUR zu zahlen und einen entsprechenden Anteil seiner Betriebsrente an sie abzutreten. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Ehemannes hat das OLG zurückgewiesen.
[6] Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Ehemannes, mit der er die von dem OLG befolgte Methode einer Aktualisierung des im öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs ausgeglichenen Nominalbetrages einer volldynamischen Rente anhand der Steigerungsraten der gesetzlichen Rentenversicherung beanstandet und eine Herabsetzung des Ausgleichsbetrages aus Billigkeitsgründen - insb. wegen der von ihm auf die volle betriebliche Altersversorgung zu zahlenden Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge - begehrt.
II.
[7] Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
[8] 1. Das OLG hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
[9] Von dem Bruttobetrag der in der Ehezeit erworbenen betrieblichen Altersversorgung des Ehemannes i.H.v. 1.088,69 EUR stehe der Ehefrau ab 1.8.2003 die Hälfte, mithin 544,35 EUR zu. Hiervon sei der durch den öffentlich-rechtlichen Teilausgleich bereits verbrauchte Teil des schuldrechtlichen Ausgleichsbetrages i.H.v. - bezogen auf das Ehezeitende - 85,40 DM (43,66 EUR) in Abzug zu bringen; dieser Teilausgleichsbetrag sei dabei entsprechend der Steigerung des Rentenwertes zu aktualisieren. Diese Methode habe den Vorteil, dass der ausgeglichene Teilbetrag entsprechend der tatsächlichen Rentensteigerung und deshalb mit seinem tatsächlichen Wert berücksichtigt werde. Sie führe insb. in Fällen, in denen die Parteien - wie vorliegend - bereits Rentenleistungen bezögen, zu einem realistischen Ergebnis, zumal sich jedenfalls im Leistungsstadium die Dynamik der gesetzlichen und der Betriebsrente kaum unterschieden. Einer Rückrechnung des bereits ausgeglichenen Teilbetrages in einen statischen Betrag anhand der Barwert-Verordnung bedürfe es deshalb nicht.
[10] Ein (Teil-)Ausschluss des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs nach § 1587h Nr. 1 BGB zugunsten des Ehemannes komme nicht in Betracht. Dem schuldrechtlichen Ausgleich sei der Bruttobetrag der Betriebsrente zugrunde zu legen. Zwar müsse der Ehemann auch nach der Durchführung des schuldrechtlichen Ausgleichs Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge auf der Bemessungsgrundlage seiner vollen Betriebsrente abführen. Die sich hierdurch ergebende Abweichung vom Halbteilungsgrundsatz sei jedoch nicht schwerwiegend und gebiete keine Kürzung des Ausgleichsbetrages. § 1587h BGB diene dazu, im Einzelfall unangemessene Ergebnisse zu vermeiden, nicht aber in allgemeiner Weise den Gesetzgeber zu korrigieren. Auch im Rahmen der erforderlichen Gesamtschau könne nicht festgestellt werden, dass die ungekürzte Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs zu einem unbilligen Ergebnis führe. Es sei weder zu erkennen, dass der Ehemann zum gegenwärtigen Zeitpunkt durch seine laufenden Einkünfte nicht mehr angemessen versorgt sei, noch dass ein erhebliches Ungleichgewicht zwischen den beiderseitigen Einkünften der Parteien bestehe. Beide Parteien hätten darüber hinaus Vermögen, das sich nach der Scheidung zwar unterschiedlich entwickelt haben möge, das aber dennoch - jedenfalls auf Seiten des Ehemannes - eine ausreichende Alterssicherung darstelle. Der Ehemann könne sich auch nicht darauf berufen, er habe wegen der Berechnung in den Entscheidungsgründen des Verbundurteils vom 22.7.1998 darauf vertrauen dürfen, dass der schuldrechtliche Versorgungsausgleich die dort ermittelte Höhe nicht wesentlich überschreiten werde. Da die - als statisch behandelte - Betriebsrentenanwartschaft damals mit monatlich rund 2.000 DM ermittelt worden sei, habe der Ehemann auch bei nur laienhafter Betrachtung erkennen müssen, dass ein Betrag von monatlich rund 250 DM keinesfalls ausreiche, dem Halbteilungsgrundsatz beim schuldrechtlichen Ausgleich der Betriebsrente Rechnung zu tragen.
[11] 2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung zwar nicht in allen Punkten der Begründung, wohl aber im Ergebnis stand.
[12] a) Ohne Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde gegen die vom OLG angewandte Methode zur Berechnung des Teilbetrages, der wegen seiner bereits erfolgten Einbeziehung in den erweiterten öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich von der gesamten schuldrechtlich auszugleichenden Versorgung abzuziehen ist.
[13] aa) Der Rechenweg des OLG ist geeignet, die Mängel der bis 31.12.2002 geltenden Barwert-Verordnung, die der Senat in seinem Beschluss vom 5.9.2001 als verfassungswidrig bezeichnet hat (BGH v. 5.9.2001 - XII ZB 121/99, BGHZ 148, 351, 361 ff. = MDR 2001, 1411 = BGHReport 2001, 914 m. Anm. Gutdeutsch = FamRZ 2001, 1695, 1698 ff.), in Grenzen aufzufangen. Zwar hat der Verordnungsgeber den Beanstandungen des Senats inzwischen durch die seit dem 1.1.2003 geltende 2. Verordnung zur Änderung der Barwert-Verordnung vom 26.5.2003, BGBl. I 728 (BGH v. 23.7.2003 - XII ZB 152/01, BGHZ 156, 64, 67 ff. = BGHReport 2003, 1332 m. Anm. Gutdeutsch = FamRZ 2003, 1639 f.) und durch die 3. Verordnung zur Änderung der Barwert-Verordnung vom 3.5.2006, BGBl. I 1144 (BGH v. 20.9.2006 - XII ZB 248/03, MDR 2007, 471 = BGHReport 2007, 114 = FamRZ 2007, 23, 26 f.) hinreichend Rechnung getragen. Dennoch erscheint es nicht angängig, einen unter der Geltung der früheren, verfassungswidrigen Barwert-Verordnung durchgeführten Versorgungsausgleich nunmehr - im Hinblick auf einen nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG erfolgten Teilausgleich - dadurch zu korrigieren, dass eine nach § 1587g BGB zu zahlende schuldrechtliche Ausgleichsrente um einen unter der Geltung der früheren Barwert-Verordnung ermittelten, aber nunmehr nach der neuen Barwert-Verordnung "entdynamisierten" Teilausgleichsbetrag gekürzt wird, mag sich die von der Novellierung der Barwert-Verordnung bewirkte Aufwertung der Betriebsrenten auch im Einzelfall auf die Höhe der dem ausgleichsberechtigten Ehegatten im öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich übertragenen oder begründeten Anrechte nicht unmittelbar auswirken.
[14] bb) Der Senat hat deshalb nach Erlass des angefochtenen Beschlusses mehrfach entschieden, dass es im Ergebnis vertretbar ist, einen unter der bis 31.12.2002 geltenden Barwert-Verordnung durchgeführten erweiterten öffentlich-rechtlichen Ausgleich im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs dadurch zu berücksichtigen, dass der auf das Ehezeitende bezogene Nominalbetrag des so übertragenen oder begründeten Anrechts wegen seiner zwischenzeitlichen Wertsteigerungen auf den aktuellen Nominalbetrag "hochgerechnet" und dieser vom Nominalbetrag des schuldrechtlich auszugleichenden Betrages in Abzug gebracht wird. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich nicht weitere Verzerrungen dadurch ergeben, dass der erweiterte Ausgleich zu Lasten eines nicht volldynamischen Anrechts durchgeführt worden ist und das Anrecht des Ausgleichspflichtigen aufgrund des erweiterten Ausgleichs stärker gekürzt wird als die schuldrechtliche Ausgleichsrente nach der vom OLG befolgten Methode (BGH v. 20.12.2006 - XII ZB 166/04, BGHReport 2007, 300 = FamRZ 2007, 363, 364; v. 9.11.2005 - XII ZB 228/03, MDR 2006, 574 = BGHReport 2006, 370 = FamRZ 2006, 323, 324; v. 10.8.2005 - XII ZB 191/01, BGHReport 2006, 34 = MDR 2006, 268 = FamRZ 2005, 1982 f.; v. 6.7.2005 - XII ZB 107/02, NJW-RR 2005, 1522, 1523; v. 25.5.2005 - XII ZB 127/01, BGHReport 2005, 1326 = MDR 2005, 1295 = FamRZ 2005, 1464, 1467). Ebenso hält es der Senat nach der erneuten Novellierung der Barwert-Verordnung für geboten, einem unter Geltung der am 31.5.2006 außer Kraft getretenen Barwert-Verordnung durchgeführten erweiterten öffentlich-rechtlichen Ausgleich im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs durch eine entsprechende Aktualisierung des ausgeglichenen Teilbetrages Rechnung zu tragen (BGH v. 25.10.2006 - XII ZB 211/04, BGHReport 2007, 111 = FamRZ 2007, 120, 121 f.). Für einen unter der seit 1.6.2006 geltenden Barwert-Verordnung durchgeführten Teilausgleich bleibt es hingegen dabei, dass der ausgeglichene Teilbetrag anhand der novellierten Barwert-Verordnung rückzurechnen ist (BGH v. 20.12.2006 - XII ZB 166/04, BGHReport 2007, 300 = FamRZ 2007, 363, 364).
[15] In dem der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Fall war der erweiterte Ausgleich unter der bis 31.12.2002 geltenden Barwert-Verordnung durchgeführt worden. Der vom OLG eingeschlagene Weg einer Aktualisierung des dabei übertragenen Anrechts der gesetzlichen Rentenversicherung anhand der seit Ehezeitende erfolgten Steigerung des aktuellen Rentenwerts ist deshalb aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
[16] cc) Der durch erweitertes Splitting der Ehefrau gutgebrachte Ausgleichsbetrag von monatlich 43,66 EUR (zum Ehezeitende) ist deshalb für die Zeit ab 1.8.2003 mit monatlich 47,03 EUR zu bewerten (43,66 EUR x 26,13 ≪AKTUELLER RENTENWERT SEIT 1.7.2003≫: 24,26 ≪AKTUELLER RENTENWERT EHEZEITENDE≫). Um diesen Betrag ist die schuldrechtliche Ausgleichsrente der Ehefrau zu reduzieren, die sich mithin für die Zeit ab 1.8.2003 auf (1.088,69 EUR: 2 = 544,35 EUR - 47,03 EUR =) 497,32 EUR beläuft. Wegen des zugunsten des Ehemannes als Rechtsbeschwerdeführer geltenden Verbots der reformatio in peius (vgl. BGH v. 27.10.1982 - IVb ZB 719/81, BGHZ 85, 180, 185 ff. = MDR 1983, 116) kann der Ehefrau aber kein höherer als der vom OLG - infolge anderer Rundungsergebnisse - zugesprochene Betrag von monatlich 497,31 EUR zuerkannt werden. Nach § 1587i Abs. 1 BGB hat der Ehemann seine Ansprüche auf die betriebliche Altersversorgung in Höhe der geschuldeten Ausgleichsrente entsprechend dem Antrag der Ehefrau anteilig an diese abzutreten.
[17] b) Rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden ist, dass das OLG den Ausgleichsanspruch nicht nach § 1587h Nr. 1 BGB beschränkt hat.
[18] aa) Nach § 1587h Nr. 1 BGB findet ein schuldrechtlicher Versorgungsausgleich nicht statt, soweit der Ausgleichsberechtigte den nach seinen Lebensverhältnissen angemessenen Unterhalt aus seinen Einkünften und seinem Vermögen bestreiten kann und die Gewährung der Ausgleichsrente für den Ausgleichspflichtigen bei Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse eine unbillige Härte bedeuten würde. Eine unbillige Härte liegt stets dann vor, wenn dem Ausgleichspflichtigen bei Erfüllung des Ausgleichsanspruchs der eigene notwendige Lebensbedarf nicht verbleiben würde (vgl. BT-Drucks. 7/650, 166). Darüber hinaus kommt eine Anwendung des § 1587h Nr. 1 BGB auch dann in Betracht, wenn der angemessene Bedarf des Ausgleichspflichtigen und der weiteren mit dem Ausgleichsberechtigten gleichrangig Unterhaltsberechtigten gefährdet ist (BGH v. 20.12.2006 - XII ZB 166/04, BGHReport 2007, 300 = FamRZ 2007, 363, 364; v. 9.11.2005 - XII ZB 228/03, MDR 2006, 574 = BGHReport 2006, 370 = FamRZ 2006, 323, 325 m.w.N.). Soweit der Ausgleichspflichtige allerdings auch bei der Zahlung der Ausgleichsrente im Stande ist, sich selbst und die gleichrangig Unterhaltsberechtigten angemessen zu unterhalten, liegt eine unbillige Härte nicht schon deshalb vor, weil der Ausgleichsberechtigte über die im Verhältnis zum Ausgleichspflichtigen höhere Versorgung verfügt (BGH v. 9.11.2005 - XII ZB 228/03, MDR 2006, 574 = BGHReport 2006, 370 = FamRZ 2006, 323, 325). Diese Versorgungsdifferenz wird regelmäßig auf den außerhalb der Ehezeit erworbenen Anwartschaften beruhen und kann deshalb für sich genommen keine grobe Unbilligkeit begründen (vgl. zu § 1587c BGB: Dörr in MünchKomm/BGB 4. Aufl., § 1587c Rz. 25).
[19] bb) Die Rechtsbeschwerde stützt ihre Auffassung, der Ausgleich sei nach § 1587h Nr. 1 BGB zu kürzen, allein darauf, dass der Ehemann von den Nominalbeträgen seiner betrieblichen Altersversorgungen Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zu entrichten habe, während die Ehefrau als Empfängerin der Ausgleichsrente keine entsprechenden Abzüge hinnehmen müsse.
[20] Das OLG geht bei seiner Berechnung im Ansatz zutreffend von den Bruttobeträgen der schuldrechtlich auszugleichenden Versorgungsanrechte des Ehemanns aus. Durch die Verpflichtung zur Zahlung einer schuldrechtlichen Ausgleichsrente wird die Höhe der beitragspflichtigen Einnahmen des Ehemannes in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zwar nicht berührt, so dass er weiterhin Versicherungsbeiträge auf seine gesamte betriebliche Altersversorgung zu zahlen hat. Die damit verbundene Mehrbelastung für den ausgleichspflichtigen Ehemann ist seit dem 1.1.2004 auch nicht unerheblich gestiegen, weil pflichtversicherte Betriebsrentner wegen der zu diesem Zeitpunkt in Kraft getretenen Änderung des § 248 SGB V durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003 (BGBl. I, 2190, 2230) auf ihre Versorgungsbezüge nunmehr den vollen (und nicht nur den halben) Beitragssatz in der Krankenversicherung zahlen müssen. Auch vor diesem Hintergrund hat der Senat bereits entschieden, dass den im System der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung angelegten Unterschieden bei der beitragsrechtlichen Behandlung der vom Ausgleichspflichtigen bezogenen Betriebsrente einerseits und der an den Ausgleichsberechtigten gezahlten Ausgleichsrente andererseits bei evidenten und unter Berücksichtigung der gesamten Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Parteien nicht mehr hinnehmbaren Verstößen gegen den Halbteilungsgrundsatz durch die Anwendung des § 1587h Nr. 1 BGB begegnet werden kann (BGH vom 25.10.2006 - XII ZB 211/04, BGHReport 2007, 111 = FamRZ 2007, 120, 122v. 9.11.2005 - XII ZB 228/03, MDR 2006, 574 = BGHReport 2006, 370 = FamRZ 2006, 323, 325 m.w.N.; v. 10.8.2005 - XII ZB 191/01, BGHReport 2006, 34 = MDR 2006, 268 = FamRZ 2005, 1982, 1983; v. 26.1.1994 - XII ZB 10/92, MDR 1994, 801 = FamRZ 1994, 560, 562).
[21] Allerdings ändert dies nichts daran, dass § 1587h BGB der Charakter einer Ausnahmeregelung zukommt, die grundsätzlich nur zur Abwendung unbilliger Härten im Einzelfall herangezogen werden kann (BGH v. 25.10.2006 - XII ZB 211/04, BGHReport 2007, 111 = FamRZ 2007, 120, 122). Für eine Anwendung der Härteklausel ist deshalb beim schuldrechtlichen Ausgleich einer betrieblichen Altersversorgung auch im Hinblick auf die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge des ausgleichspflichtigen Ehegatten dann kein Raum, wenn der angemessene Unterhalt des ausgleichspflichtigen Ehegatten bei Zahlung der ungekürzten Ausgleichsrente nicht gefährdet ist und auf Seiten des ausgleichsberechtigten Ehegatten keine evident günstigeren wirtschaftlichen Verhältnisse vorliegen (vgl. BGH v. 20.12.2006 - XII ZB 166/04, BGHReport 2007, 300 = FamRZ 2007, 363, 364 f.; v. 25.10.2006 - XII ZB 211/04, BGHReport 2007, 111 = FamRZ 2007, 120, 122; v. 9.11.2005 - XII ZB 228/03, MDR 2006, 574 = BGHReport 2006, 370 = FamRZ 2006, 323, 325).
[22] cc) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe lassen sich den Feststellungen des OLG, gegen die auch die Rechtsbeschwerde nichts weiteres erinnert, keine für eine Kürzung der zu zahlenden Ausgleichsrente sprechenden Umstände entnehmen. In die Würdigung können daher lediglich die Belastungen mit der Kranken- und Pflegeversicherung einbezogen werden. Danach aber führt der Wertausgleichs weder zu einer Gefährdung des angemessenen Unterhalts des Ehemannes, noch sind die wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehefrau bedeutend günstiger.
[23] dd) Schließlich kann der Ehemann für eine teilweise Herabsetzung des schuldrechtlichen Ausgleichsbetrages aus Billigkeitsgründen nicht geltend machen, in den Entscheidungsgründen des Verbundurteils vom 22.7.1998 habe das AG - FamG - eine nach Durchführung des erweiterten Splittings verbleibende schuldrechtliche Ausgleichsrente von nur 252,57 DM (129,14 EUR) errechnet und insoweit einen Vertrauenstatbestand geschaffen. Entsprechende Ausführungen über die Höhe einer verbleibenden schuldrechtlichen Ausgleichsrente im Verfahren über den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich entfalten für den späteren schuldrechtlichen Versorgungsausgleich keine Bindungswirkung (vgl. BGH v. 25.2.2004 - XII ZB 208/00, MDR 2004, 883 = BGHReport 2004, 1087 = FamRZ 2004, 1024, 1025; v. 29.3.1995 - XII ZB 156/92, FamRZ 1995, 1481, 1482; v. 26.10.1994 - XII ZB 126/92, MDR 1995, 932 = FamRZ 1995, 157, 158 sowie - XII ZB 114/93, MDR 1995, 1235 = FamRZ 1995, 293, 295). Für den im Verbundverfahren anwaltlich vertretenen Ehemann waren sie erkennbar ohne Nutzen, denn sie spielten für die im öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich zu treffende Entscheidung keine Rolle (vgl. BGH v. 25.2.2004 - XII ZB 208/00, MDR 2004, 883 = BGHReport 2004, 1087 = FamRZ 2004, 1024, 1025; v. 26.10.1994 - XII ZB 114/93, MDR 1995, 1235 = FamRZ 1995, 293, 295).
Fundstellen
Haufe-Index 1782107 |
BGHR 2007, 1079 |
EBE/BGH 2007 |
FamRZ 2007, 1545 |
FuR 2007, 474 |
NJW-RR 2007, 1444 |
MDR 2007, 1378 |
FamRB 2007, 356 |
NJW-Spezial 2007, 501 |